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Immunsystem und Immunisierung: Unterschied zwischen den Versionen
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Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/ | Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/ | ||
== IMMUNSYSTEM UND MOTIVATION == | |||
''Was können wir zur Stärkung unseres Immunsystems tun?'' | |||
''Was drücken Lachen und Weinen aus?'' | |||
=== ''Heilende Motivation und Ich-Regsamkeit'' === | |||
Zunächst ein paar Anmerkungen, damit wir die gesundheitliche Seite besser verstehen. Jede Hausfrau und Mutter hat Folgendes schon erlebt: Wenn sie ihre Arbeit fröhlich und motiviert verrichtet, werden bei einer Grippewelle alle in ihrer Umgebung krank, sie selbst steckt sich aber nicht an – eine klassische Erfahrung. Im Urlaub oder wenn sie Zeit hat, wird sie auch mal krank, falls sie es braucht, aber wenn es darauf ankommt, bleibt sie gesund. Diese Erfahrung wurde inzwischen durch viele Studien bestätigt: | |||
* '''Trauer, Stress, Angst und Schmerz''' schwächen das Immunsystem, | |||
* '''Motivation, Freude, Zuversicht und Zufriedenheit''' stärken es. | |||
Im Rahmen einer Studie wurden die Ehemänner von Frauen, bei denen Brustkrebs diagnostiziert worden war, untersucht. Man bemerkte bei ihnen sechs Wochen nach der Diagnosestellung einen signifikanten Anstieg an allen möglichen Infekten – Darmgrippen, Erkältungskrankheiten, Lungenentzündungen. Die untersuchten Männer erkrankten viel häufiger als die Ehemänner gesunder Frauen. Auslöser war die nahe Beziehung zum leidenden Ehepartner. Unter therapeutischer Begleitung wurde dann Trauerarbeit und Motivationsarbeit geleistet. Es wurden Perspektiven erarbeitet, z.B. wie sie ihren Frauen helfen könnten, was sie für sie tun könnten beim weiteren Verlauf der Krankheit. Das hat nach weiteren sechs Wochen einen Rückgang der Infekte bis hin zu einer weitgehenden Normalisierung bewirkt. | |||
=== ''Wie Regeneration geschieht'' === | |||
Der Ätherleib kann den physischen Leib nur mithilfe der Stärke und Klarheit des Ich regenerieren. Die Ich-Kraft und die Regsamkeit des Astralleibs müssen sich in der richtigen Weise in den Aufbauprozess einschalten, um den Ätherleib bei der Erhaltung und Regeneration unseres physischen Leibes unterstützen zu können. | |||
* Im Schmerz und im Leid erstarrt der Astralleib, verliert seine Wendigkeit und auch das wirkt sich auf den Ätherleib aus, auf die Bewegung, die der Astralleib mit dem Ätherleib macht. | |||
* Lachen, Heiterkeit und Humor bewirken, dass der Astralleib sich entspannt, wieder regsam wird und sich förmlich in den physisch-ätherischen Organismus ergießt. Deshalb wird uns beim Lachen meist so richtig warm. Und wenn wir uns anschauen, worüber wir lachen, so erkennen wir oft ganz bestimmte Aufweck-Motive, die unserem Ich helfen, sich etwas bewusst zu machen. | |||
Freude, Lachen, Heiterkeit und Lebenszuversicht wirken sich stärkend auf die Arbeit des Ätherleibs am physischen Leib aus. | |||
=== ''Zwischen Lachen und Weinen'' === | |||
'''Lachen''' ist immer ein Ausdruck von Überschusskräften des Ich. Deswegen wirkt sich das Lachen inkarnierend aus, auch wenn es den Organismus lockert. Diese Lockerung wirkt sich nicht als Verlust an Bewusstsein aus, sondern verstärkt die Verbindung zur Welt. Das Ergebnis ist ein runderes, freudigeres In-mir-drin-Sein. Freude und Lachen sind Inkarnationshilfen. So gesehen ist verständlich, warum Kinder so gerne lachen: weil sie sich inkarnieren wollen. Deshalb muss man sie auch zum Lachen bringen. | |||
* Wenn wir Überschusskräfte, „Oberwasser“, haben gegenüber der Welt, '''lachen wir'''. | |||
* Wenn uns etwas zu sehr bedrückt, wenn ein Eindruck seitens der Welt zu stark ist und wir nicht dagegen ankommen, '''weinen wir'''. | |||
'''Weinen''' und Schmerz verbindet uns mit uns selbst und wirft uns auf uns selbst zurück. Schmerz kann, wenn man sich darin verschließt und verhärtet, zur Exkarnation führen, zum Rückzug aus dem Leben, zur Trauer, zur Verzweiflung, zu einer Schwächung des Immunsystems, zu einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten. | |||
Durch das Bedrückt-Sein und durch unsere Anstrengung damit umzugehen, bringen wir uns andererseits selbst auf den Weg der Entwicklung voran – ständig schwankend zwischen den Polen von Lachen und Weinen. Indem wir uns entwickeln, wird die Meisterschaft des Ich gegenüber den Einflüssen der Welt größer. | |||
''Vgl. Vortrag „Lachen und Gesundheit“, Dornach, 02.05.1997'' | |||
== HERZ UND IMMUNSYSTEM == | |||
''Wie beeinflusst das Herz unser Immunsystem?'' | |||
=== ''Gemeinsame Vorläuferzellen'' === | |||
Normalerweise assoziiert man das Herz nicht mit dem Immunsystem. Das Immunsystem entwickelt sich jedoch von Anfang an als integrierter Bestandteil des Blutes: Die Bildung von Blut, Blutgefäßen und Herz als Zentralorgan des Blutgefäßsystems sind von der frühen Embryonalentwicklung an eine Einheit. Sie haben gemeinsame Vorläuferzellen, die sogenannten Hämangioblasten, die sich bereits vor der Gastrulation am Ende der zweiten und zu Beginn der dritten Entwicklungswoche herausbilden. Von diesen Stammzellen für die Blutbildung stammen nicht nur die Zellen ab, die die Blutgefäße bilden – einschließlich der beiden Herzschläuche, aus denen das spätere Herzorgan hervorgeht – sondern auch die Blutzellen selbst: | |||
* die roten Blutkörperchen '''(Erythrozyten)''' für den Sauerstofftransport | |||
* und die sogenannten weißen immunkompetenten Zellen '''(Leukozyten)''' zum Schutz des Organismus vor schädigenden Einflüssen | |||
Interessanterweise beginnt die Blut- und Blutgefäßbildung nahezu zeitgleich in den sogenannten embryonalen Hüllen – dem Dottersack, der Allantois, dem Haftstiel und dem Chorion. Sobald sich zu Beginn der dritten Woche die ersten Blutgefäße auf dem Dottersack und der Allantois differenziert haben, beginnt auch die Blut- und Blutgefäßbildung im Embryo selbst. Allerorten entstehen kleine Blutinseln, aus denen sich bald Gefäßabschnitte und beweglich bleibende Blutzellen herausdifferenzieren und sich sukzessive zu größeren Gefäßabschnitten verbinden, in denen sich das Blut bewegt. Der erste Anstoß zur Bildung des Herz-Kreislaufsystems kommt also aus dem Bereich der embryonalen Hüllen, die sich der Embryo ausbildet, bevor er darin selbst zu wachsen beginnt. | |||
=== ''Gleichzeitige Entwicklung von Zentrum und Umkreis'' === | |||
Das verweist auf einen entscheidenden Zusammenhang als Urgeste alles Lebendigen: Ohne ein adäquates Milieu, ohne einen Umkreis, aus dem man und für den man lebt, ist Leben nicht möglich. So ist es nicht verwunderlich, dass der Embryo zunächst sein Milieu ausbildet, bevor er darin selbst zu reifen beginnt. Dieses Zusammenspiel von Zentrum und Peripherie liegt der Bildung des Herz-Kreislaufsystems von Anfang an archetypisch zugrunde. Beides entwickelt sich gleichzeitig aufeinander zu, keines kann ohne das andere sein. Im Folgenden möchte ich die Entwicklung von Kreislauf und Immunsystem in ihrer Verschränkung etwas detaillierter aufzeigen: | |||
==== '''·''' 1. Monat ==== | |||
Schon der früh entwickelte ''Dottersackkreislauf'' unterstützt sogleich die Ernährungs- und Atmungsfunktion des Embryos aufgrund sensibler Wahrnehmungs- und Rückkoppelungs-Prozesse, die den jeweiligen Bedarf an Nährstoffen und Sauerstoff feststellen. | |||
Um den 21. Tag herum bekommt dann auch die ''primitive Herzanlage'' unterhalb des Kopfes des Embryos Anschluss an die Blutgefäße, die sich im Embryo gebildet haben, und beginnt zu schlagen.[1] Neueste Forschungen haben diese umfassende Wahrnehmungsfunktion der Blutgefäßgewebe (Endothelien) für das sich in der Folge entwickelnde Herz-Kreislaufsystem gezeigt.[2] Daher kann auch, wer sich den Bildeprozess von Herz und Kreislauf vor Augen führt, im Herzen keine Pumpe sehen, sondern versteht es vielmehr als ein koordinierendes und impulsierendes Zentrum einer ebenfalls aktiv pulsierenden und ihm zuarbeitenden Peripherie. | |||
Schon bei einem 26 Tage alten Embryo und dem frühembryonalen Kreislauf führen die nährstoffreichen Blutgefäße vom Chorion (Vorläufer der späteren Placenta) durch den Haftstiel (der späteren Nabelschnur) in den Embryo und von dort in den venösen Gefäßen das sauerstoffärmere Blut mit den Abbauprodukten zurück zum Chorion. | |||
Dabei liegt die erstaunliche Tatsache vor, dass alle später sehr spezialisierten Zellen des Blutes, der Blutgefäße mit ihrer glatten Muskulatur und dem Herzen selbst mit seiner spezialisierten Herzmuskelstruktur ''eine'' gemeinsame Vorläuferzellart haben: die kardiovaskuläre Vorläuferzelle ''Hämangioblast'' genannt. Alle blutbildenden und Blutgefäße bildenden Zellen stammen von dieser omnipotenten Mesodermzelle ab. Die mesodermalen Zellen bilden das sogenannte mittlere Keimblatt, das in der dritten Woche der Embryonalentwicklung zwischen dem äußeren Keimblatt (Ektoderm) und dem inneren Keimblatt (Entoderm) entsteht. | |||
==== '''·''' Ab 2. Monat ==== | |||
Ab dem 2. Monat steigt der Blutbedarf kontinuierlich an. Nach dem Chorion, als wichtigstem Ort der Blutbildung in den ersten Wochen, erfolgt jetzt die intensive Blutbildungstätigkeit zuerst in der Leber, die in der neunten Woche 10 % des gesamten Körpergewichtes des Embryos ausmacht. Später folgen dann die Milz und zuletzt das Knochenmark als Orte der Blutbildung sowie die sich entwickelnden Lymphknoten, während die Leber ihre Blutbildungstätigkeit einstellt. All diese Organe sind fähig, Blutstammzellen zu bilden als Vorläufer der roten Blutkörperchen und die Fülle an differenzierten immun-kompetenten weißen Zellen. Das Lymphsystem hat in diesem Zusammenhang insofern eine Sonderstellung, als es sich erst ab der fünften Woche herauszubilden beginnt, ungefähr zwei Wochen später als das Blutgefäßsystem, da Vorläuferzellen auf diese Funktionen hinorientiert sind.[3] | |||
Das Herz-Kreislaufsystem ist das erste funktionierende Organsystem des Embryos, in dem bereits Ende der dritten Woche die Zirkulation des Blutes einsetzt und das Herz zu schlagen beginnt. Es begleitet als Organsystem die gesamte Embryonalentwicklung und entwickelt sich bis zuletzt in Resonanz mit diesem Geschehen weiter. | |||
==== '''·''' Ab der Geburt ==== | |||
Den Schlusspunkt erreicht dieser Prozess nach der Geburt, wenn der fetale Kreislauf beendet wird und der an die Lungen und die Außenluft angeschlossene definitive Kreislauf beginnt. Kein Organ kann sich während der embryonalen und fetalen Entwicklung bilden und weiter ausreifen, wenn nicht Blutgefäße dort einwandern, die Wachstumsprozesse stimulieren und die notwendigen Nährstoffe und den Abtransport von Abbauprodukten sicherstellen können. | |||
=== ''Fazit:'' === | |||
Dabei erfüllen das Blut- und das Lymphsystem als „flüssige Organsysteme“ folgende Aufgaben: | |||
# Die roten Blutkörperchen agieren zusammen mit den die Blutgefäße auskleidenden Zellen, den Gefäß-Endothelien, als '''„mobile Sensoren“''', die den Sauerstoffbedarf nicht nur in den Lungen, sondern im gesamten Organismus wahrnehmen und dadurch auch die Sauerstoffversorgung der Gewebe bedarfsgerecht regeln können. | |||
# Die roten Blutkörperchen dienen dem '''Sauerstofftransport und der Kohlendioxidaufnahme.''' | |||
# Die Blutflüssigkeit garantiert den '''Transport und die Verteilung der Nährstoffe'''. | |||
# Die sogenannten weißen Blutzellen (Lymphozyten/20 bis 50% und Leukozyten) stehen im Dienst der '''Abwehr von Viren, Bakterien und Schadstoffen'''. Sie dienen zusammen mit anderen Barrierefunktionen des Körpers, wie zum Beispiel der Haut, ganz generell dem Schutz vor schädlichen Einflüssen. | |||
''Vgl. M. Glöckler (Hrsg.), Th. Hardtmuth, Ch. Hueck, A. Neider (Hrsg.), H. Ramm, B. Ruf, „Corona und das Rätsel der Immunität. Ermutigende Gedanken, wissenschaftliche Einsichten und soziale Ideen zur Überwindung der Corona-Krise“, 2020 Akanthos Akademie e.V., Stuttgart'' | |||
----[1] Vgl. Keith L. Moore; Persaud, T.V.M.; Torchia, Mark G. (Hrsg.): ''Embryologie. Lehrbuch und Atlas der Entwicklungsgeschichte des Menschen.'' 3. Aufl. Schattauer, Stuttgart/New York 1990, S.69 ff. | |||
[2]Vgl. Branko Furst: ''Autonomie der Blutbewegung. Ein neuer Blick auf Herz und Kreislauf.'' Salumed, Berlin 2020, (Titel der amerikanischen Originalausgabe: The Heart and Circulation. An integrative Model. Edition 2. Springer Nature, Berlin 2020) S. 42. | |||
[3] Siehe ebenda, S.116/17. | |||
== KÖRPERLICHE, SEELISCHE UND GEISTIGE IMMUNISIERUNG == | |||
''Wie hängen Lebensalter und Immunisierung zusammen?'' | |||
=== ''Immunisierungsebenen und Altersabschnitte'' === | |||
==== - Körperliche Immunisierung ==== | |||
In der Zeit zwischen null und zwanzig, in der unser Körper sich entwickelt, bis er ausgewachsen ist, treten akute Infekte auf, je früher, desto öfter: Ein Erwachsener mit einer Mittelohrentzündung ist eine Seltenheit. Ein Kind mit einer Mittelohrentzündung ist etwas völlig Normales. In einem Winter vier bis fünf Male krank zu sein, ist für ein Vierjähriges normal – bei einem Erwachsenen ist das oft ein Hinweis auf schwere Erkrankungen. Im Erwachsenenalter sind Infekte oft hochproblematisch, ganz unabhängig davon, ob es sich um eine Kinderkrankheit oder nur um Husten, Schnupfen und Heiserkeit handelt. In der ersten Lebensspanne jedoch sind all diese Erkrankungen normal, weil die Immunisierung, der Aufbau des Immunsystems, zur körperlichen Entwicklung gehört. Das Immunsystem entwickelt sich nur in der Auseinandersetzung mit der Welt und mit Krankheitserregern – entweder still oder laut: | |||
* „Laut“ bedeutet, das Kind bekommt Fieber und ist richtig krank. | |||
* „Still“ bedeutet, es ist etwas angeschlagen, fühlt sich nach einer Weile aber wieder wohl – es hat den Infekt still durchgemacht. Das wird auch stille Feiung genannt. | |||
Akute Infekte sind normal und erwünscht. Sie haben alle die Aufgabe, das Immunsystem zu stimulieren. Der Sinn der akuten Infekte in Kindheit und Jugend ist ganz offenkundig: Sie dienen der ''körperlichen Immunisierung'' und veranlagen Gesundheit für das ganze Leben. Übrigens zeigen auch viele Praxisversuche, dass Kinderkrankheiten die Krebsanfälligkeit im späteren Leben verringern. Das ist leicht einzusehen. Es bleiben diesbezüglich noch viele interessante Forschungsfelder für die Wissenschaft. | |||
==== - Seelische Immunisierung ==== | |||
Die Haupterkrankungen im zweiten Lebensviertel, zwischen 20 und 40, sind keine akuten Infekte mehr. Menschen, die sich eine körperlich-immunologische „Grundausstattung“ erworben haben, egal ob zu 80% oder zu 100%, werden normalerweise zwischen 20 und 40 nicht mehr krank. Viele haben höchstens einen Schnupfen, den sie aber kaum bemerken. | |||
Aber alle haben psychosomatische Probleme oder Schwierigkeiten am Arbeitsplatz bzw. im Privatleben und/oder vegetative Dystonien unterschiedlichster Art: Herzstiche, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme, Schlafstörungen. Es gibt keinen Menschen, der in dieser Zeit keine seelischen Probleme hätte. Diese Probleme müssen ihn nicht unbedingt zum Arzt oder in Therapie bringen, dennoch wird er ziemlich damit ringen müssen. Sie dienen der ''seelischen Immunisierung,'' indem sie den Betreffenden „zwingen“, seelisch an sich zu arbeiten, eine höhere Stresstoleranz und mehr Verständnis zu entwickeln, sich besser wehren zu lernen, usw. Jeder muss sich in diesem Zeitraum eine dicke Haut erwerben, muss lernen, selbst zu bestimmen, was er sich „unter die Haut gehen“ lässt und was daran abprallen soll. Was der Körper zu unterscheiden lernen musste, muss nun auch die Seele erlernen: | |||
''Was lasse ich an mich heran, was weise ich ab?'' | |||
''Wo ziehe ich im Seelischen die Grenze zwischen dem Innen und Außen?'' | |||
In Schwaben haben wir ein schönes Wort: ''„Mit 40 wird der Schwabe erst gescheit...“.'' | |||
Rudolf Steiner sagte, vor dem 42. Lebensjahr wäre man im Sozialen nicht voll kompetent, egal wie klug jemand wäre, und sollte nicht öffentlich als esoterischer Lehrer auftreten. Es würde noch etwas zur seelischen Reifung fehlen, die seelische Immunisierung wäre noch nicht abgeschlossen. Das sind biografisch-evolutionäre Gesetzmäßigkeiten. Die Seele, Empfindungs-, Verstandes- und Bewusstseinsseele, braucht Zeit sich zu entwickeln. Das Ich lernt durch diese Zustände hindurch, sich schrittweise in der eigenen Seele zu beheimaten und sich bewusstseinsmäßig der Welt gegenüber zu behaupten. Dadurch erlangt der Mensch seelische Stabilität. | |||
==== - Geistige Immunisierung ==== | |||
Für das letzte Lebensdrittel sind chronische Erkrankungen typisch: Diabetes Typ 2, Rheuma, das nicht allzu stark auftritt, Verschleißerscheinungen an den Bandscheiben, Gelenksarthrosen, Gallen- und Magen-Darm-Probleme, Herz-Kreislauf-Probleme. Die verschiedenen Systeme funktionieren nicht mehr so ganz – und sei es nur, dass man eine Brille braucht, weil die Augen nicht mehr so mitmachen. Die Beschwerden sind anfangs aber noch gut mit dem Leben vereinbar. Das Ausmaß dieser Störungen kann individuell sehr unterschiedlich sein, doch jeder wird damit konfrontiert, keiner bleibt verschont. Mit dem Auftreten einer chronischen Krankheit weiß man plötzlich, dass es nie mehr „gut“ wird, dass man nie mehr ganz gesund wird. Man fragt sich: | |||
''Was geschieht, wenn sich alles noch mehr verschlechtert, was kommt danach?'' | |||
Der Sinn dieser Funktionsstörungen und Erkrankungen, die jeden mehr oder weniger betreffen, liegt offen zutage: Der Mensch muss sich mit der Vergänglichkeit seines Körpers auseinandersetzen. Dadurch macht er sich mit dem Gedanken an den Tod, an die völlige Zerstörung des Körpers, vertraut. Chronische Krankheiten entsprechen den „Boten des Todes“ aus dem Märchen der Brüder Grimm, die jeder mehr oder weniger stark am eigenen Leib erlebt. Dabei geht es um ''geistige Immunisierung'': Der Geist lernt in der Auseinandersetzung mit chronischen Krankheiten, sich in seiner Unabhängigkeit von Leib und Seele, in seiner eigenen Identität, zu erfassen. | |||
''Vgl. Vortrag „Kinderkrankheiten angstfrei behandeln“, Filderstadt, Impfkongress 2009'' | |||
== VERDAUUNG UND IMMUNSYSTEM == | |||
''Welchen Einfluss hat die Verdauung auf das Immunsystem?'' | |||
''Wie hängen Verdauung und Denken zusammen?'' | |||
''Was geschieht, wenn unser Denken die gesunde Wirkungsweise des Ätherischen im Körper nachahmt?'' | |||
''Welche Auswirkungen hat es, wenn sich das Denken nur um das liebe Ego kümmert, also nur um sich selbst kreist?'' | |||
=== ''Die Doppelnatur des Ätherischen'' === | |||
Unser ätherischer Organismus hat eine Doppelnatur, die Rudolf Steiner über Jahrzehnte erforscht hat.[1] Mit diesem Forschungsergebnis stellte er die Pädagogik und die Medizin auf eine vollkommen neue Grundlage. Auf dieser Basis lassen sich der unmittelbare Zusammenhang zwischen Verdauung und Denken, aber auch wie beides mit dem Immunsystem zusammenhängt, erklären. Es ist Aufgabe der Anthroposophischen Medizin, diese Erkenntnisse in die Schulmedizin einfließen zu lassen. | |||
Steiners Forschungsergebnisse über die Metamorphose der inkarnierten in exkarnierte ätherische Kräfte besagen, dass wir unser Denken denselben ätherischen Kräften verdanken, die auch unseren Körper aufbauen, regenerieren und heilen – mit einem Unterschied: | |||
* Die ''inkarnierten ätherischen Kräfte'' in ihrer Funktion als Träger der Inkarnation, die zuständig sind für den Aufbau des Körpers, '''wirken''' '''ohne unser bewusstes Zutun'''. | |||
* Wir sind uns aber unseres Denkens, das wir den ''exkarnierten ätherischen Kräften'' verdanken, bewusst. Wenn wir denken, sind wir ganz wach, '''sind wir''' '''uns unserer selbst und unseres Gedankenlebens bewusst'''. | |||
Beim Studium der ''„Philosophie der Freiheit“''[2] studieren wir im Grunde unser Gedankenleben. Indem wir unsere Gedanken betrachten, schauen wir laut Steiner unseren Ätherleib an. | |||
Die ätherischen Kräfte in ihrer Funktion als Träger des Denkens sind aus dem Körper herausgetretene, also leibfrei gewordene, Ätherkräfte, die sich am Gehirn reflektieren und so unserem Denken dienen. Der Ausdruck „reflektieren“ ist geisteswissenschaftlich präzise und korrekt. Das Gehirn ist das Reflektionsorgan für ätherische Kräfte. | |||
Das Besondere an unserem ätherischen Organismus ist also, dass wir ihn zum Denken, aber auch zum Wachsen, Heilen und Regenerieren benützen. Die offene Lemniskate des Merkurstabes ist ein getreues Abbild der Wirkungsweise dieser Doppelnatur: Wenn auf der einen Seite etwas geschieht, passiert auf der anderen Seite das Gegenstück dazu. Alle Prozesse, die sich im unteren geschlossenen Bereich der Lemniskate (die dem körpergebundenen Ätherwirken entspricht) innen abspielen, strahlen jenseits des Nullpunkts im Bereich der nach oben hin offenen Lemniskate (die den leibfreien Ätherkräften des Denkens entspricht) nach außen. So arbeitet der Ätherleib – er kehrt an der Schwelle (des Bewusstseins) alles um. | |||
=== ''Immunität und Verdauung'' === | |||
Für die unbewussten Verdauungsprozesse gilt: Die Welt muss sterben, die Nahrung muss komplett zerstückelt werden, damit der Mensch am Leben bleibt. Wenn der physische Körper gut verdaut und unterscheiden kann, was er braucht und was nicht, arbeitet unser Immunsystem ausgezeichnet. Immunität resultiert aus der Fähigkeit des Körpers, alles zu transformieren und abzuweisen, was nicht dem eigenen biologischen System entspricht. Immunität ist Egoismus pur – allerdings nur im körperlichen Bereich. Immunität ist Ausdruck der Kraft der Identifikation mit sich selbst. | |||
Der physische Körper wird in dem Moment krank, in dem diese Selbstidentifikation gestört wird: Der Körper, der erfüllt sein sollte von gesundem Egoismus, wird selbstlos und damit offen für Einflüsse von außen, die ihn krank machen. | |||
* '''Immunität''' ist ''biologischer Egoismus.'' | |||
* '''Immunschwäche''' oder Krankheit ist ''biologischer Altruismus''. | |||
Eine Autoimmunreaktion tritt z.B. auf, wenn der Körper denkt, ''er selbst'' wäre etwas Fremdes und sich daraufhin selbst zerstört. Das ist ein Zeichen der Entfremdung seiner selbst. | |||
=== ''Fatale Auswirkungen der Umkehrung der Kräfte'' === | |||
Wenn wir den „Tötungsanspruch“ des Verdauungstraktes ins Denken übertragen, wendet er sich gemäß der Gesetzmäßigkeit der offenen Lemniskate nach außen. | |||
==== '''·''' Egozentriertes Denken führt zu weltoffener Verdauung ==== | |||
Das äußert sich dann so, dass wir meinen, dass alles um uns ruhig sterben kann, hauptsächlich wir überleben. Das Denken wird egozentriert anstatt, seine weltoffene Orientierung zu bewahren. | |||
Das kann eine lange Zeit gutgehen, weil der Ätherleib sehr stark ist. Wenn Menschen aber über mehrere Generationen selbstbezogene Gedanken hegen, hat diese egozentrierte, zerstückelnd-analytische Zerstörungswut des Ätherischen im bewussten Denken fatale Auswirkungen. Sie wirkt nicht nur im Sozialen destruktiv, sondern führt dazu, dass der Körper ein unbewusstes, weltorientiertes Stoffwechselleben entwickelt. | |||
==== '''·''' Eine schlechte Verdauung führt zu schwacher Immunität ==== | |||
Die Verdauung verliert ihre Kraft der Zerstückelung, sie funktioniert immer schlechter, weil die Stoffe nicht mehr genügend zerkleinert werden. Dazu kommt, dass Krankheitserreger nicht mehr abgewehrt, sondern mit „offenen Armen“ aufgenommen werden. Sie überschwemmen ungehindert den gesamten Organismus. | |||
Wenn der Mensch krank wird, gedeihen plötzlich jede Menge Bakterien und Keime im Organismus. Der Körper öffnet sich der Welt und wird ein Tummelplatz für Fremdprozesse und Parasiten, für Geschwülste, „kleine Bäume“ und „Pflanzen“. Wasser sammelt sich in den Beinen. Die Wärme isoliert sich und erzeugt Fieber. Der Mensch öffnet sich, wird sozial und selbstlos – im Äußeren. Der Körper verliert dadurch seine biologische Integrität und Identität, seinen gesunden biologischen Egoismus. | |||
Das ist ein Ausdruck von Immunschwäche, ein Nachlassen der Selbstregulation. Der Körper kann die nötigen Gleichgewichtszustände nicht mehr herstellen, er wird durch die selbstbezogene Geisteshaltung geschwächt. | |||
* Ein '''egozentrischer Geist''' stimuliert den biologischen Altruismus und ''schwächt das Immunsystem.'' | |||
* Eine '''weltorientierte Geisteshaltung''' fördert die Verdauung und ''stärkt damit die Immunität.'' Umgekehrt ermöglicht eine gesunde Verdauung eine gesunde altruistische Geisteshaltung. | |||
Das Schlimmste, was dem Menschen passieren kann, ist eine Umkehrung der ätherischen Kräfte, die durch geistige Egozentrik ausgelöst wird und die der materialistischen Denkart unserer Zeit entspricht. | |||
Wir sehen: Krankheitszustände sind immer Metamorphosen körperlicher Selbstlosigkeit. Sie sind zugleich aber eine unbewusste Initiation: In den Krankheitszuständen ahmen wir unbewusst auf körperlicher Ebene geistige Entwicklungsmöglichkeiten nach. Begreifen wir das, können wir die Wirkdynamik wieder in eine gesunde Richtung lenken. | |||
''Vgl. Vortrag „Die Gesetzmäßigkeiten des Merkurstabs“, 25.09.2007'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, Ita Wegman, ''Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst'', GA 27. | |||
[2] Rudolf Steiner, ''Die Philosophie der Freiheit,'' GA 4. | |||
== DENKEN, FÜHLEN, WOLLEN UND IMMUNSYSTEM == | |||
''Wie beeinflussen unser Denken, Fühlen und Wollen unser Immunsystem?'' | |||
''Inwiefern bedingen sie einander?'' | |||
''Inwiefern wirken Stoffwechsel und Denken polar?'' | |||
=== ''Einfluss des Denkens auf die Lebensprozesse'' === | |||
''„Leben und Denken bedingen einander“'' – so lautet das salutogenetische Paradigma der Anthroposophischen Medizin. Die ätherischen Kräfte, die unseren Körper aufbauen und die Seelenkräfte, mit denen wir denken, haben nicht nur ''irgendetwas'' miteinander zu tun. Auch in der konventionellen Medizin weiß man, dass ein positiv denkender Mensch ein gut funktionierendes Immunsystem aufweist. Man versteht aber nicht so richtig, warum das so ist. Diesen Zusammenhang möchte ich im Folgenden anhand der Forschungsergebnisse Rudolf Steiners näher darstellen. | |||
''Ita Wegman'' und Rudolf Steiner erklärten den Zusammenhang zwischen den körperbezogenen Prozessen und den daraus resultierenden leibfreien Kompetenzen in ihrem gemeinsamen Werk ''„Grundlegendes…“'' wie folgt:[1] ''„Es ist von der allergrößten Bedeutung zu wissen, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen die verfeinerten Gestaltungs- und Wachstumskräfte sind. Im Gestalten und Wachsen des menschlichen Organismus offenbart sich ein Geistiges. Denn dieses Geistige erscheint dann im Lebensverlaufe als die geistige Denkkraft.“'' | |||
=== ''Die Metamorphose der Wesensglieder'' === | |||
Doch nicht nur das Denken, auch das Fühlen und Wollen entspringen Kräften, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Entwicklung primär am und im Körper wirken, bis sie ihre Arbeit getan haben und ''„''entlassen''“'' werden können. Diese Kräftezusammenhänge sind unterschiedlicher Natur und folgen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die im Menschen wirksamen Gesetzeszusammenhänge nennt Rudolf Steiner auch Wesensglieder, die im Laufe der Entwicklung spezifische Aufgaben im menschlichen Organismus erfüllen. | |||
==== '''·''' Ätherleib und Denken ==== | |||
Wie oben schon erwähnt, liegen dieselben Kräfte, die ''Wachstum und Regeneration'' ermöglichen, auch unserem Denkvermögen zugrunde – zuerst leibgebunden, dann leibfrei geworden. Die Bildungs- und Gestaltungsfähigkeit des Ätherischen entspricht dem Element des '''Wassers''' als Träger des Lebens: Es ist inkompressibel, bildend und gestaltend. | |||
==== '''·''' Astralleib und Fühlen ==== | |||
Die Kräfte, die auf körperlicher Ebene für die ''Differenzierung und Polarisierung'' unserer Zellen und Funktionen zuständig sind, wie z.B. der Geschlechterdifferenzierung, sind dieselben wie diejenigen, die auf seelischer Ebene unserem Fühlen im Spannungsfeld von Sympathie und Antipathie zugrunde liegen: Im ersten Fall sind sie inkarniert, im anderen Fall exkarniert. Die Differenzierung ist eine Fähigkeit des Astralischen und entspricht dem Element der polarisierenden '''Luft'''; Luftdruck, unterschiedliche Grade der Verdünnung und der Kompression gibt es nur bei diesem Element. | |||
==== '''·''' Ich-Organisation und Wollen ==== | |||
Dank der ''Integrationskraft'' unserer Ich-Organisation bringen wir unseren Körper, unsere Seele und unseren Geist in Übereinstimmung miteinander – integrieren wir Geistiges im Physischen. Die integrative Kompetenz der Ich-Organisation entspricht dem Element der integrierenden '''Wärme'''. | |||
==== '''·''' Physischer Leib als Ort der Inkarnation ==== | |||
Der physische Leib ist der Raum, in dem die anderen Wesensglieder wirken, ist der Ort ihrer Inkarnation, von dem sie aber auch wieder entlassen werden, um uns als leibfreie Kompetenzen zur Verfügung zu stehen. Die ''Abgegrenztheit'' des Körpers, seine Fähigkeit sich von der Umgebung abzuheben, entspricht dem Element des '''Festen'''. | |||
=== ''Freiwerdende seelisch-geistige Kräfte'' === | |||
Die im heranreifenden Körper gehaltenen Kräfte aus den Wesensgliedern werden sukzessive frei, sobald das entsprechende System innerhalb der ersten drei Jahrsiebte bis spätestens zur Mündigkeit herangereift ist. Das heißt, sobald sie ihre Arbeit getan haben in Form von proliferierender, differenzierender und integrierender Körpertätigkeit, werden sie frei für die seelische Entwicklungsarbeit und stehen dem herangereiften Menschen als leibfreie seelisch-geistige Kompetenzen zur Verfügung. | |||
* Die Kräfte, die den Kopf und das '''Nerven-Sinnes-System''' gestalten, werden zuerst frei, schon innerhalb des 1. Jahrsiebtes und etwas danach. Das Kind hat schon mit neun Jahren seine volle Sinnes- und ''Denkkompetenz'' erreicht. | |||
* Die Kräfte, die das '''rhythmische System''' gestalten und dem ''Fühlen'' zugrunde liegen, brauchen dafür vierzehn bis sechzehn Jahre, werden also innerhalb des 2. Jahrsiebtes und etwas danach. | |||
* Die Kräfte, die für den '''Stoffwechsel und den Körperbau''' zuständig sind und die mit einem kompetenten authentischen ''Wollen'' zusammenhängen, werden zwischen dem 18. und 22. Lebensjahr leibfrei. | |||
Die Kräfte, die unseren Gedankenorganismus bilden, sind uns bewusst – ganz im Gegensatz zum unbewussten Wirken der Wesensglieder im Körper bei Wachstum, Regeneration und Stoffwechsel. Es handelt sich aber um dieselben Kräfte. | |||
=== ''Einfluss auf das Immunsystem bei Tag und bei Nacht'' === | |||
Mit diesem Schlüssel zum Verständnis wird klar: Stoffwechseltätigkeit ist Ausdruck von inkarniertem Geist: Ich-Organisation, Astralleib und Ätherleib wirken gemeinsam auf den Körper und die Substanzbildung im Menschen ein. | |||
Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Art, wie wir tagsüber gedacht, gefühlt und gehandelt haben, behindert oder fördert nachts im Schlaf die Regeneration unseres Organismus. Denn in der Nacht spalten wir uns nicht auf in ein bewusstes und ein unbewusstes Leben – alles, was nachts geschieht, entzieht sich unserem Bewusstsein. Beim Einschlafen begibt sich der Ätherleib ganz und gar hinein in unseren physischen Leib, um insbesondere an der Regeneration des Nervensystems zu arbeiten, während Astralleib und Ich-Organisation, denen wir unser Bewusstsein verdanken, das Nerven-Sinnes-System verlassen. Solange dieser Zustand währt, schlafen wir. | |||
Zu den erschütterndsten Ausführungen für uns Ärzte im ''„Pastoral-Medizinischer Kurs“'''[2]''''' gehört die hier sinngemäß wiedergegebene Aussage Rudolf Steiners: ''„Die meisten Menschen denken, sie schlafen sich gesund – die wenigsten wissen, dass sie sich auch oft krank schlafen.“'' Mit anderen Worten: Wir werden nachts physiologisch beeinflusst von unseren Irrtümern und unseren Problemen, von unserem nicht lebens- und wahrheitsgemäßen Denken, Fühlen und Wollen. | |||
=== ''Gesundheit bzw. Krankheit durch Stoffwechsel und Denken'' === | |||
Zuletzt seien noch folgende Zusammenhänge zwischen Stoffwechsel und Denken genannt, die unser Immunsystem zutiefst betreffen, indem sie sich entweder gesundend oder kränkend auswirken: | |||
==== '''·''' Gesund durch egozentrierten Stoffwechsel und weltoffenes Denken ==== | |||
Solange der ''körpergebundene Ätherleib'' auf uns nicht bewusste Weise über den Stoffwechsel unseren Leib aufbaut und dabei ganz immunsystemorientiert und auf unser biologisches Ego, auf unseren unverwechselbaren, individuellen, persönlichen Organismus, ausgerichtet arbeitet, bleiben wir gesund. | |||
Und solange der ''leibfreie Ätherleib'' in Form unseres bewussten Denkens entsprechend polar dazu arbeitet, arbeitet, hält uns das ebenfalls gesund. Das bedeutet, unser Denken sollte so weltoffen sein, dass man die eigenen persönlichen Standpunkte den kosmischen Gesetzmäßigkeiten wie selbstverständlich unterordnet. | |||
==== '''·''' Krank durch weltoffenen Stoffwechsel und egozentriertes Denken ==== | |||
Wird der ''körpergebundene Ätherleib'' in seinem Wirken über den Stoffwechsel dagegen zu weltoffen, dringen Stoffe in den Organismus ein, mit denen er nicht umgehen kann, wie es bei Allergien der Fall ist. Das macht uns krank. | |||
Und wird die ''leibfreie Ätherkompetenz'' unseres Denkens andererseits zu egozentriert und selbstbezogen eingesetzt, wirkt sich das ebenfalls schwächend auf unser Immunsystem aus. | |||
''Vgl. Vortrag „Schicksalswürde und spirituelles Begreifen der Demenz“, Dornach, 09.05. 2008'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, Ita Wegman, ''Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen,'' GA 27, Dornach 1991, S. 12-13. | |||
[2] Rudolf Steiner, ''Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pastoral-Medizinischer Kurs'', GA 318. | |||
== ABWEHRKRÄFTE ENTWICKELN == | |||
''Warum kann eine idealistische Lebenseinstellung sich so positiv auf die körpereigenen Abwehrkräfte auswirken?'' | |||
''Und umgekehrt, woher kommt es, dass Menschen, die an Trauer, Stress oder Unzufriedenheit leiden und dem Leben eher kritisch und skeptisch gegenüberstehen, über weniger Abwehrkräfte verfügen?'' | |||
=== ''Warum Idealismus das Immunsystem stärkt'' === | |||
Idealistische, engagiert-religiös gestimmte Menschen haben ein besseres Immunsystem, eine bessere körpereigene Abwehr, als verunsicherte, innerlich haltlose Menschen. Das ist zwar schon von jeher bekannt – auch in den Zeiten der großen Seuchen waren die Ängstlichen diejenigen, die leichter von der Krankheit dahingerafft wurden als die Mutigen. Inzwischen wurde dieses Phänomen jedoch auch in der psychosomatischen Medizin wissenschaftlich erforscht. Die Frage ist nur, inwiefern idealistisches Denken und körpereigene Abwehr konkret miteinander zusammenhängen. | |||
Jeder Mensch erlebt, dass er, wenn er sich begeistert, rote Backen und warme Füße hat, weil dann das Blut besser zirkuliert. Man weiß auch, dass eine Mutter ihre grippekranke Familie pflegen kann, ohne sich selbst anzustecken. | |||
''Wie lässt sich das erklären?'' | |||
Diese Frage wird weitgehend durch ein Forschungsergebnis Rudolf Steiners beantwortet, das er folgendermaßen formuliert: ''„Es ist von der allergrößten Bedeutung zu wissen, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen die verfeinerten Gestaltungs- und Wachstumskräfte sind.“'''[1]''''' Hier wird also gesagt, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen den Lebens-, Wachstums- und Regenerationskräften des Organismus entsprechen. | |||
Gedanken sind demnach nicht nur das in allen Erscheinungen Wirksame, sondern können auch – stoffbefreit – das Geistig-Wesenhafte im Menschen offenbaren. Der Mensch ist so gebaut, dass dasjenige, was naturgesetzlich und überhaupt gesetzlich in ihm wirkt, nicht nur in seinem körperlichen Funktionieren aufgeht, sondern dass er dieses in Form von Gedanken zur Verfügung hat, in dem Maße, wie das körperliche Wachstum zum Abschluss kommt. Dadurch kann er sich ein Leben lang geistig „wachstumsfähig“ d.h. lernfähig erhalten. | |||
=== ''Wichtige Unterschiede zwischen Mensch und Tier'' === | |||
Bei den Tieren ist das anders, weil hier die Wachstumskraft nahezu ganz in der körperlichen Verwirklichung aufgeht, nachdem sie geschlechtsreif geworden sind. Deshalb besitzen sie später nur noch wenig oder gar keine Lernfähigkeit mehr. Dafür kommt eine instinktgebundene Weisheitsfülle in ihrem Körper und in ihrem seelischen Verhalten in so vollkommener Weise zum Ausdruck, dass wir als Menschen nur bewundernd auf ihre immer vollendete Daseinsverwirklichung hinblicken können. Dies zeigt sich bis hin zu der letzten Schwanzfeder eines arktischen Vogels, der bei einer Temperatur von – 40° Celsius noch eine Körpertemperatur von + 40<sup>0</sup> aufrechterhalten kann und sein Leben sinnvoll eingebettet in den Naturzusammenhang verbringt. Er braucht nicht über seine Zukunftsentwicklung nachzudenken oder an seiner gegenwärtigen zu zweifeln. Bei den Tieren ist die Weisheit instinkt- und organgebunden und äußert sich in entsprechenden arteigenen Verhaltensweisen. | |||
Der Mensch hingegen verfügt über Hände, denen man nicht ansehen kann, ob sie im nächsten Augenblick einen Dolch erheben oder aber den Nebenmenschen liebevoll streicheln wollen. Er hat einen weitgehend ungeprägten, unspezialisierten Organismus. Nicht einmal im Erhalten seines körperlichen Gleichgewichtszustandes ist er stabil. Auch diesen muss er sich ständig durch eigene Aktivität erwerben und aufrechterhalten. Z.B., wenn die Konzentration nachlässt und wir müde sind, stolpern wir leichter und haben mehr Mühe, im Gleichgewicht zu bleiben. | |||
'''''Gedanken und Gefühle aufgrund von Überschusskräften''''' | |||
Als Ausgleich für diesen Mangel an leibgebundener Weisheit steht uns jedoch ein Überschuss an Seelen- und Geistesleben in Form handhabbarer Gefühle, Willensimpulse und Gedanken zur Verfügung – das erlaubt ein freies Spiel an Möglichkeiten. Der Mensch verfügt „zur Hälfte“ über eine naturgegebene Weisheit, weswegen wir zum Glück die Arbeit unseres Magens und unseres Darms nicht bewusst beaufsichtigen müssen. | |||
Auf der anderen Seite hat er jedoch ein etwa ebenso großes Potential an gedanklicher Betätigungsmöglichkeit zur freien Verfügung und bezahlt dies mit einem Körper, der weniger instinktsicher ist, dem angeborene, weisheitsvoll tätige Verhaltensmuster weitestgehend fehlen. Deswegen kann der Mensch aber auch seine Bewusstseinsentwicklung fortsetzen, nachdem die körperliche Entwicklung abgeschlossen ist. Er kann Idealen nachstreben, sich verwandeln, die Kultur verändern. | |||
Er kann aber auch krank werden, wenn er lange genug Dinge gedacht hat, die nicht mit der Harmonie seines im Körper verankerten Gesetzesgefüges übereinstimmen, das heißt, die nicht menschengemäß sind. Jede Lüge, jede Unwahrhaftigkeit widerspricht der weisheitsvollen Ordnung seines Organismus. Ein unklares Gedankenleben muss sich demnach auf die Dauer kränkend auf diesen auswirken. Ebenso kann man sich durch anhaltende Emotionen kränken. Zehrende Sorgen können „an die Nieren“ gehen, andere Probleme laden sich auf Leber oder Galle ab. Es ist immer wieder erstaunlich, wie groß der Einfluss des Gedanken- und Gefühlslebens auf die Regenerationskraft des Organismus – und damit auf das Immunsystem – ist. | |||
''Vgl. Kapitel „Zusammenhänge der menschlichen Denktätigkeit“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart'' | |||
----<sup>[1]</sup> R. Steiner, Ita Wegmann, ''Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen'', GA 27. |
Aktuelle Version vom 2. April 2025, 09:00 Uhr
Immunsystem und Immunisierung – von Michaela Glöckler
Auszüge aus Büchern und Vorträgen von Michaela Glöckler; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/
IMMUNSYSTEM UND MOTIVATION
Was können wir zur Stärkung unseres Immunsystems tun?
Was drücken Lachen und Weinen aus?
Heilende Motivation und Ich-Regsamkeit
Zunächst ein paar Anmerkungen, damit wir die gesundheitliche Seite besser verstehen. Jede Hausfrau und Mutter hat Folgendes schon erlebt: Wenn sie ihre Arbeit fröhlich und motiviert verrichtet, werden bei einer Grippewelle alle in ihrer Umgebung krank, sie selbst steckt sich aber nicht an – eine klassische Erfahrung. Im Urlaub oder wenn sie Zeit hat, wird sie auch mal krank, falls sie es braucht, aber wenn es darauf ankommt, bleibt sie gesund. Diese Erfahrung wurde inzwischen durch viele Studien bestätigt:
- Trauer, Stress, Angst und Schmerz schwächen das Immunsystem,
- Motivation, Freude, Zuversicht und Zufriedenheit stärken es.
Im Rahmen einer Studie wurden die Ehemänner von Frauen, bei denen Brustkrebs diagnostiziert worden war, untersucht. Man bemerkte bei ihnen sechs Wochen nach der Diagnosestellung einen signifikanten Anstieg an allen möglichen Infekten – Darmgrippen, Erkältungskrankheiten, Lungenentzündungen. Die untersuchten Männer erkrankten viel häufiger als die Ehemänner gesunder Frauen. Auslöser war die nahe Beziehung zum leidenden Ehepartner. Unter therapeutischer Begleitung wurde dann Trauerarbeit und Motivationsarbeit geleistet. Es wurden Perspektiven erarbeitet, z.B. wie sie ihren Frauen helfen könnten, was sie für sie tun könnten beim weiteren Verlauf der Krankheit. Das hat nach weiteren sechs Wochen einen Rückgang der Infekte bis hin zu einer weitgehenden Normalisierung bewirkt.
Wie Regeneration geschieht
Der Ätherleib kann den physischen Leib nur mithilfe der Stärke und Klarheit des Ich regenerieren. Die Ich-Kraft und die Regsamkeit des Astralleibs müssen sich in der richtigen Weise in den Aufbauprozess einschalten, um den Ätherleib bei der Erhaltung und Regeneration unseres physischen Leibes unterstützen zu können.
- Im Schmerz und im Leid erstarrt der Astralleib, verliert seine Wendigkeit und auch das wirkt sich auf den Ätherleib aus, auf die Bewegung, die der Astralleib mit dem Ätherleib macht.
- Lachen, Heiterkeit und Humor bewirken, dass der Astralleib sich entspannt, wieder regsam wird und sich förmlich in den physisch-ätherischen Organismus ergießt. Deshalb wird uns beim Lachen meist so richtig warm. Und wenn wir uns anschauen, worüber wir lachen, so erkennen wir oft ganz bestimmte Aufweck-Motive, die unserem Ich helfen, sich etwas bewusst zu machen.
Freude, Lachen, Heiterkeit und Lebenszuversicht wirken sich stärkend auf die Arbeit des Ätherleibs am physischen Leib aus.
Zwischen Lachen und Weinen
Lachen ist immer ein Ausdruck von Überschusskräften des Ich. Deswegen wirkt sich das Lachen inkarnierend aus, auch wenn es den Organismus lockert. Diese Lockerung wirkt sich nicht als Verlust an Bewusstsein aus, sondern verstärkt die Verbindung zur Welt. Das Ergebnis ist ein runderes, freudigeres In-mir-drin-Sein. Freude und Lachen sind Inkarnationshilfen. So gesehen ist verständlich, warum Kinder so gerne lachen: weil sie sich inkarnieren wollen. Deshalb muss man sie auch zum Lachen bringen.
- Wenn wir Überschusskräfte, „Oberwasser“, haben gegenüber der Welt, lachen wir.
- Wenn uns etwas zu sehr bedrückt, wenn ein Eindruck seitens der Welt zu stark ist und wir nicht dagegen ankommen, weinen wir.
Weinen und Schmerz verbindet uns mit uns selbst und wirft uns auf uns selbst zurück. Schmerz kann, wenn man sich darin verschließt und verhärtet, zur Exkarnation führen, zum Rückzug aus dem Leben, zur Trauer, zur Verzweiflung, zu einer Schwächung des Immunsystems, zu einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten.
Durch das Bedrückt-Sein und durch unsere Anstrengung damit umzugehen, bringen wir uns andererseits selbst auf den Weg der Entwicklung voran – ständig schwankend zwischen den Polen von Lachen und Weinen. Indem wir uns entwickeln, wird die Meisterschaft des Ich gegenüber den Einflüssen der Welt größer.
Vgl. Vortrag „Lachen und Gesundheit“, Dornach, 02.05.1997
HERZ UND IMMUNSYSTEM
Wie beeinflusst das Herz unser Immunsystem?
Gemeinsame Vorläuferzellen
Normalerweise assoziiert man das Herz nicht mit dem Immunsystem. Das Immunsystem entwickelt sich jedoch von Anfang an als integrierter Bestandteil des Blutes: Die Bildung von Blut, Blutgefäßen und Herz als Zentralorgan des Blutgefäßsystems sind von der frühen Embryonalentwicklung an eine Einheit. Sie haben gemeinsame Vorläuferzellen, die sogenannten Hämangioblasten, die sich bereits vor der Gastrulation am Ende der zweiten und zu Beginn der dritten Entwicklungswoche herausbilden. Von diesen Stammzellen für die Blutbildung stammen nicht nur die Zellen ab, die die Blutgefäße bilden – einschließlich der beiden Herzschläuche, aus denen das spätere Herzorgan hervorgeht – sondern auch die Blutzellen selbst:
- die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) für den Sauerstofftransport
- und die sogenannten weißen immunkompetenten Zellen (Leukozyten) zum Schutz des Organismus vor schädigenden Einflüssen
Interessanterweise beginnt die Blut- und Blutgefäßbildung nahezu zeitgleich in den sogenannten embryonalen Hüllen – dem Dottersack, der Allantois, dem Haftstiel und dem Chorion. Sobald sich zu Beginn der dritten Woche die ersten Blutgefäße auf dem Dottersack und der Allantois differenziert haben, beginnt auch die Blut- und Blutgefäßbildung im Embryo selbst. Allerorten entstehen kleine Blutinseln, aus denen sich bald Gefäßabschnitte und beweglich bleibende Blutzellen herausdifferenzieren und sich sukzessive zu größeren Gefäßabschnitten verbinden, in denen sich das Blut bewegt. Der erste Anstoß zur Bildung des Herz-Kreislaufsystems kommt also aus dem Bereich der embryonalen Hüllen, die sich der Embryo ausbildet, bevor er darin selbst zu wachsen beginnt.
Gleichzeitige Entwicklung von Zentrum und Umkreis
Das verweist auf einen entscheidenden Zusammenhang als Urgeste alles Lebendigen: Ohne ein adäquates Milieu, ohne einen Umkreis, aus dem man und für den man lebt, ist Leben nicht möglich. So ist es nicht verwunderlich, dass der Embryo zunächst sein Milieu ausbildet, bevor er darin selbst zu reifen beginnt. Dieses Zusammenspiel von Zentrum und Peripherie liegt der Bildung des Herz-Kreislaufsystems von Anfang an archetypisch zugrunde. Beides entwickelt sich gleichzeitig aufeinander zu, keines kann ohne das andere sein. Im Folgenden möchte ich die Entwicklung von Kreislauf und Immunsystem in ihrer Verschränkung etwas detaillierter aufzeigen:
· 1. Monat
Schon der früh entwickelte Dottersackkreislauf unterstützt sogleich die Ernährungs- und Atmungsfunktion des Embryos aufgrund sensibler Wahrnehmungs- und Rückkoppelungs-Prozesse, die den jeweiligen Bedarf an Nährstoffen und Sauerstoff feststellen.
Um den 21. Tag herum bekommt dann auch die primitive Herzanlage unterhalb des Kopfes des Embryos Anschluss an die Blutgefäße, die sich im Embryo gebildet haben, und beginnt zu schlagen.[1] Neueste Forschungen haben diese umfassende Wahrnehmungsfunktion der Blutgefäßgewebe (Endothelien) für das sich in der Folge entwickelnde Herz-Kreislaufsystem gezeigt.[2] Daher kann auch, wer sich den Bildeprozess von Herz und Kreislauf vor Augen führt, im Herzen keine Pumpe sehen, sondern versteht es vielmehr als ein koordinierendes und impulsierendes Zentrum einer ebenfalls aktiv pulsierenden und ihm zuarbeitenden Peripherie.
Schon bei einem 26 Tage alten Embryo und dem frühembryonalen Kreislauf führen die nährstoffreichen Blutgefäße vom Chorion (Vorläufer der späteren Placenta) durch den Haftstiel (der späteren Nabelschnur) in den Embryo und von dort in den venösen Gefäßen das sauerstoffärmere Blut mit den Abbauprodukten zurück zum Chorion.
Dabei liegt die erstaunliche Tatsache vor, dass alle später sehr spezialisierten Zellen des Blutes, der Blutgefäße mit ihrer glatten Muskulatur und dem Herzen selbst mit seiner spezialisierten Herzmuskelstruktur eine gemeinsame Vorläuferzellart haben: die kardiovaskuläre Vorläuferzelle Hämangioblast genannt. Alle blutbildenden und Blutgefäße bildenden Zellen stammen von dieser omnipotenten Mesodermzelle ab. Die mesodermalen Zellen bilden das sogenannte mittlere Keimblatt, das in der dritten Woche der Embryonalentwicklung zwischen dem äußeren Keimblatt (Ektoderm) und dem inneren Keimblatt (Entoderm) entsteht.
· Ab 2. Monat
Ab dem 2. Monat steigt der Blutbedarf kontinuierlich an. Nach dem Chorion, als wichtigstem Ort der Blutbildung in den ersten Wochen, erfolgt jetzt die intensive Blutbildungstätigkeit zuerst in der Leber, die in der neunten Woche 10 % des gesamten Körpergewichtes des Embryos ausmacht. Später folgen dann die Milz und zuletzt das Knochenmark als Orte der Blutbildung sowie die sich entwickelnden Lymphknoten, während die Leber ihre Blutbildungstätigkeit einstellt. All diese Organe sind fähig, Blutstammzellen zu bilden als Vorläufer der roten Blutkörperchen und die Fülle an differenzierten immun-kompetenten weißen Zellen. Das Lymphsystem hat in diesem Zusammenhang insofern eine Sonderstellung, als es sich erst ab der fünften Woche herauszubilden beginnt, ungefähr zwei Wochen später als das Blutgefäßsystem, da Vorläuferzellen auf diese Funktionen hinorientiert sind.[3]
Das Herz-Kreislaufsystem ist das erste funktionierende Organsystem des Embryos, in dem bereits Ende der dritten Woche die Zirkulation des Blutes einsetzt und das Herz zu schlagen beginnt. Es begleitet als Organsystem die gesamte Embryonalentwicklung und entwickelt sich bis zuletzt in Resonanz mit diesem Geschehen weiter.
· Ab der Geburt
Den Schlusspunkt erreicht dieser Prozess nach der Geburt, wenn der fetale Kreislauf beendet wird und der an die Lungen und die Außenluft angeschlossene definitive Kreislauf beginnt. Kein Organ kann sich während der embryonalen und fetalen Entwicklung bilden und weiter ausreifen, wenn nicht Blutgefäße dort einwandern, die Wachstumsprozesse stimulieren und die notwendigen Nährstoffe und den Abtransport von Abbauprodukten sicherstellen können.
Fazit:
Dabei erfüllen das Blut- und das Lymphsystem als „flüssige Organsysteme“ folgende Aufgaben:
- Die roten Blutkörperchen agieren zusammen mit den die Blutgefäße auskleidenden Zellen, den Gefäß-Endothelien, als „mobile Sensoren“, die den Sauerstoffbedarf nicht nur in den Lungen, sondern im gesamten Organismus wahrnehmen und dadurch auch die Sauerstoffversorgung der Gewebe bedarfsgerecht regeln können.
- Die roten Blutkörperchen dienen dem Sauerstofftransport und der Kohlendioxidaufnahme.
- Die Blutflüssigkeit garantiert den Transport und die Verteilung der Nährstoffe.
- Die sogenannten weißen Blutzellen (Lymphozyten/20 bis 50% und Leukozyten) stehen im Dienst der Abwehr von Viren, Bakterien und Schadstoffen. Sie dienen zusammen mit anderen Barrierefunktionen des Körpers, wie zum Beispiel der Haut, ganz generell dem Schutz vor schädlichen Einflüssen.
Vgl. M. Glöckler (Hrsg.), Th. Hardtmuth, Ch. Hueck, A. Neider (Hrsg.), H. Ramm, B. Ruf, „Corona und das Rätsel der Immunität. Ermutigende Gedanken, wissenschaftliche Einsichten und soziale Ideen zur Überwindung der Corona-Krise“, 2020 Akanthos Akademie e.V., Stuttgart
[1] Vgl. Keith L. Moore; Persaud, T.V.M.; Torchia, Mark G. (Hrsg.): Embryologie. Lehrbuch und Atlas der Entwicklungsgeschichte des Menschen. 3. Aufl. Schattauer, Stuttgart/New York 1990, S.69 ff.
[2]Vgl. Branko Furst: Autonomie der Blutbewegung. Ein neuer Blick auf Herz und Kreislauf. Salumed, Berlin 2020, (Titel der amerikanischen Originalausgabe: The Heart and Circulation. An integrative Model. Edition 2. Springer Nature, Berlin 2020) S. 42.
[3] Siehe ebenda, S.116/17.
KÖRPERLICHE, SEELISCHE UND GEISTIGE IMMUNISIERUNG
Wie hängen Lebensalter und Immunisierung zusammen?
Immunisierungsebenen und Altersabschnitte
- Körperliche Immunisierung
In der Zeit zwischen null und zwanzig, in der unser Körper sich entwickelt, bis er ausgewachsen ist, treten akute Infekte auf, je früher, desto öfter: Ein Erwachsener mit einer Mittelohrentzündung ist eine Seltenheit. Ein Kind mit einer Mittelohrentzündung ist etwas völlig Normales. In einem Winter vier bis fünf Male krank zu sein, ist für ein Vierjähriges normal – bei einem Erwachsenen ist das oft ein Hinweis auf schwere Erkrankungen. Im Erwachsenenalter sind Infekte oft hochproblematisch, ganz unabhängig davon, ob es sich um eine Kinderkrankheit oder nur um Husten, Schnupfen und Heiserkeit handelt. In der ersten Lebensspanne jedoch sind all diese Erkrankungen normal, weil die Immunisierung, der Aufbau des Immunsystems, zur körperlichen Entwicklung gehört. Das Immunsystem entwickelt sich nur in der Auseinandersetzung mit der Welt und mit Krankheitserregern – entweder still oder laut:
- „Laut“ bedeutet, das Kind bekommt Fieber und ist richtig krank.
- „Still“ bedeutet, es ist etwas angeschlagen, fühlt sich nach einer Weile aber wieder wohl – es hat den Infekt still durchgemacht. Das wird auch stille Feiung genannt.
Akute Infekte sind normal und erwünscht. Sie haben alle die Aufgabe, das Immunsystem zu stimulieren. Der Sinn der akuten Infekte in Kindheit und Jugend ist ganz offenkundig: Sie dienen der körperlichen Immunisierung und veranlagen Gesundheit für das ganze Leben. Übrigens zeigen auch viele Praxisversuche, dass Kinderkrankheiten die Krebsanfälligkeit im späteren Leben verringern. Das ist leicht einzusehen. Es bleiben diesbezüglich noch viele interessante Forschungsfelder für die Wissenschaft.
- Seelische Immunisierung
Die Haupterkrankungen im zweiten Lebensviertel, zwischen 20 und 40, sind keine akuten Infekte mehr. Menschen, die sich eine körperlich-immunologische „Grundausstattung“ erworben haben, egal ob zu 80% oder zu 100%, werden normalerweise zwischen 20 und 40 nicht mehr krank. Viele haben höchstens einen Schnupfen, den sie aber kaum bemerken.
Aber alle haben psychosomatische Probleme oder Schwierigkeiten am Arbeitsplatz bzw. im Privatleben und/oder vegetative Dystonien unterschiedlichster Art: Herzstiche, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme, Schlafstörungen. Es gibt keinen Menschen, der in dieser Zeit keine seelischen Probleme hätte. Diese Probleme müssen ihn nicht unbedingt zum Arzt oder in Therapie bringen, dennoch wird er ziemlich damit ringen müssen. Sie dienen der seelischen Immunisierung, indem sie den Betreffenden „zwingen“, seelisch an sich zu arbeiten, eine höhere Stresstoleranz und mehr Verständnis zu entwickeln, sich besser wehren zu lernen, usw. Jeder muss sich in diesem Zeitraum eine dicke Haut erwerben, muss lernen, selbst zu bestimmen, was er sich „unter die Haut gehen“ lässt und was daran abprallen soll. Was der Körper zu unterscheiden lernen musste, muss nun auch die Seele erlernen:
Was lasse ich an mich heran, was weise ich ab?
Wo ziehe ich im Seelischen die Grenze zwischen dem Innen und Außen?
In Schwaben haben wir ein schönes Wort: „Mit 40 wird der Schwabe erst gescheit...“.
Rudolf Steiner sagte, vor dem 42. Lebensjahr wäre man im Sozialen nicht voll kompetent, egal wie klug jemand wäre, und sollte nicht öffentlich als esoterischer Lehrer auftreten. Es würde noch etwas zur seelischen Reifung fehlen, die seelische Immunisierung wäre noch nicht abgeschlossen. Das sind biografisch-evolutionäre Gesetzmäßigkeiten. Die Seele, Empfindungs-, Verstandes- und Bewusstseinsseele, braucht Zeit sich zu entwickeln. Das Ich lernt durch diese Zustände hindurch, sich schrittweise in der eigenen Seele zu beheimaten und sich bewusstseinsmäßig der Welt gegenüber zu behaupten. Dadurch erlangt der Mensch seelische Stabilität.
- Geistige Immunisierung
Für das letzte Lebensdrittel sind chronische Erkrankungen typisch: Diabetes Typ 2, Rheuma, das nicht allzu stark auftritt, Verschleißerscheinungen an den Bandscheiben, Gelenksarthrosen, Gallen- und Magen-Darm-Probleme, Herz-Kreislauf-Probleme. Die verschiedenen Systeme funktionieren nicht mehr so ganz – und sei es nur, dass man eine Brille braucht, weil die Augen nicht mehr so mitmachen. Die Beschwerden sind anfangs aber noch gut mit dem Leben vereinbar. Das Ausmaß dieser Störungen kann individuell sehr unterschiedlich sein, doch jeder wird damit konfrontiert, keiner bleibt verschont. Mit dem Auftreten einer chronischen Krankheit weiß man plötzlich, dass es nie mehr „gut“ wird, dass man nie mehr ganz gesund wird. Man fragt sich:
Was geschieht, wenn sich alles noch mehr verschlechtert, was kommt danach?
Der Sinn dieser Funktionsstörungen und Erkrankungen, die jeden mehr oder weniger betreffen, liegt offen zutage: Der Mensch muss sich mit der Vergänglichkeit seines Körpers auseinandersetzen. Dadurch macht er sich mit dem Gedanken an den Tod, an die völlige Zerstörung des Körpers, vertraut. Chronische Krankheiten entsprechen den „Boten des Todes“ aus dem Märchen der Brüder Grimm, die jeder mehr oder weniger stark am eigenen Leib erlebt. Dabei geht es um geistige Immunisierung: Der Geist lernt in der Auseinandersetzung mit chronischen Krankheiten, sich in seiner Unabhängigkeit von Leib und Seele, in seiner eigenen Identität, zu erfassen.
Vgl. Vortrag „Kinderkrankheiten angstfrei behandeln“, Filderstadt, Impfkongress 2009
VERDAUUNG UND IMMUNSYSTEM
Welchen Einfluss hat die Verdauung auf das Immunsystem?
Wie hängen Verdauung und Denken zusammen?
Was geschieht, wenn unser Denken die gesunde Wirkungsweise des Ätherischen im Körper nachahmt?
Welche Auswirkungen hat es, wenn sich das Denken nur um das liebe Ego kümmert, also nur um sich selbst kreist?
Die Doppelnatur des Ätherischen
Unser ätherischer Organismus hat eine Doppelnatur, die Rudolf Steiner über Jahrzehnte erforscht hat.[1] Mit diesem Forschungsergebnis stellte er die Pädagogik und die Medizin auf eine vollkommen neue Grundlage. Auf dieser Basis lassen sich der unmittelbare Zusammenhang zwischen Verdauung und Denken, aber auch wie beides mit dem Immunsystem zusammenhängt, erklären. Es ist Aufgabe der Anthroposophischen Medizin, diese Erkenntnisse in die Schulmedizin einfließen zu lassen.
Steiners Forschungsergebnisse über die Metamorphose der inkarnierten in exkarnierte ätherische Kräfte besagen, dass wir unser Denken denselben ätherischen Kräften verdanken, die auch unseren Körper aufbauen, regenerieren und heilen – mit einem Unterschied:
- Die inkarnierten ätherischen Kräfte in ihrer Funktion als Träger der Inkarnation, die zuständig sind für den Aufbau des Körpers, wirken ohne unser bewusstes Zutun.
- Wir sind uns aber unseres Denkens, das wir den exkarnierten ätherischen Kräften verdanken, bewusst. Wenn wir denken, sind wir ganz wach, sind wir uns unserer selbst und unseres Gedankenlebens bewusst.
Beim Studium der „Philosophie der Freiheit“[2] studieren wir im Grunde unser Gedankenleben. Indem wir unsere Gedanken betrachten, schauen wir laut Steiner unseren Ätherleib an.
Die ätherischen Kräfte in ihrer Funktion als Träger des Denkens sind aus dem Körper herausgetretene, also leibfrei gewordene, Ätherkräfte, die sich am Gehirn reflektieren und so unserem Denken dienen. Der Ausdruck „reflektieren“ ist geisteswissenschaftlich präzise und korrekt. Das Gehirn ist das Reflektionsorgan für ätherische Kräfte.
Das Besondere an unserem ätherischen Organismus ist also, dass wir ihn zum Denken, aber auch zum Wachsen, Heilen und Regenerieren benützen. Die offene Lemniskate des Merkurstabes ist ein getreues Abbild der Wirkungsweise dieser Doppelnatur: Wenn auf der einen Seite etwas geschieht, passiert auf der anderen Seite das Gegenstück dazu. Alle Prozesse, die sich im unteren geschlossenen Bereich der Lemniskate (die dem körpergebundenen Ätherwirken entspricht) innen abspielen, strahlen jenseits des Nullpunkts im Bereich der nach oben hin offenen Lemniskate (die den leibfreien Ätherkräften des Denkens entspricht) nach außen. So arbeitet der Ätherleib – er kehrt an der Schwelle (des Bewusstseins) alles um.
Immunität und Verdauung
Für die unbewussten Verdauungsprozesse gilt: Die Welt muss sterben, die Nahrung muss komplett zerstückelt werden, damit der Mensch am Leben bleibt. Wenn der physische Körper gut verdaut und unterscheiden kann, was er braucht und was nicht, arbeitet unser Immunsystem ausgezeichnet. Immunität resultiert aus der Fähigkeit des Körpers, alles zu transformieren und abzuweisen, was nicht dem eigenen biologischen System entspricht. Immunität ist Egoismus pur – allerdings nur im körperlichen Bereich. Immunität ist Ausdruck der Kraft der Identifikation mit sich selbst.
Der physische Körper wird in dem Moment krank, in dem diese Selbstidentifikation gestört wird: Der Körper, der erfüllt sein sollte von gesundem Egoismus, wird selbstlos und damit offen für Einflüsse von außen, die ihn krank machen.
- Immunität ist biologischer Egoismus.
- Immunschwäche oder Krankheit ist biologischer Altruismus.
Eine Autoimmunreaktion tritt z.B. auf, wenn der Körper denkt, er selbst wäre etwas Fremdes und sich daraufhin selbst zerstört. Das ist ein Zeichen der Entfremdung seiner selbst.
Fatale Auswirkungen der Umkehrung der Kräfte
Wenn wir den „Tötungsanspruch“ des Verdauungstraktes ins Denken übertragen, wendet er sich gemäß der Gesetzmäßigkeit der offenen Lemniskate nach außen.
· Egozentriertes Denken führt zu weltoffener Verdauung
Das äußert sich dann so, dass wir meinen, dass alles um uns ruhig sterben kann, hauptsächlich wir überleben. Das Denken wird egozentriert anstatt, seine weltoffene Orientierung zu bewahren.
Das kann eine lange Zeit gutgehen, weil der Ätherleib sehr stark ist. Wenn Menschen aber über mehrere Generationen selbstbezogene Gedanken hegen, hat diese egozentrierte, zerstückelnd-analytische Zerstörungswut des Ätherischen im bewussten Denken fatale Auswirkungen. Sie wirkt nicht nur im Sozialen destruktiv, sondern führt dazu, dass der Körper ein unbewusstes, weltorientiertes Stoffwechselleben entwickelt.
· Eine schlechte Verdauung führt zu schwacher Immunität
Die Verdauung verliert ihre Kraft der Zerstückelung, sie funktioniert immer schlechter, weil die Stoffe nicht mehr genügend zerkleinert werden. Dazu kommt, dass Krankheitserreger nicht mehr abgewehrt, sondern mit „offenen Armen“ aufgenommen werden. Sie überschwemmen ungehindert den gesamten Organismus.
Wenn der Mensch krank wird, gedeihen plötzlich jede Menge Bakterien und Keime im Organismus. Der Körper öffnet sich der Welt und wird ein Tummelplatz für Fremdprozesse und Parasiten, für Geschwülste, „kleine Bäume“ und „Pflanzen“. Wasser sammelt sich in den Beinen. Die Wärme isoliert sich und erzeugt Fieber. Der Mensch öffnet sich, wird sozial und selbstlos – im Äußeren. Der Körper verliert dadurch seine biologische Integrität und Identität, seinen gesunden biologischen Egoismus.
Das ist ein Ausdruck von Immunschwäche, ein Nachlassen der Selbstregulation. Der Körper kann die nötigen Gleichgewichtszustände nicht mehr herstellen, er wird durch die selbstbezogene Geisteshaltung geschwächt.
- Ein egozentrischer Geist stimuliert den biologischen Altruismus und schwächt das Immunsystem.
- Eine weltorientierte Geisteshaltung fördert die Verdauung und stärkt damit die Immunität. Umgekehrt ermöglicht eine gesunde Verdauung eine gesunde altruistische Geisteshaltung.
Das Schlimmste, was dem Menschen passieren kann, ist eine Umkehrung der ätherischen Kräfte, die durch geistige Egozentrik ausgelöst wird und die der materialistischen Denkart unserer Zeit entspricht.
Wir sehen: Krankheitszustände sind immer Metamorphosen körperlicher Selbstlosigkeit. Sie sind zugleich aber eine unbewusste Initiation: In den Krankheitszuständen ahmen wir unbewusst auf körperlicher Ebene geistige Entwicklungsmöglichkeiten nach. Begreifen wir das, können wir die Wirkdynamik wieder in eine gesunde Richtung lenken.
Vgl. Vortrag „Die Gesetzmäßigkeiten des Merkurstabs“, 25.09.2007
[1] Rudolf Steiner, Ita Wegman, Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst, GA 27.
[2] Rudolf Steiner, Die Philosophie der Freiheit, GA 4.
DENKEN, FÜHLEN, WOLLEN UND IMMUNSYSTEM
Wie beeinflussen unser Denken, Fühlen und Wollen unser Immunsystem?
Inwiefern bedingen sie einander?
Inwiefern wirken Stoffwechsel und Denken polar?
Einfluss des Denkens auf die Lebensprozesse
„Leben und Denken bedingen einander“ – so lautet das salutogenetische Paradigma der Anthroposophischen Medizin. Die ätherischen Kräfte, die unseren Körper aufbauen und die Seelenkräfte, mit denen wir denken, haben nicht nur irgendetwas miteinander zu tun. Auch in der konventionellen Medizin weiß man, dass ein positiv denkender Mensch ein gut funktionierendes Immunsystem aufweist. Man versteht aber nicht so richtig, warum das so ist. Diesen Zusammenhang möchte ich im Folgenden anhand der Forschungsergebnisse Rudolf Steiners näher darstellen.
Ita Wegman und Rudolf Steiner erklärten den Zusammenhang zwischen den körperbezogenen Prozessen und den daraus resultierenden leibfreien Kompetenzen in ihrem gemeinsamen Werk „Grundlegendes…“ wie folgt:[1] „Es ist von der allergrößten Bedeutung zu wissen, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen die verfeinerten Gestaltungs- und Wachstumskräfte sind. Im Gestalten und Wachsen des menschlichen Organismus offenbart sich ein Geistiges. Denn dieses Geistige erscheint dann im Lebensverlaufe als die geistige Denkkraft.“
Die Metamorphose der Wesensglieder
Doch nicht nur das Denken, auch das Fühlen und Wollen entspringen Kräften, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Entwicklung primär am und im Körper wirken, bis sie ihre Arbeit getan haben und „entlassen“ werden können. Diese Kräftezusammenhänge sind unterschiedlicher Natur und folgen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die im Menschen wirksamen Gesetzeszusammenhänge nennt Rudolf Steiner auch Wesensglieder, die im Laufe der Entwicklung spezifische Aufgaben im menschlichen Organismus erfüllen.
· Ätherleib und Denken
Wie oben schon erwähnt, liegen dieselben Kräfte, die Wachstum und Regeneration ermöglichen, auch unserem Denkvermögen zugrunde – zuerst leibgebunden, dann leibfrei geworden. Die Bildungs- und Gestaltungsfähigkeit des Ätherischen entspricht dem Element des Wassers als Träger des Lebens: Es ist inkompressibel, bildend und gestaltend.
· Astralleib und Fühlen
Die Kräfte, die auf körperlicher Ebene für die Differenzierung und Polarisierung unserer Zellen und Funktionen zuständig sind, wie z.B. der Geschlechterdifferenzierung, sind dieselben wie diejenigen, die auf seelischer Ebene unserem Fühlen im Spannungsfeld von Sympathie und Antipathie zugrunde liegen: Im ersten Fall sind sie inkarniert, im anderen Fall exkarniert. Die Differenzierung ist eine Fähigkeit des Astralischen und entspricht dem Element der polarisierenden Luft; Luftdruck, unterschiedliche Grade der Verdünnung und der Kompression gibt es nur bei diesem Element.
· Ich-Organisation und Wollen
Dank der Integrationskraft unserer Ich-Organisation bringen wir unseren Körper, unsere Seele und unseren Geist in Übereinstimmung miteinander – integrieren wir Geistiges im Physischen. Die integrative Kompetenz der Ich-Organisation entspricht dem Element der integrierenden Wärme.
· Physischer Leib als Ort der Inkarnation
Der physische Leib ist der Raum, in dem die anderen Wesensglieder wirken, ist der Ort ihrer Inkarnation, von dem sie aber auch wieder entlassen werden, um uns als leibfreie Kompetenzen zur Verfügung zu stehen. Die Abgegrenztheit des Körpers, seine Fähigkeit sich von der Umgebung abzuheben, entspricht dem Element des Festen.
Freiwerdende seelisch-geistige Kräfte
Die im heranreifenden Körper gehaltenen Kräfte aus den Wesensgliedern werden sukzessive frei, sobald das entsprechende System innerhalb der ersten drei Jahrsiebte bis spätestens zur Mündigkeit herangereift ist. Das heißt, sobald sie ihre Arbeit getan haben in Form von proliferierender, differenzierender und integrierender Körpertätigkeit, werden sie frei für die seelische Entwicklungsarbeit und stehen dem herangereiften Menschen als leibfreie seelisch-geistige Kompetenzen zur Verfügung.
- Die Kräfte, die den Kopf und das Nerven-Sinnes-System gestalten, werden zuerst frei, schon innerhalb des 1. Jahrsiebtes und etwas danach. Das Kind hat schon mit neun Jahren seine volle Sinnes- und Denkkompetenz erreicht.
- Die Kräfte, die das rhythmische System gestalten und dem Fühlen zugrunde liegen, brauchen dafür vierzehn bis sechzehn Jahre, werden also innerhalb des 2. Jahrsiebtes und etwas danach.
- Die Kräfte, die für den Stoffwechsel und den Körperbau zuständig sind und die mit einem kompetenten authentischen Wollen zusammenhängen, werden zwischen dem 18. und 22. Lebensjahr leibfrei.
Die Kräfte, die unseren Gedankenorganismus bilden, sind uns bewusst – ganz im Gegensatz zum unbewussten Wirken der Wesensglieder im Körper bei Wachstum, Regeneration und Stoffwechsel. Es handelt sich aber um dieselben Kräfte.
Einfluss auf das Immunsystem bei Tag und bei Nacht
Mit diesem Schlüssel zum Verständnis wird klar: Stoffwechseltätigkeit ist Ausdruck von inkarniertem Geist: Ich-Organisation, Astralleib und Ätherleib wirken gemeinsam auf den Körper und die Substanzbildung im Menschen ein.
Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Art, wie wir tagsüber gedacht, gefühlt und gehandelt haben, behindert oder fördert nachts im Schlaf die Regeneration unseres Organismus. Denn in der Nacht spalten wir uns nicht auf in ein bewusstes und ein unbewusstes Leben – alles, was nachts geschieht, entzieht sich unserem Bewusstsein. Beim Einschlafen begibt sich der Ätherleib ganz und gar hinein in unseren physischen Leib, um insbesondere an der Regeneration des Nervensystems zu arbeiten, während Astralleib und Ich-Organisation, denen wir unser Bewusstsein verdanken, das Nerven-Sinnes-System verlassen. Solange dieser Zustand währt, schlafen wir.
Zu den erschütterndsten Ausführungen für uns Ärzte im „Pastoral-Medizinischer Kurs“[2] gehört die hier sinngemäß wiedergegebene Aussage Rudolf Steiners: „Die meisten Menschen denken, sie schlafen sich gesund – die wenigsten wissen, dass sie sich auch oft krank schlafen.“ Mit anderen Worten: Wir werden nachts physiologisch beeinflusst von unseren Irrtümern und unseren Problemen, von unserem nicht lebens- und wahrheitsgemäßen Denken, Fühlen und Wollen.
Gesundheit bzw. Krankheit durch Stoffwechsel und Denken
Zuletzt seien noch folgende Zusammenhänge zwischen Stoffwechsel und Denken genannt, die unser Immunsystem zutiefst betreffen, indem sie sich entweder gesundend oder kränkend auswirken:
· Gesund durch egozentrierten Stoffwechsel und weltoffenes Denken
Solange der körpergebundene Ätherleib auf uns nicht bewusste Weise über den Stoffwechsel unseren Leib aufbaut und dabei ganz immunsystemorientiert und auf unser biologisches Ego, auf unseren unverwechselbaren, individuellen, persönlichen Organismus, ausgerichtet arbeitet, bleiben wir gesund.
Und solange der leibfreie Ätherleib in Form unseres bewussten Denkens entsprechend polar dazu arbeitet, arbeitet, hält uns das ebenfalls gesund. Das bedeutet, unser Denken sollte so weltoffen sein, dass man die eigenen persönlichen Standpunkte den kosmischen Gesetzmäßigkeiten wie selbstverständlich unterordnet.
· Krank durch weltoffenen Stoffwechsel und egozentriertes Denken
Wird der körpergebundene Ätherleib in seinem Wirken über den Stoffwechsel dagegen zu weltoffen, dringen Stoffe in den Organismus ein, mit denen er nicht umgehen kann, wie es bei Allergien der Fall ist. Das macht uns krank.
Und wird die leibfreie Ätherkompetenz unseres Denkens andererseits zu egozentriert und selbstbezogen eingesetzt, wirkt sich das ebenfalls schwächend auf unser Immunsystem aus.
Vgl. Vortrag „Schicksalswürde und spirituelles Begreifen der Demenz“, Dornach, 09.05. 2008
[1] Rudolf Steiner, Ita Wegman, Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, GA 27, Dornach 1991, S. 12-13.
[2] Rudolf Steiner, Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pastoral-Medizinischer Kurs, GA 318.
ABWEHRKRÄFTE ENTWICKELN
Warum kann eine idealistische Lebenseinstellung sich so positiv auf die körpereigenen Abwehrkräfte auswirken?
Und umgekehrt, woher kommt es, dass Menschen, die an Trauer, Stress oder Unzufriedenheit leiden und dem Leben eher kritisch und skeptisch gegenüberstehen, über weniger Abwehrkräfte verfügen?
Warum Idealismus das Immunsystem stärkt
Idealistische, engagiert-religiös gestimmte Menschen haben ein besseres Immunsystem, eine bessere körpereigene Abwehr, als verunsicherte, innerlich haltlose Menschen. Das ist zwar schon von jeher bekannt – auch in den Zeiten der großen Seuchen waren die Ängstlichen diejenigen, die leichter von der Krankheit dahingerafft wurden als die Mutigen. Inzwischen wurde dieses Phänomen jedoch auch in der psychosomatischen Medizin wissenschaftlich erforscht. Die Frage ist nur, inwiefern idealistisches Denken und körpereigene Abwehr konkret miteinander zusammenhängen.
Jeder Mensch erlebt, dass er, wenn er sich begeistert, rote Backen und warme Füße hat, weil dann das Blut besser zirkuliert. Man weiß auch, dass eine Mutter ihre grippekranke Familie pflegen kann, ohne sich selbst anzustecken.
Wie lässt sich das erklären?
Diese Frage wird weitgehend durch ein Forschungsergebnis Rudolf Steiners beantwortet, das er folgendermaßen formuliert: „Es ist von der allergrößten Bedeutung zu wissen, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen die verfeinerten Gestaltungs- und Wachstumskräfte sind.“[1] Hier wird also gesagt, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen den Lebens-, Wachstums- und Regenerationskräften des Organismus entsprechen.
Gedanken sind demnach nicht nur das in allen Erscheinungen Wirksame, sondern können auch – stoffbefreit – das Geistig-Wesenhafte im Menschen offenbaren. Der Mensch ist so gebaut, dass dasjenige, was naturgesetzlich und überhaupt gesetzlich in ihm wirkt, nicht nur in seinem körperlichen Funktionieren aufgeht, sondern dass er dieses in Form von Gedanken zur Verfügung hat, in dem Maße, wie das körperliche Wachstum zum Abschluss kommt. Dadurch kann er sich ein Leben lang geistig „wachstumsfähig“ d.h. lernfähig erhalten.
Wichtige Unterschiede zwischen Mensch und Tier
Bei den Tieren ist das anders, weil hier die Wachstumskraft nahezu ganz in der körperlichen Verwirklichung aufgeht, nachdem sie geschlechtsreif geworden sind. Deshalb besitzen sie später nur noch wenig oder gar keine Lernfähigkeit mehr. Dafür kommt eine instinktgebundene Weisheitsfülle in ihrem Körper und in ihrem seelischen Verhalten in so vollkommener Weise zum Ausdruck, dass wir als Menschen nur bewundernd auf ihre immer vollendete Daseinsverwirklichung hinblicken können. Dies zeigt sich bis hin zu der letzten Schwanzfeder eines arktischen Vogels, der bei einer Temperatur von – 40° Celsius noch eine Körpertemperatur von + 400 aufrechterhalten kann und sein Leben sinnvoll eingebettet in den Naturzusammenhang verbringt. Er braucht nicht über seine Zukunftsentwicklung nachzudenken oder an seiner gegenwärtigen zu zweifeln. Bei den Tieren ist die Weisheit instinkt- und organgebunden und äußert sich in entsprechenden arteigenen Verhaltensweisen.
Der Mensch hingegen verfügt über Hände, denen man nicht ansehen kann, ob sie im nächsten Augenblick einen Dolch erheben oder aber den Nebenmenschen liebevoll streicheln wollen. Er hat einen weitgehend ungeprägten, unspezialisierten Organismus. Nicht einmal im Erhalten seines körperlichen Gleichgewichtszustandes ist er stabil. Auch diesen muss er sich ständig durch eigene Aktivität erwerben und aufrechterhalten. Z.B., wenn die Konzentration nachlässt und wir müde sind, stolpern wir leichter und haben mehr Mühe, im Gleichgewicht zu bleiben.
Gedanken und Gefühle aufgrund von Überschusskräften
Als Ausgleich für diesen Mangel an leibgebundener Weisheit steht uns jedoch ein Überschuss an Seelen- und Geistesleben in Form handhabbarer Gefühle, Willensimpulse und Gedanken zur Verfügung – das erlaubt ein freies Spiel an Möglichkeiten. Der Mensch verfügt „zur Hälfte“ über eine naturgegebene Weisheit, weswegen wir zum Glück die Arbeit unseres Magens und unseres Darms nicht bewusst beaufsichtigen müssen.
Auf der anderen Seite hat er jedoch ein etwa ebenso großes Potential an gedanklicher Betätigungsmöglichkeit zur freien Verfügung und bezahlt dies mit einem Körper, der weniger instinktsicher ist, dem angeborene, weisheitsvoll tätige Verhaltensmuster weitestgehend fehlen. Deswegen kann der Mensch aber auch seine Bewusstseinsentwicklung fortsetzen, nachdem die körperliche Entwicklung abgeschlossen ist. Er kann Idealen nachstreben, sich verwandeln, die Kultur verändern.
Er kann aber auch krank werden, wenn er lange genug Dinge gedacht hat, die nicht mit der Harmonie seines im Körper verankerten Gesetzesgefüges übereinstimmen, das heißt, die nicht menschengemäß sind. Jede Lüge, jede Unwahrhaftigkeit widerspricht der weisheitsvollen Ordnung seines Organismus. Ein unklares Gedankenleben muss sich demnach auf die Dauer kränkend auf diesen auswirken. Ebenso kann man sich durch anhaltende Emotionen kränken. Zehrende Sorgen können „an die Nieren“ gehen, andere Probleme laden sich auf Leber oder Galle ab. Es ist immer wieder erstaunlich, wie groß der Einfluss des Gedanken- und Gefühlslebens auf die Regenerationskraft des Organismus – und damit auf das Immunsystem – ist.
Vgl. Kapitel „Zusammenhänge der menschlichen Denktätigkeit“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart
[1] R. Steiner, Ita Wegmann, Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, GA 27.