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Krebs als Zeitkrankheit: Unterschied zwischen den Versionen
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== ZAHLEN ZU KREBS == | |||
''Was ist nun das Besondere an der Krebserkrankung, dass alle Bemühungen sie bisher nicht eindämmen konnten?'' | |||
''Womit hängt das zusammen?'' | |||
=== ''Krebs als Zeitkrankheit'' === | |||
Laut ''Richard Nixons'' Versprechungen nach der Mondlandung im Jahr 1969 sollte Krebs in den USA bis 1976 endgültig besiegt sein – dieses Ziel wurde dann auf das Jahr 2000 verschoben und nicht wieder erreicht. | |||
Auch ''Barack Obama'' hat den Sieg über Krebs auf seine Fahnen geschrieben – allerdings ohne Zeitangaben. Trotz aller Bemühungen und Neuerungen in der Krebstherapie ist die Sterberate bei Krebs seit dem Jahr 1950 nur um 5% gesunken, während sie im Vergleich dazu bei Lungenentzündungen um 50%, bei Herz-Kreislauferkrankungen um 64% und bei Schlaganfällen um 75% gesunken ist. | |||
Zeitkrankheiten können als Entwicklungsbegleiter angesehen werden, die die Verhaltensweisen der Menschen spiegeln. Tatsache ist, dass der Mensch noch nie so vielen Kanzerogenen ausgesetzt war. Dennoch erkrankt nicht jeder an Krebs – manche kommen sogar mit schwersten Umweltbelastungen zurecht: Bei einer meiner Japanreisen kam ich mit einem Taxifahrer aus Hiroshima ins Gespräch, der mit fünf Jahren den Abwurf der Atombombe überlebt hatte und nicht an Krebs erkrankt war. | |||
''Vgl. Vortrag „Zeitkrankheit Krebs – ihr individuelles und soziales Wesen“, Goetheanum, JK 2009, 17.09.2009'' | |||
== FRAGEN ZUR GEISTIGEN DIMENSION VON KREBS == | |||
''Welche Bedeutung hat die geistige Dimension von Krebs für die Betroffenen und ihr Umfeld?'' | |||
''Welche Rolle spielen die Wesensglieder des Menschen bei der Entstehung dieser Krankheit?'' | |||
=== ''Offene Fragen rund um die Krebserkrankung'' === | |||
Spiritualität steht für die geistige Verständigung des Menschen mit sich selbst und der Realität einer geahnten, „geglaubten", bzw. mehr oder weniger bewusst erlebten, göttlich-geistigen Welt. Da es oft die Erfahrung von Krankheit und Not ist, die für spirituelle Fragestellungen sensibilisiert, ist es erstaunlich, dass diese Thematik dennoch in Studium und Berufspraxis kaum thematisiert wird. Krankheit wird entweder als ein physisches oder psychologisches Phänomen beschrieben, geistige Dimension und Kausalität bleiben verborgen. Patienten und Eltern kranker Kinder fragen aber danach. Sie wollen beispielsweise wissen: | |||
''Warum hat mein Kind Leukämie?'' | |||
''Warum muss es so leiden?'' | |||
Um darauf Antworten finden zu können, müssen wir Leben und Entwicklung aus spiritueller Sicht, die über Geburt und Tod hinausweist, betrachten. Antworten aus dem Kausalitätsverständnis im physischen oder psychologischen Kontext reichen hier nicht aus. So wichtig es ist, physische oder psychopathologische Wirkmechanismen der Krankheitsentstehung aufzuschlüsseln, die Kanzerogenität bestimmter Substanzen zu erforschen und die Langzeitwirkung atomarer oder elektromagnetischer Umweltbelastung zu beschreiben – ihre Wirkungen und Einflüsse können Sinnfragen dieser Art nicht klären. | |||
=== ''Fragen nach der Schicksalslogik'' === | |||
Ganz zu schweigen von den tiefergehenden Fragen: | |||
''Warum bleiben viele, die denselben Umweltbelastungen ausgesetzt sind, dennoch gesund?'' | |||
''Warum sind deren endogene „Repair-Mechanismen" besser als beispielsweise bei mir als Betroffenem oder bei meinem Kind?'' | |||
''Und: Wenn die Gene für die Krankheitsentstehung verantwortlich gemacht werden: Welchen Gesetzen gehorcht der genetische Zufall?'' | |||
''Warum ist gerade dieses Geschwisterkind betroffen?'' | |||
''In welchem Zusammenhang stehen Krankheit und Schicksal?'' | |||
Da greifen auch psycho-onkologische Erklärungsmuster zu kurz. Sie bringen die Krankheit zwar näher an das konkrete Leben des betreffenden Menschen heran, aber der Sachkundige weiß, dass auch bei angenommenen bzw. diskutierten Prädispositionen nicht jeder davon betroffen ist. Disposition und Realisation weichen erstaunlich oft auseinander. Umso drängender kann die Frage empfunden werden, ob hier nicht doch auch eine Gesetzmäßigkeit zugrunde liegen könnte, die verstehbar und handhabbar ist, eine „Schicksalslogik", die angesichts der Sinnfrage „greift" und den tatsächlichen Sachverhalt zugänglich macht. | |||
=== ''Entwicklungsfördernde Fragen'' === | |||
Wenn der Mensch sich vermöge seines Denkens und seiner Ideale immer mehr zu dem macht, was er selber denken und wollen kann, so erscheint der Gedanke der Wiederverkörperung als eine notwendige Konsequenz. Auch wenn es angenehmer erscheint, die Probleme, die wir an Leib und Seele beobachten, unseren Genen anzulasten oder der Umwelt, den Eltern, Lehrern, den ungerechten oder schwierigen Lebensumständen, so stellt diese Auffassung eine Sackgasse für die persönliche Entwicklung dar. Denn wir delegieren damit unsere Probleme und berauben uns unseres ganz individuellen Entwicklungspotentials. Ganz anders sieht es aus, wenn wir folgende Fragen stellen: | |||
''Wo könnte diese Problematik herrühren?'' | |||
''Warum muss ausgerechnet ich mich damit auseinandersetzen und nicht mein Nachbar oder mein Ehepartner?'' | |||
''Was hat das mit mir zu tun?'' | |||
''Was kann ich daraus lernen?'' | |||
Durch solche Fragen gewinnen wir Anschluss an unser ewiges, tätiges, gedanklich erfahrbares Wesen und sind so in der Lage, unsere Identität zu stärken und an unserer körperlichen und seelischen Gesundheit zu arbeiten. | |||
=== ''Von Erdenleben zu Erdenleben verschleppte Probleme'' === | |||
Rudolf Steiner führt zur Entstehung von Krankheiten ganz allgemein Folgendes aus:[1] Wenn jemand z.B. in einem Erdenleben ein Problem hatte, das er bis zu seinem Lebensende nicht aus der Ich-Kraft heraus bearbeiten konnte, so dass er es schließlich mit über die Todesschwelle nehmen musste, so kann dieses Ungelöste als „Gedankenwesenhaftes", „Geistiges", die Bildung des Astralleibes mit seiner Seelenkonfiguration für das nächste Leben beeinflussen. | |||
==== '''·''' Absinken auf seelische Ebene ==== | |||
Es verschwindet damit aus der Ich-Sphäre, der Sphäre freier, direkter Zugänglichkeit und Beeinflussbarkeit, und bestimmt jetzt die seelische Konstitution. So frei wir uns auch im Ich-Bewusstsein erleben mögen, seelisch-gefühlsmäßig kann unser Leben von Ängsten, von einem melancholischen Nebenton oder einer schwer beherrschbaren aggressiven Neigung geprägt sein. All das hat seinen Ursprung in nicht verarbeiteten Erlebnissen des letzten Erdenlebens. Es gibt viele Menschen, denen es im Hinblick auf ihre seelische Befindlichkeit meist ganz gut geht. Aber in bestimmten Situationen müssen sie immer wieder mit einer Art Missstimmung oder Melancholie kämpfen oder mit Wut und Hass. Wer sich nun bewusst entschließt, an solchen Verstimmungen zu arbeiten, kann sie noch weitgehend auflösen. | |||
==== '''·''' Absinken auf ätherische Ebene ==== | |||
Geschieht dies nicht, so geht man wiederum damit über die Todesschwelle und die Problematik sinkt im darauffolgenden Leben noch eine Schicht tiefer und wirkt sich auf die ätherische Konstitution aus. Da zeigt sich das Problem jetzt als eine Funktionsstörung, eine Krankheitsdisposition. Man ist z.B. infektanfällig, hat Rhythmusstörungen, ist ein bisschen zart gebaut oder haltungsschwach. Eine gute Erziehung kann hier manches regulieren und stabilisieren helfen: Rhythmus und Struktur im Tagesverlauf, gesunde Ernährung, das Setzen notwendiger Grenzen – das alles kann helfen, die Problematik auf der funktionell-ätherischen Ebene auszugleichen und damit zu heilen. | |||
==== '''·''' Manifestation als physische Krankheitsdisposition ==== | |||
Wer jedoch keine liebevolle Erziehung durchläuft und auch die Möglichkeiten der Selbsterziehung nicht wahrnehmen kann, nimmt die Problematik wiederum unverwandelt mit über die Todesschwelle. Erst jetzt, im vierten Erdenleben nach dem Auftauchen einer vom Ich nicht bewältigten Problematik, hat man es mit einer physischen Krankheitsdisposition zu tun. Jetzt von „Zufall" oder „Unfreiheit" zu sprechen, wird dem geistigen Aspekt nicht gerecht. Die Krankheitsdisposition ergibt sich spirituell gesehen vielmehr aus der Komplexität des Schicksalszusammenhanges in den letzten vier Erdenleben, aber auch aus dem aktuellen Tun und Lassen. | |||
In der Krankheit zeigt sich der zwar unbewusste, aber doch eigene Wille, das unverarbeitete Problem jetzt auf dem Krankheitsweg zu bearbeiten. Auf diesem Krankheitsweg wird auch das Umfassende des Freiheitsverständnisses im Johannes-Evangeliums evident: Wenn die Wahrheit frei macht,[2] so nimmt die Freiheitsfähigkeit des Menschen analog zu seiner Selbst- und Welterkenntnis zu – was aber auch die Möglichkeit von Krankheit und Heilung miteinschließt. | |||
=== ''Neue Möglichkeiten der Heilung durch erweiterten Blick auf Krankheit'' === | |||
Krankheitsentstehung durch mehrere Erdenleben hindurch zu denken und zu verstehen, gibt dem Arzt neue Möglichkeiten des Helfens und dem fragenden Patienten neue Möglichkeiten biographischer Sinnfindung. Selbsterziehung kann so auch Antrieb zur spirituellen Krankheitsprophylaxe werden. Eine solche Betrachtung eröffnet neue Freiräume für einen selbstbewussten, initiativen Umgang mit dem eigenen Schicksal. | |||
Wer z.B. Steiners ''„Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?"[3]'' durcharbeitet, lernt die genannten Wesensschichten (auch Wesensglieder genannt) differenziert kennen und handhaben. Übungen für das Denken, Übungen für die Seele, fürs Gefühl, Übungen für die Lebensqualität, den Lebenslauf, für Schlafen und Wachen, Übungen für die physische Verfasstheit – alles wird da gut nachvollziehbar beschrieben. | |||
''Vgl. „Gibt es eine Prävention der Krebserkrankung?“ Der Merkurstab, Heft 4, 2009'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, ''Menschheitsentwicklung und Christus-Erkenntnis'', GA 100, 2. Aufl. Dornach, 1981, S. 93-94. | |||
[2] Neues Testament, ''Johannes'' 8, 32. | |||
[3] Rudolf Steiner, ''Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?'' GA 10, 24. Aufl. Dornach 1993. | |||
== INDIVIDUELLER ASPEKT VON KREBS == | |||
''Welche geisteswissenschaftlichen Aspekte helfen uns, Krebs als individuelle Erkrankung zu verstehen?'' | |||
''Welche tieferen Einsichten können im Krankheitsfall helfen bzw. vorbeugend wirken?'' | |||
=== ''Krebs und frühere Leben'' === | |||
Bezugnehmend auf die Krebserkrankung spricht Rudolf Steiner in einem Vortrag 1920 für Ärzte über den Zusammenhang von Krebs mit dem vorgeburtlichen Leben. Er weist darauf hin, dass die individuelle Disposition zur Krebserkrankung zurückreicht in das frühere Erdenleben und mit der Art und Weise zu tun hat, wie das nachtodliche Leben durchgemacht wurde. | |||
So lässt sich eine Krankheitsdisposition verstehen, die ein Mensch „mitbringt“, bzw. wird deutlich, wie solch eine Disposition für die Zukunft veranlagt wird: Aufgrund einer materialistischen Denk- und Lebensweise ist die Vorbereitung auf das Leben nach dem Tode unzureichend. Dann geschieht es oft, dass sich das Bewusstsein beim eigentlichen Eintritt in die geistige Welt (nachdem die Läuterungszeit im Seelenland abgeschlossen ist) nicht länger halten kann und wie im Schlaf erlischt. Dabei weitet sich das Menschenwesen zu schnell im geistigen Weltall aus und erlebt das Aufarbeiten und Vorbereiten des Erdenlebens mit den Hierarchien kaum bewusst mit. | |||
=== ''Zusammenhang zwischen Wachstums- und Regenerationskräften'' === | |||
Die Wege der Krebserkrankung vorzubeugen, ergeben sich aus dem tieferen Verständnis der ätherischen Kräfte und ihrer Möglichkeiten zur Metamorphose, die aus der Form des Merkurstabes ersichtlich sind: Die Kräfte, die dem Denken, Fühlen und Wollen zugrunde liegen, sind dieselben, denen der Körper Wachstum, Entwicklung und Regeneration verdankt. | |||
Der Zusammenhang zwischen den Wachstums- und Regenerationskräften und der Denktätigkeit macht auch verständlich, warum die Prognose bei bereits diagnostizierter Krebserkrankung sich immer dann verbessert und die Lebensqualität und die Überlebensrate steigen, wenn es dem Betreffenden gelingt – allein oder mit Hilfe eines Sachkundigen, einem Arzt, Pfarrer oder Psychotherapeuten – ein lebendiges Verständnis seiner selbst und seines Zusammenhanges mit der Welt zu bekommen. Arbeitet der Betroffene aktiv daran mit, seine eigene Identität zu finden oder neu zu bestimmen, so unterstützt er die Metamorphose der brachliegenden Wachstumskräfte in Seelentätigkeit. | |||
=== ''Zwei Wege des Lernens'' – ''durch Einsicht oder Leiden'' === | |||
Der Mensch hat zwei Möglichkeiten zu lernen: | |||
* '''bewusst''', also geistig-seelisch, ''durch Einsicht und Erkenntnis'' | |||
* und '''unbewusst''', auf körperlicher Ebene, ''durch das Erleiden von Krankheiten''. | |||
=== ''Krebs als Entwicklungschance'' === | |||
Die Krebserkrankung scheint wie keine andere Krankheit in ihrem Verlauf den Tatbestand der menschlichen Freiheit abzubilden. Man kann dies deutlich daran erkennen, dass sich nahezu alle Lebensfunktionen im menschlichen Organismus aus ihrer normalen Bindung im Gesamtzusammenhang des Körpers lösen und ein Eigenleben zu führen beginnen. Je weiter der Krebs fortschreitet, umso deutlicher zeigt er, dass er eine Allgemeinerkrankung darstellt. Das äußert sich darin, dass alle wesentlichen Rhythmen wie Schlafen und Wachen, Nahrung und Ausscheidung, Appetit, Atmung und anderes sich verändern. Die Wachstumskräfte „vagabundieren" und es kommt zu Organbildungen und Absiedlungen in allen Bereichen des menschlichen Organismus, ungeordnet, gleichsam völlig „frei". Die Freiheit kann im gewöhnlichen Leben nach zwei Richtungen hin erlebt und entwickelt werden, denn Freiheit bedeutet nicht nur, von etwas frei zu sein, sondern ''für etwas'' frei zu werden: | |||
* als Sich-Befreien von alten Bindungen | |||
* und als freiwilliges Eingehen neuer Verbindlichkeiten und Annehmen von Verpflichtungen | |||
Wesenseigenschaften, die nicht seelisch-geistig genützt werden, brach liegende kreative Potentiale, im Falle der Krebserkrankung die Befähigung zur Freiheit, leben sich auf unbewusste Weise im Körper aus und schaffen dort das Krankheitsbild Krebs. Jede Krankheit ist eine körperliche Projektion von ungenützten Potentialen, die durch bewusste Selbsterziehung und Schulung entwickelt werden könnten und sollten. | |||
Viele Krebskranke bemerken erst nach dem Auftreten ihrer Erkrankung, in welchen Abhängigkeiten und Zwängen sie gelebt haben und wie ihnen jetzt die Krankheit die Chance gibt, sich noch einmal ganz neu im Leben zu orientieren. Je bewusster dies erkannt und ergriffen wird und je mehr die Krankheit auch als Aufgabe für das Seelen- und Geistesleben empfunden wird, umso besser ist die Prognose, desto besser kann die Therapie wirken. | |||
''Vgl. Kapitel „Spirituelles Krankheitsverständnis aus anthroposophischer Sicht"“, aus „Spiritualität, Krankheit und Heilung – Bedeutung und Ausdrucksformen der Spiritualität in der Medizin“, Vas-Verlag für Akademische Schriften, 2007'' | |||
== DIE GEISTIGE SIGNATUR VON KREBS == | |||
''Lässt sich das Kränkende an unserer Zeit ausschließlich auf Umwelteinflüsse und die Gene zurückführen?'' | |||
''Könnte Krebs nicht DIE Krankheit sein, die die Auswirkungen des Materialismus am besten spiegelt und die erst gehen kann, wenn auch die spirituellen Ursachen der Krankheit dem Menschen zugänglich geworden sind?'' | |||
''Welche Möglichkeiten der Heilung bzw. der Prävention gibt es?'' | |||
=== ''Entstehung der Zeitkrankheit Krebs'' === | |||
Zeitkrankheiten können als Entwicklungsbegleiter angesehen werden, die die Verhaltensweisen der Menschen spiegeln. Tatsache ist, dass der Mensch noch nie so vielen Kanzerogenen ausgesetzt war. Dennoch erkrankt nicht jeder an Krebs – manche kommen sogar mit schwersten Umweltbelastungen zurecht: Bei einer meiner Japanreisen kam ich mit einem Taxifahrer aus Hiroshima ins Gespräch, der mit fünf Jahren den Abwurf der Atombombe überlebt hatte. | |||
''Was bedingt nun die Krebserkrankung?'' | |||
''Was bildet sich in ihr und durch sie körperlich ab?'' | |||
''Welchen Wirkprinzipien folgt sie?'' | |||
Jede Krebserkrankung hat eine lange Vorgeschichte. Meist bleibt der Übergang zwischen Gesundheit und Krankheit im Dunklen. Oft dauert es lange, bis der Primärtumor entdeckt wird, manchmal sind es auch erst die Metastasen. Generell gilt, dass Krankheitsverläufe, Remissionen und Heilungen sich sehr individuell gestalten und sehr unberechenbar sind. In alledem drückt sich jedoch eine enorme Entwicklungskompetenz aus, ein Willenspotential, das sich entgegen allem Geordneten Bahn bricht. Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Blut. Man könnte sagen, dass sich auf den Bahnen des Blutes Eigenwilliges entwickelt. So gesehen könnte man Krebs als Somatisierung des individuellen Freiheitspotentials des Menschen ansehen. | |||
=== ''Symptome der Krebserkrankung'' === | |||
Der Krankheitsverlauf weist mehrere Stadien auf: | |||
==== '''·''' Verlust der Differenziertheit ==== | |||
Krebs beginnt, indem irgendeine Zelle anfängt, sich aus ihrer Differenziertheit in irgendeinem Organgebiet zurück in die embryonale Form zu entwickeln, als die Zellen noch omnipotent und nicht so spezialisiert waren. Normalerweise erkennt das Immunsystem solche Zellen und tötet sie ab. | |||
==== '''·''' Entstehung eines Primärtumors ==== | |||
Wenn aber jetzt die Immunität nachlässt oder eine bestimmte Krankheitsdisposition für diese Krebsart sich bereits durchgesetzt hat, beginnt der Krebs lokal zu wachsen. Er durchbricht die Basalmembran und fängt an, infiltrierend zu wachsen. | |||
==== '''·''' Metastasierung und Verschlechterung des Allgemeinzustandes ==== | |||
In einem nächsten Stadium kommt es zur Metastasierung: Einzelne Zellen sondern sich ab und beginnen im Organismus zu wandern. Parallel dazu verändert sich der Gesundheitszustand insgesamt. Krebs ist eine Allgemeinerkrankung. Der Appetit verändert sich, das Lebensgefühl ändert sich, das Schlaf/Wach-Verhalten ändert sich, die Rhythmen von Herz und Atmung ändern sich, die Temperaturkurve wird in der Regel flach, manchmal sogar starr, ohne Morgen/Abend-Differenz. Lässt man all dies zu sich sprechen, so kann man sagen, die Körperfunktionen machen im Grunde, „was sie wollen". Fast alles läuft aus dem Ruder. | |||
Es bilden sich durch die Metastasierung Ansätze zu neuen Organbildungen, irgendwo, willkürlich. Ordnung, Kontrolle und Integrationsfähigkeit schwinden und weichen der Entdifferenzierung, Schrankenlosigkeit, „Willkür". Keine zwei Krebsverläufe sind einander gleich. Man kann bei keinem voraussagen, wo genau die Metastasen hingehen und wann sie auftreten werden. Wir kennen zwar die bevorzugten Orte – es kann aber im individuellen Einzelfall gerade anders sein. | |||
=== ''Freiheit als geistige Imagination der Krebserkrankung'' === | |||
Im 7. und 8. Vortrag des Jungmedizinerkurses[1] sagt Rudolf Steiner: ''„Krankheit ist eine physische Imagination vom geistigen Leben"'' bzw. von geistigen Bildekräften, die im geistigen Leben des betreffenden Menschen als Freiheitsimpuls hätten wirken sollen. Krankheit als eine im Körper angekommene Projektion geistiger, d.h. gedanklich lebendiger, Prozesse zu begreifen, ist der Erkenntnisansatz einer spirituell orientierten Medizin: Geistige Kräfte (ätherische Gedankenkräfte), die sich nicht betätigen können und nicht genützt werden, erlahmen und ermatten. Nacht für Nacht zieht nun das leibfreie ätherische Potential in den Organismus ein und bildet auf der Ebene der unbewussten Körperphysiologie ein getreues Abbild dessen, was bei Tage geistig nicht geleistet wurde. So gesehen bildet sich beim Krebs physisch-physiologisch der auf geistiger Ebene so gesunde „Freiheitsimpuls" ab, – eben, weil diese Freiheit im Geistigen nicht ergriffen wurde. | |||
Spirituell gesehen ist Krebs demnach eine „Freiheitsmangelkrankheit". Damit passt der bisher noch nicht aufzuhaltende Siegeszug dieser Krankheit in unsere Zeit, wo jeder Mensch im Grunde genommen vor der Entwicklungsaufgabe steht, seine Identität als Mensch zu erfassen und seine Freiheit konstruktiv gebrauchen zu lernen. Rudolf Steiner nennt den Materialismus unserer Zeit eine Krankheit, die überwunden werden müsste. Krebs als Krankheit des materialistischen Zeitalters hat eine individuelle und eine soziale Komponente – sie betrifft uns alle: Vier Fünftel der Menschheit leiden am Verlust ihrer Spiritualität aufgrund der materialistischen „Ungeistigkeit“ unserer Zeit. Um dem beizukommen, muss es eine Art Entwicklungshilfe geben. | |||
=== ''Therapie und Prävention mit philosophischen Mitteln'' === | |||
Mithilfe von meditativen Begleittherapien können wir uns imaginativ mit Krebs befassen. In der anthroposophischen Diagnostik spricht man von der Geschwulstbildung als von einer Sinnesorganbildung am falschen Ort. Das macht Sinn, wenn man das spirituelle Paradigma der Doppelnatur des Ätherischen zugrunde legt: Denken und Wahrnehmen „verleiblichen“ sich. Die Freiheitskräfte der kanzerogenen Kompetenz wirken im Seelisch-Geistigen präventiv,[2] erzeugen jedoch, wenn sie im Körper auftreten, Krebs. | |||
==== '''·''' Prävention durch Denken ==== | |||
Im Zusammenhang damit müssen wir uns bewusst machen, dass wir, wenn wir denken und uns dabei beobachten, dort sind, worüber wir nachdenken. Indem Sie versuchen meinen Ausführungen zu folgen, sind Sie alle außerkörperlich tätig, merken es nur nicht. Bei Nahtoderlebnissen werden Leib und Bewusstsein aber als getrennt erlebt. Auch im Alltag kann es zu solchen Erfahrungen kommen: Man kann plötzlich ein Bild von einem Erlebnis vor Augen haben, das ein anderer, meist nahestehender Mensch, durchmacht. Das ist ein Indiz der Äthertätigkeit des Denkens: Erinnerungsähnlich „fällt etwas ein“, allerdings aus anderen Bereichen als der Erinnerung. | |||
Da Krebs die Signatur des Freiheitswesens trägt, stellt leibfreies Denken somit eine Prävention mit philosophischen Mitteln dar. Wir haben die Aufgabe, das Krebsgeschwür zu durchdenken und zu durchfühlen, um etwas zur Heilung des Menschen unserer Zeit beizusteuern. Deshalb sollte man Spiritualität in der Onkologie zum Pflichtfach machen. | |||
==== '''·''' Therapie durch Meditation ==== | |||
Um Krebs therapeutisch entgegenzuwirken, muss die ''leibfreie'' Kompetenz meditativ gestärkt werden. Rudolf Steiner sagte, in der Meditation würde man lernen, sich in Gedanken zu bewegen, aus eigenem Willen Gedanken im eigenen Bewusstsein zu erzeugen und so denken zu lernen, wie man im Alltag greifen oder gehen lernt, nur würde es sich dabei um einen viel intensiveren Prozess handeln. | |||
=== ''Stellvertretend für alle leiden'' === | |||
Ein einzelner kann stellvertretend für alle einen bewussten Beitrag zum Wohl der Menschheit leisten: | |||
* Das kann einerseits durch bewusste geistige Schulung geschehen, | |||
* aber auch durch das Auf-sich-Nehmen einer schweren Erkrankung wie Krebs. | |||
Denn so, wie es dem einzelnen Menschen möglich ist, sich „freiwillig" bestimmten Prüfungen und Schwierigkeiten auszusetzen, um einem anderen Menschen zu helfen oder Stellvertreter für ihn zu sein, so kann er auch zeitbedingte Leiden der Menschheit wie Krebs auf sich nehmen – „zum Ausgleich" und zur Entlastung anderer. Dazu passt folgender Ausspruch zur Krebserkrankung, der Rudolf Steiner zugeschrieben wird, aber sich nicht im Vortragswerk findet, sondern auf mündlicher Überlieferung basiert: | |||
''„Es muss von jedem Krebskranken erlitten werden, was von der Menschheit nicht erkannt worden ist. Wir stehen vor der tragischen Tatsache, dass Menschen den Weg des Leidens für viele auf sich nehmen, um einem aus dem Gleichgewicht gebrachten Menschheitsschicksal wenigstens teilweise ein ausgleichendes Gegengewicht zu geben... Die Menschheit des 20. Jahrhunderts muss durch den Weg des Leidens den geistigen Aufstieg suchen, der die Würde des Menschen wieder herstellt und die Seele verwandelt, so dass sie neuer geistiger Bereiche teilhaftig wird, die für die Menschheit auf ihrem Wege in die Zukunft erforderlich sind."'' | |||
=== ''Frage eines krebskranken Freundes'' === | |||
Ein Freund, dem die Ärzte nach Diagnosestellung noch ca. drei Monate gegeben hatten, sagte mir, als ich ihn besuchte: ''„Ich bin so froh, dass du kommst. Ich habe eigentlich nur eine Frage, die mir bisher niemand beantworten konnte: Warum habe ich diesen so rasant wachsenden Krebs?"'' Er verstand es nicht und wollte dezidiert meine Ansicht hören. Da er Anthroposoph war und im Prinzip das in diesem Beitrag Dargestellte kannte, war ich zunächst ratlos. Er war freiheitsliebend, glücklich verheiratet, hatte keine Angst vor dem Sterben – auch in seinem beruflichen Leben war schnell für ihn ein Ersatz gefunden worden. Er wusste einfach nicht, was er aus dieser Krankheit, die ihn Anfang 40 aus dem Leben reißen würde, lernen sollte. So erwähnte ich die Möglichkeit, stellvertretend für die Menschheit zu erleiden, was sie bisher nicht erkannt und errungen hat. | |||
Ihn faszinierte diese Möglichkeit, dass seine Erkrankung einen „spirituellen Erkenntniswert“ für die Menschheit haben könnte: Im bewussten Erkennen der geistigen Dimension einer Krankheit und im Durchleiden derselben etwas mitzutragen und verstehen zu lernen, was so vielen Zeitgenossen verwehrt bleibt, erschien ihm als etwas Wichtiges und machte Sinn für ihn. Eine geistige Betrachtung dieser Art weist über das individuelle Menschenschicksal hinaus und bringt den Betroffenen in unmittelbare Beziehung zur gesamten Menschheit. | |||
''Vgl. „Gibt es eine Prävention der Krebserkrankung?“ Der Merkurstab, Heft 4, 2009'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, ''Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst'', GA 316, 4. Aufl. Dornach 2003, S.119. | |||
[2] Wenn ich meinen Willen in Gedanken betätige, bin ich ganz frei. Über die Freiheit des Willens wird viel diskutiert – das muss so sein: Denn wenn die Existenz der Willensfreiheit bewiesen werden könnte, gäbe es sie nicht mehr. Jeder Mensch muss selbst auf die Tatsache dieser Freiheit stoßen, muss sie sich selbst erarbeiten, das liegt im Wesen der Freiheit. | |||
== ALTERSGERECHTE ERZIEHUNG ALS VORBEUGUNG GEGEN KREBS == | |||
''Gibt es eine Möglichkeit, wie wir unsere Kinder vor der Zeitkrankheit Krebs schützen können?'' | |||
''Inwiefern ist altersgerechte Pädagogik als Prävention zu verstehen?'' | |||
=== ''Altersgerechte Entwicklung verstehen'' === | |||
Die Wege, der Krebserkrankung vorzubeugen, ergeben sich aus dem tieferen Verständnis der ätherischen Kräfte und ihrer Möglichkeiten, sich in leibfrei am Gehirn reflektierende Gedankentätigkeit zu metamorphosieren. Die Kräfte, die dem Denken, Fühlen und Wollen zugrunde liegen, sind dieselben, denen der Körper Wachstum, Entwicklung und Regeneration verdankt. | |||
Demgemäß sollten nur diejenigen gedanklichen, gefühlsmäßigen und willentlichen Möglichkeiten für die verschiedenen Lernprozesse in Anspruch genommen werden, die der Körper altersentsprechend für die Metamorphose zur bewussten Tätigkeit im Lernprozess schon „freigibt". | |||
=== ''Zwei Angriffsflächen für Krebs'' === | |||
Ich möchte an dieser Stelle zwei pädagogische Trends nennen, die unter anderem dazu beitragen, dass der Mensch im späteren Leben Krebs entwickelt. | |||
==== - Konstitutionelle Schwächung durch Akzeleration ==== | |||
Durch verfrühtes und oft auch forciertes Erlernen nicht entwicklungsgerechter Inhalte und Fähigkeiten werden dem Körper Kräfte entzogen, die er für das aktuelle Wachstum und Ausreifen der Organe bräuchte. Das betrifft zum Beispiel die rechte Gehirnhälfte und die ihr geschuldeten oft kreativen Fähigkeiten, die sich nicht vollends entwickeln können, weil die linke Gehirnhälfte mitsamt ihren Fähigkeiten zu früh und einseitig stimuliert wird. | |||
Die Folge ist eine Entwicklungsbeschleunigung (Akzeleration) und das Phänomen, dass die Organe und Organsysteme zwar schneller, aber häufig nicht genügend ausreifen – was mit einer verminderten Funktion und Schwächung der betroffenen Systeme einhergeht. So können intellektuelle und gefühlsmäßige Überforderung eine konstitutionelle Schwächung für das ganze spätere Leben veranlagen. | |||
==== - Geschwulstbildung durch Brachliegen kreativer Kräfte ==== | |||
Auch können infolge einseitiger intellektueller Belastung andere schöpferische Möglichkeiten brach liegen bleiben und an einer Metamorphose in Gedankenkräfte gehindert werden. Wenn Kinder auf sie einströmende Eindrücke nur oberflächlich registrieren, betrachten oder benennen, können die Bildekräfte des Körpers nicht voll übergeführt werden in seelische und geistige Tätigkeiten und bleiben brach liegen. | |||
Nach dem anthroposophischen Krankheitsverständnis können solche „tatenlos" im Organismus verbleibenden, für die geistige Tätigkeit nicht herangezogenen Wachstumskräfte eines Tages „ausbrechen“ und den Impuls für das Wachstum einer Geschwulst geben. | |||
=== ''Prävention durch altersgerechte Pädagogik'' === | |||
Wenn Eltern und Erzieher um diese Zusammenhänge wissen, können sie von diesen zwei Seiten her helfen einer Krebserkrankung vorzubeugen: | |||
* durch Ermöglichen von vielfältigen, tiefen Sinneswahrnehmungen und -erfahrungen, die eine harmonische leiblich-seelische Entwicklung fördern | |||
* durch die Förderung des bildhaften, „bildenden" Denkens, das zu lebendigen Erinnerungsbildern führt, die das Kind begeistern und erwärmen können. | |||
Um dem Ausbrechen der Krebserkrankung so weit als möglich durch die Erziehung vorzubeugen, käme es also darauf an, die Sinneswahrnehmungen und deren empfindungsmäßige und gedankliche Verarbeitung besonders intensiv zu pflegen. Denn es ist entscheidend, dass Kinder mit ihren Sinneseindrücken und Gedanken starke innere Erlebnisse verbinden. | |||
Das Erkennen solcher Zusammenhänge fordert dazu auf, in der Erziehung vom Kindesalter an konsequent Gesundheitsvorsorge zu praktizieren. | |||
''Vgl. „Spirituelles Krankheitsverständnis aus anthroposophischer Sicht“, aus „Spiritualität, Krankheit und Heilung - Bedeutung und Ausdrucksformen der Spiritualität in der Medizin“, VAS Verlag 2007'' |
Aktuelle Version vom 4. April 2025, 11:19 Uhr
Krebs als Zeitkrankheit – von Michaela Glöckler
Auszüge aus Büchern und Vorträgen von Michaela Glöckler; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/
ZAHLEN ZU KREBS
Was ist nun das Besondere an der Krebserkrankung, dass alle Bemühungen sie bisher nicht eindämmen konnten?
Womit hängt das zusammen?
Krebs als Zeitkrankheit
Laut Richard Nixons Versprechungen nach der Mondlandung im Jahr 1969 sollte Krebs in den USA bis 1976 endgültig besiegt sein – dieses Ziel wurde dann auf das Jahr 2000 verschoben und nicht wieder erreicht.
Auch Barack Obama hat den Sieg über Krebs auf seine Fahnen geschrieben – allerdings ohne Zeitangaben. Trotz aller Bemühungen und Neuerungen in der Krebstherapie ist die Sterberate bei Krebs seit dem Jahr 1950 nur um 5% gesunken, während sie im Vergleich dazu bei Lungenentzündungen um 50%, bei Herz-Kreislauferkrankungen um 64% und bei Schlaganfällen um 75% gesunken ist.
Zeitkrankheiten können als Entwicklungsbegleiter angesehen werden, die die Verhaltensweisen der Menschen spiegeln. Tatsache ist, dass der Mensch noch nie so vielen Kanzerogenen ausgesetzt war. Dennoch erkrankt nicht jeder an Krebs – manche kommen sogar mit schwersten Umweltbelastungen zurecht: Bei einer meiner Japanreisen kam ich mit einem Taxifahrer aus Hiroshima ins Gespräch, der mit fünf Jahren den Abwurf der Atombombe überlebt hatte und nicht an Krebs erkrankt war.
Vgl. Vortrag „Zeitkrankheit Krebs – ihr individuelles und soziales Wesen“, Goetheanum, JK 2009, 17.09.2009
FRAGEN ZUR GEISTIGEN DIMENSION VON KREBS
Welche Bedeutung hat die geistige Dimension von Krebs für die Betroffenen und ihr Umfeld?
Welche Rolle spielen die Wesensglieder des Menschen bei der Entstehung dieser Krankheit?
Offene Fragen rund um die Krebserkrankung
Spiritualität steht für die geistige Verständigung des Menschen mit sich selbst und der Realität einer geahnten, „geglaubten", bzw. mehr oder weniger bewusst erlebten, göttlich-geistigen Welt. Da es oft die Erfahrung von Krankheit und Not ist, die für spirituelle Fragestellungen sensibilisiert, ist es erstaunlich, dass diese Thematik dennoch in Studium und Berufspraxis kaum thematisiert wird. Krankheit wird entweder als ein physisches oder psychologisches Phänomen beschrieben, geistige Dimension und Kausalität bleiben verborgen. Patienten und Eltern kranker Kinder fragen aber danach. Sie wollen beispielsweise wissen:
Warum hat mein Kind Leukämie?
Warum muss es so leiden?
Um darauf Antworten finden zu können, müssen wir Leben und Entwicklung aus spiritueller Sicht, die über Geburt und Tod hinausweist, betrachten. Antworten aus dem Kausalitätsverständnis im physischen oder psychologischen Kontext reichen hier nicht aus. So wichtig es ist, physische oder psychopathologische Wirkmechanismen der Krankheitsentstehung aufzuschlüsseln, die Kanzerogenität bestimmter Substanzen zu erforschen und die Langzeitwirkung atomarer oder elektromagnetischer Umweltbelastung zu beschreiben – ihre Wirkungen und Einflüsse können Sinnfragen dieser Art nicht klären.
Fragen nach der Schicksalslogik
Ganz zu schweigen von den tiefergehenden Fragen:
Warum bleiben viele, die denselben Umweltbelastungen ausgesetzt sind, dennoch gesund?
Warum sind deren endogene „Repair-Mechanismen" besser als beispielsweise bei mir als Betroffenem oder bei meinem Kind?
Und: Wenn die Gene für die Krankheitsentstehung verantwortlich gemacht werden: Welchen Gesetzen gehorcht der genetische Zufall?
Warum ist gerade dieses Geschwisterkind betroffen?
In welchem Zusammenhang stehen Krankheit und Schicksal?
Da greifen auch psycho-onkologische Erklärungsmuster zu kurz. Sie bringen die Krankheit zwar näher an das konkrete Leben des betreffenden Menschen heran, aber der Sachkundige weiß, dass auch bei angenommenen bzw. diskutierten Prädispositionen nicht jeder davon betroffen ist. Disposition und Realisation weichen erstaunlich oft auseinander. Umso drängender kann die Frage empfunden werden, ob hier nicht doch auch eine Gesetzmäßigkeit zugrunde liegen könnte, die verstehbar und handhabbar ist, eine „Schicksalslogik", die angesichts der Sinnfrage „greift" und den tatsächlichen Sachverhalt zugänglich macht.
Entwicklungsfördernde Fragen
Wenn der Mensch sich vermöge seines Denkens und seiner Ideale immer mehr zu dem macht, was er selber denken und wollen kann, so erscheint der Gedanke der Wiederverkörperung als eine notwendige Konsequenz. Auch wenn es angenehmer erscheint, die Probleme, die wir an Leib und Seele beobachten, unseren Genen anzulasten oder der Umwelt, den Eltern, Lehrern, den ungerechten oder schwierigen Lebensumständen, so stellt diese Auffassung eine Sackgasse für die persönliche Entwicklung dar. Denn wir delegieren damit unsere Probleme und berauben uns unseres ganz individuellen Entwicklungspotentials. Ganz anders sieht es aus, wenn wir folgende Fragen stellen:
Wo könnte diese Problematik herrühren?
Warum muss ausgerechnet ich mich damit auseinandersetzen und nicht mein Nachbar oder mein Ehepartner?
Was hat das mit mir zu tun?
Was kann ich daraus lernen?
Durch solche Fragen gewinnen wir Anschluss an unser ewiges, tätiges, gedanklich erfahrbares Wesen und sind so in der Lage, unsere Identität zu stärken und an unserer körperlichen und seelischen Gesundheit zu arbeiten.
Von Erdenleben zu Erdenleben verschleppte Probleme
Rudolf Steiner führt zur Entstehung von Krankheiten ganz allgemein Folgendes aus:[1] Wenn jemand z.B. in einem Erdenleben ein Problem hatte, das er bis zu seinem Lebensende nicht aus der Ich-Kraft heraus bearbeiten konnte, so dass er es schließlich mit über die Todesschwelle nehmen musste, so kann dieses Ungelöste als „Gedankenwesenhaftes", „Geistiges", die Bildung des Astralleibes mit seiner Seelenkonfiguration für das nächste Leben beeinflussen.
· Absinken auf seelische Ebene
Es verschwindet damit aus der Ich-Sphäre, der Sphäre freier, direkter Zugänglichkeit und Beeinflussbarkeit, und bestimmt jetzt die seelische Konstitution. So frei wir uns auch im Ich-Bewusstsein erleben mögen, seelisch-gefühlsmäßig kann unser Leben von Ängsten, von einem melancholischen Nebenton oder einer schwer beherrschbaren aggressiven Neigung geprägt sein. All das hat seinen Ursprung in nicht verarbeiteten Erlebnissen des letzten Erdenlebens. Es gibt viele Menschen, denen es im Hinblick auf ihre seelische Befindlichkeit meist ganz gut geht. Aber in bestimmten Situationen müssen sie immer wieder mit einer Art Missstimmung oder Melancholie kämpfen oder mit Wut und Hass. Wer sich nun bewusst entschließt, an solchen Verstimmungen zu arbeiten, kann sie noch weitgehend auflösen.
· Absinken auf ätherische Ebene
Geschieht dies nicht, so geht man wiederum damit über die Todesschwelle und die Problematik sinkt im darauffolgenden Leben noch eine Schicht tiefer und wirkt sich auf die ätherische Konstitution aus. Da zeigt sich das Problem jetzt als eine Funktionsstörung, eine Krankheitsdisposition. Man ist z.B. infektanfällig, hat Rhythmusstörungen, ist ein bisschen zart gebaut oder haltungsschwach. Eine gute Erziehung kann hier manches regulieren und stabilisieren helfen: Rhythmus und Struktur im Tagesverlauf, gesunde Ernährung, das Setzen notwendiger Grenzen – das alles kann helfen, die Problematik auf der funktionell-ätherischen Ebene auszugleichen und damit zu heilen.
· Manifestation als physische Krankheitsdisposition
Wer jedoch keine liebevolle Erziehung durchläuft und auch die Möglichkeiten der Selbsterziehung nicht wahrnehmen kann, nimmt die Problematik wiederum unverwandelt mit über die Todesschwelle. Erst jetzt, im vierten Erdenleben nach dem Auftauchen einer vom Ich nicht bewältigten Problematik, hat man es mit einer physischen Krankheitsdisposition zu tun. Jetzt von „Zufall" oder „Unfreiheit" zu sprechen, wird dem geistigen Aspekt nicht gerecht. Die Krankheitsdisposition ergibt sich spirituell gesehen vielmehr aus der Komplexität des Schicksalszusammenhanges in den letzten vier Erdenleben, aber auch aus dem aktuellen Tun und Lassen.
In der Krankheit zeigt sich der zwar unbewusste, aber doch eigene Wille, das unverarbeitete Problem jetzt auf dem Krankheitsweg zu bearbeiten. Auf diesem Krankheitsweg wird auch das Umfassende des Freiheitsverständnisses im Johannes-Evangeliums evident: Wenn die Wahrheit frei macht,[2] so nimmt die Freiheitsfähigkeit des Menschen analog zu seiner Selbst- und Welterkenntnis zu – was aber auch die Möglichkeit von Krankheit und Heilung miteinschließt.
Neue Möglichkeiten der Heilung durch erweiterten Blick auf Krankheit
Krankheitsentstehung durch mehrere Erdenleben hindurch zu denken und zu verstehen, gibt dem Arzt neue Möglichkeiten des Helfens und dem fragenden Patienten neue Möglichkeiten biographischer Sinnfindung. Selbsterziehung kann so auch Antrieb zur spirituellen Krankheitsprophylaxe werden. Eine solche Betrachtung eröffnet neue Freiräume für einen selbstbewussten, initiativen Umgang mit dem eigenen Schicksal.
Wer z.B. Steiners „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?"[3] durcharbeitet, lernt die genannten Wesensschichten (auch Wesensglieder genannt) differenziert kennen und handhaben. Übungen für das Denken, Übungen für die Seele, fürs Gefühl, Übungen für die Lebensqualität, den Lebenslauf, für Schlafen und Wachen, Übungen für die physische Verfasstheit – alles wird da gut nachvollziehbar beschrieben.
Vgl. „Gibt es eine Prävention der Krebserkrankung?“ Der Merkurstab, Heft 4, 2009
[1] Rudolf Steiner, Menschheitsentwicklung und Christus-Erkenntnis, GA 100, 2. Aufl. Dornach, 1981, S. 93-94.
[2] Neues Testament, Johannes 8, 32.
[3] Rudolf Steiner, Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? GA 10, 24. Aufl. Dornach 1993.
INDIVIDUELLER ASPEKT VON KREBS
Welche geisteswissenschaftlichen Aspekte helfen uns, Krebs als individuelle Erkrankung zu verstehen?
Welche tieferen Einsichten können im Krankheitsfall helfen bzw. vorbeugend wirken?
Krebs und frühere Leben
Bezugnehmend auf die Krebserkrankung spricht Rudolf Steiner in einem Vortrag 1920 für Ärzte über den Zusammenhang von Krebs mit dem vorgeburtlichen Leben. Er weist darauf hin, dass die individuelle Disposition zur Krebserkrankung zurückreicht in das frühere Erdenleben und mit der Art und Weise zu tun hat, wie das nachtodliche Leben durchgemacht wurde.
So lässt sich eine Krankheitsdisposition verstehen, die ein Mensch „mitbringt“, bzw. wird deutlich, wie solch eine Disposition für die Zukunft veranlagt wird: Aufgrund einer materialistischen Denk- und Lebensweise ist die Vorbereitung auf das Leben nach dem Tode unzureichend. Dann geschieht es oft, dass sich das Bewusstsein beim eigentlichen Eintritt in die geistige Welt (nachdem die Läuterungszeit im Seelenland abgeschlossen ist) nicht länger halten kann und wie im Schlaf erlischt. Dabei weitet sich das Menschenwesen zu schnell im geistigen Weltall aus und erlebt das Aufarbeiten und Vorbereiten des Erdenlebens mit den Hierarchien kaum bewusst mit.
Zusammenhang zwischen Wachstums- und Regenerationskräften
Die Wege der Krebserkrankung vorzubeugen, ergeben sich aus dem tieferen Verständnis der ätherischen Kräfte und ihrer Möglichkeiten zur Metamorphose, die aus der Form des Merkurstabes ersichtlich sind: Die Kräfte, die dem Denken, Fühlen und Wollen zugrunde liegen, sind dieselben, denen der Körper Wachstum, Entwicklung und Regeneration verdankt.
Der Zusammenhang zwischen den Wachstums- und Regenerationskräften und der Denktätigkeit macht auch verständlich, warum die Prognose bei bereits diagnostizierter Krebserkrankung sich immer dann verbessert und die Lebensqualität und die Überlebensrate steigen, wenn es dem Betreffenden gelingt – allein oder mit Hilfe eines Sachkundigen, einem Arzt, Pfarrer oder Psychotherapeuten – ein lebendiges Verständnis seiner selbst und seines Zusammenhanges mit der Welt zu bekommen. Arbeitet der Betroffene aktiv daran mit, seine eigene Identität zu finden oder neu zu bestimmen, so unterstützt er die Metamorphose der brachliegenden Wachstumskräfte in Seelentätigkeit.
Zwei Wege des Lernens – durch Einsicht oder Leiden
Der Mensch hat zwei Möglichkeiten zu lernen:
- bewusst, also geistig-seelisch, durch Einsicht und Erkenntnis
- und unbewusst, auf körperlicher Ebene, durch das Erleiden von Krankheiten.
Krebs als Entwicklungschance
Die Krebserkrankung scheint wie keine andere Krankheit in ihrem Verlauf den Tatbestand der menschlichen Freiheit abzubilden. Man kann dies deutlich daran erkennen, dass sich nahezu alle Lebensfunktionen im menschlichen Organismus aus ihrer normalen Bindung im Gesamtzusammenhang des Körpers lösen und ein Eigenleben zu führen beginnen. Je weiter der Krebs fortschreitet, umso deutlicher zeigt er, dass er eine Allgemeinerkrankung darstellt. Das äußert sich darin, dass alle wesentlichen Rhythmen wie Schlafen und Wachen, Nahrung und Ausscheidung, Appetit, Atmung und anderes sich verändern. Die Wachstumskräfte „vagabundieren" und es kommt zu Organbildungen und Absiedlungen in allen Bereichen des menschlichen Organismus, ungeordnet, gleichsam völlig „frei". Die Freiheit kann im gewöhnlichen Leben nach zwei Richtungen hin erlebt und entwickelt werden, denn Freiheit bedeutet nicht nur, von etwas frei zu sein, sondern für etwas frei zu werden:
- als Sich-Befreien von alten Bindungen
- und als freiwilliges Eingehen neuer Verbindlichkeiten und Annehmen von Verpflichtungen
Wesenseigenschaften, die nicht seelisch-geistig genützt werden, brach liegende kreative Potentiale, im Falle der Krebserkrankung die Befähigung zur Freiheit, leben sich auf unbewusste Weise im Körper aus und schaffen dort das Krankheitsbild Krebs. Jede Krankheit ist eine körperliche Projektion von ungenützten Potentialen, die durch bewusste Selbsterziehung und Schulung entwickelt werden könnten und sollten.
Viele Krebskranke bemerken erst nach dem Auftreten ihrer Erkrankung, in welchen Abhängigkeiten und Zwängen sie gelebt haben und wie ihnen jetzt die Krankheit die Chance gibt, sich noch einmal ganz neu im Leben zu orientieren. Je bewusster dies erkannt und ergriffen wird und je mehr die Krankheit auch als Aufgabe für das Seelen- und Geistesleben empfunden wird, umso besser ist die Prognose, desto besser kann die Therapie wirken.
Vgl. Kapitel „Spirituelles Krankheitsverständnis aus anthroposophischer Sicht"“, aus „Spiritualität, Krankheit und Heilung – Bedeutung und Ausdrucksformen der Spiritualität in der Medizin“, Vas-Verlag für Akademische Schriften, 2007
DIE GEISTIGE SIGNATUR VON KREBS
Lässt sich das Kränkende an unserer Zeit ausschließlich auf Umwelteinflüsse und die Gene zurückführen?
Könnte Krebs nicht DIE Krankheit sein, die die Auswirkungen des Materialismus am besten spiegelt und die erst gehen kann, wenn auch die spirituellen Ursachen der Krankheit dem Menschen zugänglich geworden sind?
Welche Möglichkeiten der Heilung bzw. der Prävention gibt es?
Entstehung der Zeitkrankheit Krebs
Zeitkrankheiten können als Entwicklungsbegleiter angesehen werden, die die Verhaltensweisen der Menschen spiegeln. Tatsache ist, dass der Mensch noch nie so vielen Kanzerogenen ausgesetzt war. Dennoch erkrankt nicht jeder an Krebs – manche kommen sogar mit schwersten Umweltbelastungen zurecht: Bei einer meiner Japanreisen kam ich mit einem Taxifahrer aus Hiroshima ins Gespräch, der mit fünf Jahren den Abwurf der Atombombe überlebt hatte.
Was bedingt nun die Krebserkrankung?
Was bildet sich in ihr und durch sie körperlich ab?
Welchen Wirkprinzipien folgt sie?
Jede Krebserkrankung hat eine lange Vorgeschichte. Meist bleibt der Übergang zwischen Gesundheit und Krankheit im Dunklen. Oft dauert es lange, bis der Primärtumor entdeckt wird, manchmal sind es auch erst die Metastasen. Generell gilt, dass Krankheitsverläufe, Remissionen und Heilungen sich sehr individuell gestalten und sehr unberechenbar sind. In alledem drückt sich jedoch eine enorme Entwicklungskompetenz aus, ein Willenspotential, das sich entgegen allem Geordneten Bahn bricht. Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Blut. Man könnte sagen, dass sich auf den Bahnen des Blutes Eigenwilliges entwickelt. So gesehen könnte man Krebs als Somatisierung des individuellen Freiheitspotentials des Menschen ansehen.
Symptome der Krebserkrankung
Der Krankheitsverlauf weist mehrere Stadien auf:
· Verlust der Differenziertheit
Krebs beginnt, indem irgendeine Zelle anfängt, sich aus ihrer Differenziertheit in irgendeinem Organgebiet zurück in die embryonale Form zu entwickeln, als die Zellen noch omnipotent und nicht so spezialisiert waren. Normalerweise erkennt das Immunsystem solche Zellen und tötet sie ab.
· Entstehung eines Primärtumors
Wenn aber jetzt die Immunität nachlässt oder eine bestimmte Krankheitsdisposition für diese Krebsart sich bereits durchgesetzt hat, beginnt der Krebs lokal zu wachsen. Er durchbricht die Basalmembran und fängt an, infiltrierend zu wachsen.
· Metastasierung und Verschlechterung des Allgemeinzustandes
In einem nächsten Stadium kommt es zur Metastasierung: Einzelne Zellen sondern sich ab und beginnen im Organismus zu wandern. Parallel dazu verändert sich der Gesundheitszustand insgesamt. Krebs ist eine Allgemeinerkrankung. Der Appetit verändert sich, das Lebensgefühl ändert sich, das Schlaf/Wach-Verhalten ändert sich, die Rhythmen von Herz und Atmung ändern sich, die Temperaturkurve wird in der Regel flach, manchmal sogar starr, ohne Morgen/Abend-Differenz. Lässt man all dies zu sich sprechen, so kann man sagen, die Körperfunktionen machen im Grunde, „was sie wollen". Fast alles läuft aus dem Ruder.
Es bilden sich durch die Metastasierung Ansätze zu neuen Organbildungen, irgendwo, willkürlich. Ordnung, Kontrolle und Integrationsfähigkeit schwinden und weichen der Entdifferenzierung, Schrankenlosigkeit, „Willkür". Keine zwei Krebsverläufe sind einander gleich. Man kann bei keinem voraussagen, wo genau die Metastasen hingehen und wann sie auftreten werden. Wir kennen zwar die bevorzugten Orte – es kann aber im individuellen Einzelfall gerade anders sein.
Freiheit als geistige Imagination der Krebserkrankung
Im 7. und 8. Vortrag des Jungmedizinerkurses[1] sagt Rudolf Steiner: „Krankheit ist eine physische Imagination vom geistigen Leben" bzw. von geistigen Bildekräften, die im geistigen Leben des betreffenden Menschen als Freiheitsimpuls hätten wirken sollen. Krankheit als eine im Körper angekommene Projektion geistiger, d.h. gedanklich lebendiger, Prozesse zu begreifen, ist der Erkenntnisansatz einer spirituell orientierten Medizin: Geistige Kräfte (ätherische Gedankenkräfte), die sich nicht betätigen können und nicht genützt werden, erlahmen und ermatten. Nacht für Nacht zieht nun das leibfreie ätherische Potential in den Organismus ein und bildet auf der Ebene der unbewussten Körperphysiologie ein getreues Abbild dessen, was bei Tage geistig nicht geleistet wurde. So gesehen bildet sich beim Krebs physisch-physiologisch der auf geistiger Ebene so gesunde „Freiheitsimpuls" ab, – eben, weil diese Freiheit im Geistigen nicht ergriffen wurde.
Spirituell gesehen ist Krebs demnach eine „Freiheitsmangelkrankheit". Damit passt der bisher noch nicht aufzuhaltende Siegeszug dieser Krankheit in unsere Zeit, wo jeder Mensch im Grunde genommen vor der Entwicklungsaufgabe steht, seine Identität als Mensch zu erfassen und seine Freiheit konstruktiv gebrauchen zu lernen. Rudolf Steiner nennt den Materialismus unserer Zeit eine Krankheit, die überwunden werden müsste. Krebs als Krankheit des materialistischen Zeitalters hat eine individuelle und eine soziale Komponente – sie betrifft uns alle: Vier Fünftel der Menschheit leiden am Verlust ihrer Spiritualität aufgrund der materialistischen „Ungeistigkeit“ unserer Zeit. Um dem beizukommen, muss es eine Art Entwicklungshilfe geben.
Therapie und Prävention mit philosophischen Mitteln
Mithilfe von meditativen Begleittherapien können wir uns imaginativ mit Krebs befassen. In der anthroposophischen Diagnostik spricht man von der Geschwulstbildung als von einer Sinnesorganbildung am falschen Ort. Das macht Sinn, wenn man das spirituelle Paradigma der Doppelnatur des Ätherischen zugrunde legt: Denken und Wahrnehmen „verleiblichen“ sich. Die Freiheitskräfte der kanzerogenen Kompetenz wirken im Seelisch-Geistigen präventiv,[2] erzeugen jedoch, wenn sie im Körper auftreten, Krebs.
· Prävention durch Denken
Im Zusammenhang damit müssen wir uns bewusst machen, dass wir, wenn wir denken und uns dabei beobachten, dort sind, worüber wir nachdenken. Indem Sie versuchen meinen Ausführungen zu folgen, sind Sie alle außerkörperlich tätig, merken es nur nicht. Bei Nahtoderlebnissen werden Leib und Bewusstsein aber als getrennt erlebt. Auch im Alltag kann es zu solchen Erfahrungen kommen: Man kann plötzlich ein Bild von einem Erlebnis vor Augen haben, das ein anderer, meist nahestehender Mensch, durchmacht. Das ist ein Indiz der Äthertätigkeit des Denkens: Erinnerungsähnlich „fällt etwas ein“, allerdings aus anderen Bereichen als der Erinnerung.
Da Krebs die Signatur des Freiheitswesens trägt, stellt leibfreies Denken somit eine Prävention mit philosophischen Mitteln dar. Wir haben die Aufgabe, das Krebsgeschwür zu durchdenken und zu durchfühlen, um etwas zur Heilung des Menschen unserer Zeit beizusteuern. Deshalb sollte man Spiritualität in der Onkologie zum Pflichtfach machen.
· Therapie durch Meditation
Um Krebs therapeutisch entgegenzuwirken, muss die leibfreie Kompetenz meditativ gestärkt werden. Rudolf Steiner sagte, in der Meditation würde man lernen, sich in Gedanken zu bewegen, aus eigenem Willen Gedanken im eigenen Bewusstsein zu erzeugen und so denken zu lernen, wie man im Alltag greifen oder gehen lernt, nur würde es sich dabei um einen viel intensiveren Prozess handeln.
Stellvertretend für alle leiden
Ein einzelner kann stellvertretend für alle einen bewussten Beitrag zum Wohl der Menschheit leisten:
- Das kann einerseits durch bewusste geistige Schulung geschehen,
- aber auch durch das Auf-sich-Nehmen einer schweren Erkrankung wie Krebs.
Denn so, wie es dem einzelnen Menschen möglich ist, sich „freiwillig" bestimmten Prüfungen und Schwierigkeiten auszusetzen, um einem anderen Menschen zu helfen oder Stellvertreter für ihn zu sein, so kann er auch zeitbedingte Leiden der Menschheit wie Krebs auf sich nehmen – „zum Ausgleich" und zur Entlastung anderer. Dazu passt folgender Ausspruch zur Krebserkrankung, der Rudolf Steiner zugeschrieben wird, aber sich nicht im Vortragswerk findet, sondern auf mündlicher Überlieferung basiert:
„Es muss von jedem Krebskranken erlitten werden, was von der Menschheit nicht erkannt worden ist. Wir stehen vor der tragischen Tatsache, dass Menschen den Weg des Leidens für viele auf sich nehmen, um einem aus dem Gleichgewicht gebrachten Menschheitsschicksal wenigstens teilweise ein ausgleichendes Gegengewicht zu geben... Die Menschheit des 20. Jahrhunderts muss durch den Weg des Leidens den geistigen Aufstieg suchen, der die Würde des Menschen wieder herstellt und die Seele verwandelt, so dass sie neuer geistiger Bereiche teilhaftig wird, die für die Menschheit auf ihrem Wege in die Zukunft erforderlich sind."
Frage eines krebskranken Freundes
Ein Freund, dem die Ärzte nach Diagnosestellung noch ca. drei Monate gegeben hatten, sagte mir, als ich ihn besuchte: „Ich bin so froh, dass du kommst. Ich habe eigentlich nur eine Frage, die mir bisher niemand beantworten konnte: Warum habe ich diesen so rasant wachsenden Krebs?" Er verstand es nicht und wollte dezidiert meine Ansicht hören. Da er Anthroposoph war und im Prinzip das in diesem Beitrag Dargestellte kannte, war ich zunächst ratlos. Er war freiheitsliebend, glücklich verheiratet, hatte keine Angst vor dem Sterben – auch in seinem beruflichen Leben war schnell für ihn ein Ersatz gefunden worden. Er wusste einfach nicht, was er aus dieser Krankheit, die ihn Anfang 40 aus dem Leben reißen würde, lernen sollte. So erwähnte ich die Möglichkeit, stellvertretend für die Menschheit zu erleiden, was sie bisher nicht erkannt und errungen hat.
Ihn faszinierte diese Möglichkeit, dass seine Erkrankung einen „spirituellen Erkenntniswert“ für die Menschheit haben könnte: Im bewussten Erkennen der geistigen Dimension einer Krankheit und im Durchleiden derselben etwas mitzutragen und verstehen zu lernen, was so vielen Zeitgenossen verwehrt bleibt, erschien ihm als etwas Wichtiges und machte Sinn für ihn. Eine geistige Betrachtung dieser Art weist über das individuelle Menschenschicksal hinaus und bringt den Betroffenen in unmittelbare Beziehung zur gesamten Menschheit.
Vgl. „Gibt es eine Prävention der Krebserkrankung?“ Der Merkurstab, Heft 4, 2009
[1] Rudolf Steiner, Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst, GA 316, 4. Aufl. Dornach 2003, S.119.
[2] Wenn ich meinen Willen in Gedanken betätige, bin ich ganz frei. Über die Freiheit des Willens wird viel diskutiert – das muss so sein: Denn wenn die Existenz der Willensfreiheit bewiesen werden könnte, gäbe es sie nicht mehr. Jeder Mensch muss selbst auf die Tatsache dieser Freiheit stoßen, muss sie sich selbst erarbeiten, das liegt im Wesen der Freiheit.
ALTERSGERECHTE ERZIEHUNG ALS VORBEUGUNG GEGEN KREBS
Gibt es eine Möglichkeit, wie wir unsere Kinder vor der Zeitkrankheit Krebs schützen können?
Inwiefern ist altersgerechte Pädagogik als Prävention zu verstehen?
Altersgerechte Entwicklung verstehen
Die Wege, der Krebserkrankung vorzubeugen, ergeben sich aus dem tieferen Verständnis der ätherischen Kräfte und ihrer Möglichkeiten, sich in leibfrei am Gehirn reflektierende Gedankentätigkeit zu metamorphosieren. Die Kräfte, die dem Denken, Fühlen und Wollen zugrunde liegen, sind dieselben, denen der Körper Wachstum, Entwicklung und Regeneration verdankt.
Demgemäß sollten nur diejenigen gedanklichen, gefühlsmäßigen und willentlichen Möglichkeiten für die verschiedenen Lernprozesse in Anspruch genommen werden, die der Körper altersentsprechend für die Metamorphose zur bewussten Tätigkeit im Lernprozess schon „freigibt".
Zwei Angriffsflächen für Krebs
Ich möchte an dieser Stelle zwei pädagogische Trends nennen, die unter anderem dazu beitragen, dass der Mensch im späteren Leben Krebs entwickelt.
- Konstitutionelle Schwächung durch Akzeleration
Durch verfrühtes und oft auch forciertes Erlernen nicht entwicklungsgerechter Inhalte und Fähigkeiten werden dem Körper Kräfte entzogen, die er für das aktuelle Wachstum und Ausreifen der Organe bräuchte. Das betrifft zum Beispiel die rechte Gehirnhälfte und die ihr geschuldeten oft kreativen Fähigkeiten, die sich nicht vollends entwickeln können, weil die linke Gehirnhälfte mitsamt ihren Fähigkeiten zu früh und einseitig stimuliert wird.
Die Folge ist eine Entwicklungsbeschleunigung (Akzeleration) und das Phänomen, dass die Organe und Organsysteme zwar schneller, aber häufig nicht genügend ausreifen – was mit einer verminderten Funktion und Schwächung der betroffenen Systeme einhergeht. So können intellektuelle und gefühlsmäßige Überforderung eine konstitutionelle Schwächung für das ganze spätere Leben veranlagen.
- Geschwulstbildung durch Brachliegen kreativer Kräfte
Auch können infolge einseitiger intellektueller Belastung andere schöpferische Möglichkeiten brach liegen bleiben und an einer Metamorphose in Gedankenkräfte gehindert werden. Wenn Kinder auf sie einströmende Eindrücke nur oberflächlich registrieren, betrachten oder benennen, können die Bildekräfte des Körpers nicht voll übergeführt werden in seelische und geistige Tätigkeiten und bleiben brach liegen.
Nach dem anthroposophischen Krankheitsverständnis können solche „tatenlos" im Organismus verbleibenden, für die geistige Tätigkeit nicht herangezogenen Wachstumskräfte eines Tages „ausbrechen“ und den Impuls für das Wachstum einer Geschwulst geben.
Prävention durch altersgerechte Pädagogik
Wenn Eltern und Erzieher um diese Zusammenhänge wissen, können sie von diesen zwei Seiten her helfen einer Krebserkrankung vorzubeugen:
- durch Ermöglichen von vielfältigen, tiefen Sinneswahrnehmungen und -erfahrungen, die eine harmonische leiblich-seelische Entwicklung fördern
- durch die Förderung des bildhaften, „bildenden" Denkens, das zu lebendigen Erinnerungsbildern führt, die das Kind begeistern und erwärmen können.
Um dem Ausbrechen der Krebserkrankung so weit als möglich durch die Erziehung vorzubeugen, käme es also darauf an, die Sinneswahrnehmungen und deren empfindungsmäßige und gedankliche Verarbeitung besonders intensiv zu pflegen. Denn es ist entscheidend, dass Kinder mit ihren Sinneseindrücken und Gedanken starke innere Erlebnisse verbinden.
Das Erkennen solcher Zusammenhänge fordert dazu auf, in der Erziehung vom Kindesalter an konsequent Gesundheitsvorsorge zu praktizieren.
Vgl. „Spirituelles Krankheitsverständnis aus anthroposophischer Sicht“, aus „Spiritualität, Krankheit und Heilung - Bedeutung und Ausdrucksformen der Spiritualität in der Medizin“, VAS Verlag 2007