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Apokalypse: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Geistesforschung
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Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/
Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/


== '''DIE APOKALYPSE ALS ENTFALTUNGSGESCHICHTE EINER NEUEN WELT''' ==
== DIE APOKALYPSE ALS ENTFALTUNGSGESCHICHTE EINER NEUEN WELT ==
''Welche Entwicklung wird in der Apokalypse thematisiert?''
''Welche Entwicklung wird in der Apokalypse thematisiert?''


''Inwiefern sind Liebe und Freiheit Ausdruck von etwas Zukünftigem?''
''Inwiefern sind Liebe und Freiheit Ausdruck von etwas Zukünftigem?''


=== '''''Apokalypse zwischen altem und neuem Gesetz''''' ===
=== ''Apokalypse zwischen altem und neuem Gesetz'' ===
Die ganze Apokalypse spielt zwischen einer Welt, die einerseits von Gesetzen und Geboten, von Unfreiheit und Fehlern, von Strafe und Gesetzesübertretung zutiefst gezeichnet ist. Andererseits spricht sie von einer neuen, zukünftigen Welt. Auch im Johannes-Evangelium wird viel vom alten Gesetz gesprochen, aber auch von einem neuen Gesetz. Ein Gesetz ist im Grunde nur eine allgemeingültige verbindliche Verabredung, die das Zusammenleben der Menschen regeln soll.
Die ganze Apokalypse spielt zwischen einer Welt, die einerseits von Gesetzen und Geboten, von Unfreiheit und Fehlern, von Strafe und Gesetzesübertretung zutiefst gezeichnet ist. Andererseits spricht sie von einer neuen, zukünftigen Welt. Auch im Johannes-Evangelium wird viel vom alten Gesetz gesprochen, aber auch von einem neuen Gesetz. Ein Gesetz ist im Grunde nur eine allgemeingültige verbindliche Verabredung, die das Zusammenleben der Menschen regeln soll.


Zeile 17: Zeile 17:
Man erlebt schon als Kind und als Jugendlicher ein solches Ausmaß an Freiheits- und Machtmissbrauch, dass man sich bereits befreit fühlt, wenn man liest: ''„...die Wahrheit wird euch frei machen“.'''[1]'''''
Man erlebt schon als Kind und als Jugendlicher ein solches Ausmaß an Freiheits- und Machtmissbrauch, dass man sich bereits befreit fühlt, wenn man liest: ''„...die Wahrheit wird euch frei machen“.'''[1]'''''


=== '''''Wahre Freiheit entwickeln''''' ===
=== ''Wahre Freiheit entwickeln'' ===
Die Freiheit, von der man heute redet, die man in Anspruch nimmt, mit der man im Alltag umgeht, bezieht sich meist auf etwas Vorläufiges. Das ist noch nicht die Freiheit, die der Mensch entwickeln kann, wenn er ernsthaft nach Wahrheit und nach Ehrlichkeit strebt. Durch das Streben bekommt die Freiheit erst ihren sicheren Grund, dadurch entwickelt der Mensch erst das Verständnis für wahre Freiheit.
Die Freiheit, von der man heute redet, die man in Anspruch nimmt, mit der man im Alltag umgeht, bezieht sich meist auf etwas Vorläufiges. Das ist noch nicht die Freiheit, die der Mensch entwickeln kann, wenn er ernsthaft nach Wahrheit und nach Ehrlichkeit strebt. Durch das Streben bekommt die Freiheit erst ihren sicheren Grund, dadurch entwickelt der Mensch erst das Verständnis für wahre Freiheit.


Zeile 30: Zeile 30:
----[1] Neues Testament, ''Joh. 8, 31.''
----[1] Neues Testament, ''Joh. 8, 31.''


== '''ERSTES SIEGEL – SIEGEL DER GEISTSGEGENWART''' ==
== ERSTES SIEGEL – SIEGEL DER GEISTSGEGENWART ==
''Was stellt das erste Siegel der Apokalypse dar?''
''Was stellt das erste Siegel der Apokalypse dar?''


''Welche Bedeutung hat es für die Menschheit?                                        ''  
''Welche Bedeutung hat es für die Menschheit?                                        ''  


=== '''''Beschreibung des ersten Siegels''''' ===
=== ''Beschreibung des ersten Siegels'' ===
Das erste Siegel beschreibt die Erscheinung des Menschensohnes mit einem zweischneidigen Schwert, einem hell leuchtenden Gewand, Augen wie Feuerflammen, einem goldenen Gürtel, Füßen aus Golderz, im Feuer geglüht, einer Stimme gleich dem Rauschen großer Wasser­ströme. In seiner rechten Hand hält er sieben Sterne, das Antlitz leuchtend wie die Sonne, die Haare wollig, wolkig, weiß. Das ist die Imagination einer gewaltigen kosmischen Gestalt. Johannes sagt: ''„Als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen nieder und war wie tot. Er aber legte mir seine rechte Hand auf und sprach...“'''[1]'''''
Das erste Siegel beschreibt die Erscheinung des Menschensohnes mit einem zweischneidigen Schwert, einem hell leuchtenden Gewand, Augen wie Feuerflammen, einem goldenen Gürtel, Füßen aus Golderz, im Feuer geglüht, einer Stimme gleich dem Rauschen großer Wasser­ströme. In seiner rechten Hand hält er sieben Sterne, das Antlitz leuchtend wie die Sonne, die Haare wollig, wolkig, weiß. Das ist die Imagination einer gewaltigen kosmischen Gestalt. Johannes sagt: ''„Als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen nieder und war wie tot. Er aber legte mir seine rechte Hand auf und sprach...“'''[1]'''''


Die rechte Hand, mit der er die sieben Sterne hält, lässt die Sterne einen Moment los und berührt Johannes: ''„Fürchte dich nicht. Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, dennoch trage ich das Leben der Welt durch alle Äonen. Mein ist der Schlüssel zum Reich des Todes und der Schatten. Schreibe nieder, was du siehst... das Gegenwärtige und das Zukünftige.“'''[2]'''''  
Die rechte Hand, mit der er die sieben Sterne hält, lässt die Sterne einen Moment los und berührt Johannes: ''„Fürchte dich nicht. Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, dennoch trage ich das Leben der Welt durch alle Äonen. Mein ist der Schlüssel zum Reich des Todes und der Schatten. Schreibe nieder, was du siehst... das Gegenwärtige und das Zukünftige.“'''[2]'''''  


=== '''''Botschaft an den Willen''''' ===
=== ''Botschaft an den Willen'' ===
Das ist der entscheidende Satz: Es geht um die Gegenwart und um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit. Das ist eine ganz klare Botschaft an den Willen. Denn das Denken ist meist mit ''nach''denken beschäftigt, mit der Vergangenheit, mit dem, was schon da ist. Man muss erst etwas haben, um darüber nachdenken zu können. Auch ein Plan ist schnell ausgedacht, aber das Wesentliche des Planes ist, dass er ausgeführt wird. Dass etwas getan wird. Und so muss man diese Worte verstehen: Es sind alles Worte, die in der Gegenwart ihren Anfang nehmen und in die Zukunft weisen. Wenn man etwas Zukünftiges erstrebt, muss man heute anfangen, sonst erreicht man es nie. Die Zukunft ist das Kind der Gegenwart, der gestalteten, genützten, ergriffenen Gegenwart. Darum geht es in dem Buch.
Das ist der entscheidende Satz: Es geht um die Gegenwart und um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit. Das ist eine ganz klare Botschaft an den Willen. Denn das Denken ist meist mit ''nach''denken beschäftigt, mit der Vergangenheit, mit dem, was schon da ist. Man muss erst etwas haben, um darüber nachdenken zu können. Auch ein Plan ist schnell ausgedacht, aber das Wesentliche des Planes ist, dass er ausgeführt wird. Dass etwas getan wird. Und so muss man diese Worte verstehen: Es sind alles Worte, die in der Gegenwart ihren Anfang nehmen und in die Zukunft weisen. Wenn man etwas Zukünftiges erstrebt, muss man heute anfangen, sonst erreicht man es nie. Die Zukunft ist das Kind der Gegenwart, der gestalteten, genützten, ergriffenen Gegenwart. Darum geht es in dem Buch.


Zeile 47: Zeile 47:
Mit dem ersten Siegel wird die ganze Menschheitszukunft in die Gegenwart hereingeholt, indem uns Mut gemacht wird: Fürchtet euch nicht. Ich bin der Erste und der Letzte, wenn ihr euch mit mir verbindet, dann seid ihr aus dem Raum heraus in den Strom der Zeit aufgenommen und werdet nicht untergehen. Aber ihr werdet viel zu tun haben. Das ist eine ganz wunderbare Anfangsbotschaft.
Mit dem ersten Siegel wird die ganze Menschheitszukunft in die Gegenwart hereingeholt, indem uns Mut gemacht wird: Fürchtet euch nicht. Ich bin der Erste und der Letzte, wenn ihr euch mit mir verbindet, dann seid ihr aus dem Raum heraus in den Strom der Zeit aufgenommen und werdet nicht untergehen. Aber ihr werdet viel zu tun haben. Das ist eine ganz wunderbare Anfangsbotschaft.


=== '''''In Christi Hand''''' ===
=== ''In Christi Hand'' ===
Im Anschluss wird gesagt, dass die Sterne die Engel der sieben Gemeinden darstellen, und dass die Leuchter die Gemeinden selbst sind. Die Leuchter sind als Flammen ringsum gemalt.[3] Es heißt, dass die Erscheinung des Menschensohnes zwischen diesen sieben Leuchtern wandelt und er die sieben Sterne in seiner Rechten hält. D.h. dass sich die Engel, und damit die großen Lenker der Menschheitsentwicklungsepochen, in Christi rechter Hand befinden: Alles, was geschieht im Schicksal der Menschheit bis in die fernste Zukunft hinein, aus jeder Gegenwart heraus, liegt in SEINER Hand.
Im Anschluss wird gesagt, dass die Sterne die Engel der sieben Gemeinden darstellen, und dass die Leuchter die Gemeinden selbst sind. Die Leuchter sind als Flammen ringsum gemalt.[3] Es heißt, dass die Erscheinung des Menschensohnes zwischen diesen sieben Leuchtern wandelt und er die sieben Sterne in seiner Rechten hält. D.h. dass sich die Engel, und damit die großen Lenker der Menschheitsentwicklungsepochen, in Christi rechter Hand befinden: Alles, was geschieht im Schicksal der Menschheit bis in die fernste Zukunft hinein, aus jeder Gegenwart heraus, liegt in SEINER Hand.


Zeile 64: Zeile 64:
[3] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.
[3] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.


== '''ZWEITES SIEGEL – SIEGEL DES GUTEN WILLENS''' ==
== ZWEITES SIEGEL – SIEGEL DES GUTEN WILLENS ==
''Welche Botschaft hat das zweite Siegel für die Menschheit?''
''Welche Botschaft hat das zweite Siegel für die Menschheit?''


=== '''''Beschreibung des zweiten Siegels''''' ===
=== ''Beschreibung des zweiten Siegels'' ===
Das zweite Siegel[1] fasst die Menschheit vor dem Mysterium von Golgatha, also vor dem Christustod, und die Menschheit nach dieser Opfertat in ein Bild zusammen. Die Bildtafel[2] zeigt eine fünfgliedrige Gestalt: Man sieht die vierundzwanzig Ältesten, die vier Evangelisten Symbole, Löwe, Adler, Stier und Mensch, und in der Mitte ein geöffnetes Buch und das Lamm, das bereits geopfert wurde.
Das zweite Siegel[1] fasst die Menschheit vor dem Mysterium von Golgatha, also vor dem Christustod, und die Menschheit nach dieser Opfertat in ein Bild zusammen. Die Bildtafel[2] zeigt eine fünfgliedrige Gestalt: Man sieht die vierundzwanzig Ältesten, die vier Evangelisten Symbole, Löwe, Adler, Stier und Mensch, und in der Mitte ein geöffnetes Buch und das Lamm, das bereits geopfert wurde.


Adler, Löwe und Stier bilden die konstitutionelle Entwicklung der Menschheit bis zum Mysterium von Golgatha ab. Sie stehen als Symbole für das, was sich im Zuge dieser Menschheitsentwicklung als Denken, Fühlen und Wollen herausbildete. Es gibt ganze Menschengruppen, die rein konstitutionell mehr zu der einen oder zu der anderen symbolisierten Qualität neigen. Es gibt aber auch Menschen, bei denen die drei Qualitäten des Gedanken-, Gefühls- und Willensmenschen harmonisch im Gleichgewicht sind.
Adler, Löwe und Stier bilden die konstitutionelle Entwicklung der Menschheit bis zum Mysterium von Golgatha ab. Sie stehen als Symbole für das, was sich im Zuge dieser Menschheitsentwicklung als Denken, Fühlen und Wollen herausbildete. Es gibt ganze Menschengruppen, die rein konstitutionell mehr zu der einen oder zu der anderen symbolisierten Qualität neigen. Es gibt aber auch Menschen, bei denen die drei Qualitäten des Gedanken-, Gefühls- und Willensmenschen harmonisch im Gleichgewicht sind.


=== '''''Notwendige Christustat''''' ===
=== ''Notwendige Christustat'' ===
In der Folge ist die tief zu Herzen gehende Geschichte festgehalten, wie das Buch vor dem Thron Gottes erscheint und einer der Ältesten Johannes fragt: ''„Wer kann das Buch entsiegeln? Wer kann das Buch lesen? Wer kann es öffnen?“''
In der Folge ist die tief zu Herzen gehende Geschichte festgehalten, wie das Buch vor dem Thron Gottes erscheint und einer der Ältesten Johannes fragt: ''„Wer kann das Buch entsiegeln? Wer kann das Buch lesen? Wer kann es öffnen?“''


Zeile 81: Zeile 81:
Das Opfer aller Weisheit und aller Wahrheit musste für die Menschen gebracht werden, damit diese in Zukunft die Möglichkeit hätten, in Freiheit die höhere Wahrheit und Weisheit zu ergreifen. Es musste zudem aus eigenem Antrieb und in völliger Unabhängigkeit erbracht werden, sonst wäre es kein Opfer gewesen.
Das Opfer aller Weisheit und aller Wahrheit musste für die Menschen gebracht werden, damit diese in Zukunft die Möglichkeit hätten, in Freiheit die höhere Wahrheit und Weisheit zu ergreifen. Es musste zudem aus eigenem Antrieb und in völliger Unabhängigkeit erbracht werden, sonst wäre es kein Opfer gewesen.


=== '''''Den guten Willen mobilisieren''''' ===
=== ''Den guten Willen mobilisieren'' ===
Mensch, Lamm und Buch stehen somit für die Entwicklung der Menschheit nach dieser Opfertat: Sie stellen das Entwicklungsmotiv des guten Willens vor uns hin, eines Willens, der aus freien Stücken vollkommen hingegeben ist an eine Aufgabe. Nur der Wille kann ein reines Opfer der Hingabe bringen. Jeder Willenseinsatz, der der Verwirklichung eines guten Zieles dient, ist von dieser Opfersubstanz. Jeder, der davon erfüllt ist, kann im Buch der Offenbarung lesen und nach weiterer Offenbarung fragen. Nur der „gute Wille“ kann die Siegel und Rätsel des Lebens auflösen – das ist die Botschaft des zweiten Siegels.
Mensch, Lamm und Buch stehen somit für die Entwicklung der Menschheit nach dieser Opfertat: Sie stellen das Entwicklungsmotiv des guten Willens vor uns hin, eines Willens, der aus freien Stücken vollkommen hingegeben ist an eine Aufgabe. Nur der Wille kann ein reines Opfer der Hingabe bringen. Jeder Willenseinsatz, der der Verwirklichung eines guten Zieles dient, ist von dieser Opfersubstanz. Jeder, der davon erfüllt ist, kann im Buch der Offenbarung lesen und nach weiterer Offenbarung fragen. Nur der „gute Wille“ kann die Siegel und Rätsel des Lebens auflösen – das ist die Botschaft des zweiten Siegels.


Zeile 88: Zeile 88:
Menschen, die den Willensweg gehen, sind keine Freunde von langen Reden. Sie wollen etwas tun. Mit dem opferbereiten Willen entsiegelt man die Rätsel des Lebens, da muss man nicht mehr viel darüber reden. Man tut und entwickelt sich am Tun weiter. Dieses Siegel ist dafür da, uns das Wesen des guten Willens vor Augen zu führen und uns bereit zu machen, den guten Willen zu verstehen, zu empfangen, ihn zu mobilisieren, d.h., ihn in uns selbst in Bewegung zu bringen.
Menschen, die den Willensweg gehen, sind keine Freunde von langen Reden. Sie wollen etwas tun. Mit dem opferbereiten Willen entsiegelt man die Rätsel des Lebens, da muss man nicht mehr viel darüber reden. Man tut und entwickelt sich am Tun weiter. Dieses Siegel ist dafür da, uns das Wesen des guten Willens vor Augen zu führen und uns bereit zu machen, den guten Willen zu verstehen, zu empfangen, ihn zu mobilisieren, d.h., ihn in uns selbst in Bewegung zu bringen.


=== '''''Selbstgewollter Zusammenschluss zum Bruderbund der Menschheit''''' ===
=== ''Selbstgewollter Zusammenschluss zum Bruderbund der Menschheit'' ===
Das zweite Siegelbild der Apokalypse erfüllt sich, wenn alle Menschengruppen, die sich in den vergangenen Entwicklungsepochen über die Erde hin konstitutionell unterschiedlich entwickelt haben, sich in Zukunft im Streben nach höherer Wahrheit und Erkenntnis auf der Suche nach der Wahrheit dieser Welt und des eigenen Wesens zu einem Bruderbund der Menschheit zusammenschließen werden.
Das zweite Siegelbild der Apokalypse erfüllt sich, wenn alle Menschengruppen, die sich in den vergangenen Entwicklungsepochen über die Erde hin konstitutionell unterschiedlich entwickelt haben, sich in Zukunft im Streben nach höherer Wahrheit und Erkenntnis auf der Suche nach der Wahrheit dieser Welt und des eigenen Wesens zu einem Bruderbund der Menschheit zusammenschließen werden.


Zeile 94: Zeile 94:


''Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007''
''Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007''
----[1] Neues Testament, ''Offenbarung 4. Kap.''
----[1] Neues Testament, ''Offenbarung 4. Kap.''


[2] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.
[2] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.


== '''DRITTES SIEGEL – SIEGEL DES MIKRO- UND MAKROKOSMOS''' ==
== DRITTES SIEGEL – SIEGEL DES MIKRO- UND MAKROKOSMOS ==
''Welche Botschaft vermittelt uns das dritte Siegel?''
''Welche Botschaft vermittelt uns das dritte Siegel?''


=== '''''Beschreibung des dritten Siegels''''' ===
=== ''Beschreibung des dritten Siegels'' ===
Das dritte Siegel wird im sechsten Kapitel erwähnt. Seine Botschaft hat mit der Öffnung der ersten sechs Siegel zu tun. Es ist ein Siegel der Offenbarung von Zusammenhängen im Mikro- und im Makrokosmos.
Das dritte Siegel wird im sechsten Kapitel erwähnt. Seine Botschaft hat mit der Öffnung der ersten sechs Siegel zu tun. Es ist ein Siegel der Offenbarung von Zusammenhängen im Mikro- und im Makrokosmos.


Zeile 108: Zeile 109:
Der Kreis auf der Bildtafel[1] stellt die geöffneten Siegel dar. Drum herum sehen wir die großen Runen angeordnet: das Pentagramm, das Siegel der Entwicklung, das Hexagramm, das Siegel Salomos, das Siegel der Gesundheit, und dann diesen geheimnisvollen, wundervollen Siebenstern, der alles verbindet. Dazu die vier apokalyptischen Reiter und die sieben Posaunen.
Der Kreis auf der Bildtafel[1] stellt die geöffneten Siegel dar. Drum herum sehen wir die großen Runen angeordnet: das Pentagramm, das Siegel der Entwicklung, das Hexagramm, das Siegel Salomos, das Siegel der Gesundheit, und dann diesen geheimnisvollen, wundervollen Siebenstern, der alles verbindet. Dazu die vier apokalyptischen Reiter und die sieben Posaunen.


=== '''''Offenbarung kosmischer Zusammenhänge''''' ===
=== ''Offenbarung kosmischer Zusammenhänge'' ===
In diesen Imaginationen und Inspirationen wird nicht nur die Entsiegelung der großen Menschheitsentwicklungen bis zur Gegenwart dargestellt – dieses Siegel weist weit darüber hinaus und offenbart dem Menschen weitreichende kosmische Zusammenhänge: Die vier Reiter repräsentieren  die vier bisherigen Entwicklungsetappen der Menschheit durch die uralte Erdverkörperung des Saturn, der Sonne, des Mondes bis hin zur jetzigen Erde, auf der der Tod möglich wird für den Menschen, symbolisiert durch das fahle Pferd.
In diesen Imaginationen und Inspirationen wird nicht nur die Entsiegelung der großen Menschheitsentwicklungen bis zur Gegenwart dargestellt – dieses Siegel weist weit darüber hinaus und offenbart dem Menschen weitreichende kosmische Zusammenhänge: Die vier Reiter repräsentieren  die vier bisherigen Entwicklungsetappen der Menschheit durch die uralte Erdverkörperung des Saturn, der Sonne, des Mondes bis hin zur jetzigen Erde, auf der der Tod möglich wird für den Menschen, symbolisiert durch das fahle Pferd.


Zeile 121: Zeile 122:
----[1] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.
----[1] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.


== '''VIERTES SIEGEL – SIEGEL DES SCHWEIGENS''' ==
== VIERTES SIEGEL – SIEGEL DES SCHWEIGENS ==
''Welche Botschaft übermittelt uns das vierte Siegel?''
''Welche Botschaft übermittelt uns das vierte Siegel?''


=== '''''Beschreibung des vierten Siegels''''' ===
=== ''Beschreibung des vierten Siegels'' ===
Mit dem 4. Siegel sind wir bereits beim 10. Kapitel angelangt, kurz vor der Mitte der Apokalypse, die ja zweiundzwanzig Kapitel hat, zweimal elf. Sie ist so aufgebaut, dass sie mit der individuellen Offenbarung, die dem Johannes zuteilwird, beginnt.
Mit dem 4. Siegel sind wir bereits beim 10. Kapitel angelangt, kurz vor der Mitte der Apokalypse, die ja zweiundzwanzig Kapitel hat, zweimal elf. Sie ist so aufgebaut, dass sie mit der individuellen Offenbarung, die dem Johannes zuteilwird, beginnt.


Zeile 131: Zeile 132:
Die zweite Hälfte, vom 12. bis zum 21. Kapitel, behandelt den Entwicklungsweg der Menschheit bis in die Jupiterzeit hinein, bis in die nächste Entwicklungsetappe der Erde. Wir befinden uns jetzt kurz vor diesem Umschwung.
Die zweite Hälfte, vom 12. bis zum 21. Kapitel, behandelt den Entwicklungsweg der Menschheit bis in die Jupiterzeit hinein, bis in die nächste Entwicklungsetappe der Erde. Wir befinden uns jetzt kurz vor diesem Umschwung.


=== '''''Schweigen als Ermächtigung zum Tun''''' ===
=== ''Schweigen als Ermächtigung zum Tun'' ===
Mit dem vierten Siegel endet der Weg des Johannes, mit ihm beginnt der menschheitliche Weg: ''„Da sah ich einen anderen Engel von großer Stärke... Um sein Haupt erglänzte der Regenbogen, sein Antlitz war wie die Sonne, seine Füße glichen Feuersäulen... Seinen rechten Fuß setzte er auf das Meer, den linken auf das feste Land. Und er rief mit einer gewaltigen Stimme... Seinem Rufen antworteten die sieben Donner... Ich wollte ihre Worte aufschreiben. Da hörte ich eine Stimme aus dem Himmel, die sprach: Versiegle, was die sieben Donner sprechen, schreibe es nicht auf!“'''[1]'''''  
Mit dem vierten Siegel endet der Weg des Johannes, mit ihm beginnt der menschheitliche Weg: ''„Da sah ich einen anderen Engel von großer Stärke... Um sein Haupt erglänzte der Regenbogen, sein Antlitz war wie die Sonne, seine Füße glichen Feuersäulen... Seinen rechten Fuß setzte er auf das Meer, den linken auf das feste Land. Und er rief mit einer gewaltigen Stimme... Seinem Rufen antworteten die sieben Donner... Ich wollte ihre Worte aufschreiben. Da hörte ich eine Stimme aus dem Himmel, die sprach: Versiegle, was die sieben Donner sprechen, schreibe es nicht auf!“'''[1]'''''  


Zeile 142: Zeile 143:
Dieses Siegel führt uns noch in ein ganz anderes Szenario. Plötzlich wird ein großes Bild entwickelt: Ein Engel steigt vom Himmel hernieder und setzt einen Fuß auf das Land und einen auf das Meer. Auf der Bildtafel dieses Siegels[3] wird das durch zwei Säulen symbolisiert, die in der Esoterik bekannt sind als Jachim und Boas. Weiters ist ein Regenbogen zu sehen, darunter eine Sonne – eine sehr symbolträchtige Darstellung. Erde und Himmel, Wasser und Luftkreis, Sonne, Regenbogen und Sternenhintergrund – hier wird der ganze Kosmos einschließlich der Erde ins Bild gebracht und schaut uns an.
Dieses Siegel führt uns noch in ein ganz anderes Szenario. Plötzlich wird ein großes Bild entwickelt: Ein Engel steigt vom Himmel hernieder und setzt einen Fuß auf das Land und einen auf das Meer. Auf der Bildtafel dieses Siegels[3] wird das durch zwei Säulen symbolisiert, die in der Esoterik bekannt sind als Jachim und Boas. Weiters ist ein Regenbogen zu sehen, darunter eine Sonne – eine sehr symbolträchtige Darstellung. Erde und Himmel, Wasser und Luftkreis, Sonne, Regenbogen und Sternenhintergrund – hier wird der ganze Kosmos einschließlich der Erde ins Bild gebracht und schaut uns an.


=== '''''Dreifache Bedeutung des Regenbogens''''' ===
=== ''Dreifache Bedeutung des Regenbogens'' ===
In der Esoterik ist der Regenbogen immer in dreifacher Bedeutung zu verstehen:
In der Esoterik ist der Regenbogen immer in dreifacher Bedeutung zu verstehen:


Zeile 170: Zeile 171:
[3] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.
[3] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.


== '''FÜNFTES SIEGEL – SIEGEL DER INITIATION DURCH DAS BÖSE''' ==
== FÜNFTES SIEGEL – SIEGEL DER INITIATION DURCH DAS BÖSE ==
''Was will uns das fünfte Siegel sagen?''
''Was will uns das fünfte Siegel sagen?''


=== '''''Beschreibung des fünften Siegels''''' ===
=== ''Beschreibung des fünften Siegels'' ===
Im 12. Kapitel der Offenbarung, das dem 5. Siegel gewidmet ist, beginnt noch einmal völlig neu von unten nach oben die Einweihung des vollkommen geistbewusst gewordenen Menschen in die großen Schicksale der Menschheit bis in die Zukunft:
Im 12. Kapitel der Offenbarung, das dem 5. Siegel gewidmet ist, beginnt noch einmal völlig neu von unten nach oben die Einweihung des vollkommen geistbewusst gewordenen Menschen in die großen Schicksale der Menschheit bis in die Zukunft:


Zeile 180: Zeile 181:
Das 5. Siegel sowie auch die Bildtafel[2] zeigen das Bild der Entwicklung des Zukunftsmenschen, der sich die „Sophia“ erringt, nach Rudolf Steiners Deutung ein Fernziel. Die Erde wird sich dann so weit entwickelt und geläutert haben, dass sie wieder zur Sonne werden kann. Das wird nur dadurch möglich, dass der Mensch sich angesichts der Bedrohung durch das Unmenschliche und Untermenschliche immer mehr zur Läuterung hindurch ringt.
Das 5. Siegel sowie auch die Bildtafel[2] zeigen das Bild der Entwicklung des Zukunftsmenschen, der sich die „Sophia“ erringt, nach Rudolf Steiners Deutung ein Fernziel. Die Erde wird sich dann so weit entwickelt und geläutert haben, dass sie wieder zur Sonne werden kann. Das wird nur dadurch möglich, dass der Mensch sich angesichts der Bedrohung durch das Unmenschliche und Untermenschliche immer mehr zur Läuterung hindurch ringt.


=== '''''Erweckung des guten Willens''''' ===
=== ''Erweckung des guten Willens'' ===
Die Bedrohung durch das Böse hat als einzigen Sinn die Erweckung des guten Willens. Das Böse begegnet dem Menschen, damit er daran aufwache. Einen anderen Sinn des Bösen gibt es nicht. Es soll und wird den Menschen nicht in seiner Entwicklung hemmen. Das fünfte Siegel ist demnach das Siegel der Initiation durch das Böse. Durch die Überwindung der Drachenkräfte wird sich die Sonnen- und Weisheitsqualität im Menschen erst entwickeln. Dieses Siegel weist weit in die Zukunft.
Die Bedrohung durch das Böse hat als einzigen Sinn die Erweckung des guten Willens. Das Böse begegnet dem Menschen, damit er daran aufwache. Einen anderen Sinn des Bösen gibt es nicht. Es soll und wird den Menschen nicht in seiner Entwicklung hemmen. Das fünfte Siegel ist demnach das Siegel der Initiation durch das Böse. Durch die Überwindung der Drachenkräfte wird sich die Sonnen- und Weisheitsqualität im Menschen erst entwickeln. Dieses Siegel weist weit in die Zukunft.


Zeile 187: Zeile 188:
Das schlagende Herz ist Teil des Herzens des Guten. Selbst in der Stunde der Verführung dient der Mensch dem guten Willen, auch wenn er Leid erfährt und erliegt – jeder Herzschlag ist Ausdruck und Erinnerung an diese Tatsache. Das Böse kommt wieder und wieder, bis auch der letzte Mensch für das Gute erwacht ist. Doch kann kein Mensch dem anderen diese Entwicklung abnehmen.
Das schlagende Herz ist Teil des Herzens des Guten. Selbst in der Stunde der Verführung dient der Mensch dem guten Willen, auch wenn er Leid erfährt und erliegt – jeder Herzschlag ist Ausdruck und Erinnerung an diese Tatsache. Das Böse kommt wieder und wieder, bis auch der letzte Mensch für das Gute erwacht ist. Doch kann kein Mensch dem anderen diese Entwicklung abnehmen.


=== '''''Der Sturz des zweifachen Drachen''''' ===
=== ''Der Sturz des zweifachen Drachen'' ===
''Wohin auf Erden ist nun der zweifache Drache gestürzt worden?''  
''Wohin auf Erden ist nun der zweifache Drache gestürzt worden?''  


Zeile 207: Zeile 208:
[3] Neues Testament, ''Offenbarung 17, 17-18.''
[3] Neues Testament, ''Offenbarung 17, 17-18.''


== '''SECHSTES SIEGEL – SIEGEL VON REINKARNATION UND KARMA''' ==
== SECHSTES SIEGEL – SIEGEL VON REINKARNATION UND KARMA ==
''Welche Botschaft übermittelt das sechste Siegel?''
''Welche Botschaft übermittelt das sechste Siegel?''


=== '''''Beschreibung des sechsten Siegels''''' ===
=== ''Beschreibung des sechsten Siegels'' ===
Im 20. Kapitel der Offenbarung wird von dem „starken Erzengel“ gesprochen. Unschwer erkennt man an vielen Stellen den Erzengel Michael, der eine ganz besondere Beziehung zum Menschen hat. An einigen Stellen wird er auch mit seinem Namen genannt. Dieser Erzengel weiß, wie man den Drachen besiegt. Er hat ihn im Himmel besiegt und mitgeholfen, dass der Drache auf die Erde geworfen wird, damit sich der Mensch die Freiheitsfähigkeit erwerben kann. Michael verwahrt den Schlüssel zum Abgrund. Er steigt aber auch selbst vom Himmel hernieder. Im 20. Kapitel heißt es:
Im 20. Kapitel der Offenbarung wird von dem „starken Erzengel“ gesprochen. Unschwer erkennt man an vielen Stellen den Erzengel Michael, der eine ganz besondere Beziehung zum Menschen hat. An einigen Stellen wird er auch mit seinem Namen genannt. Dieser Erzengel weiß, wie man den Drachen besiegt. Er hat ihn im Himmel besiegt und mitgeholfen, dass der Drache auf die Erde geworfen wird, damit sich der Mensch die Freiheitsfähigkeit erwerben kann. Michael verwahrt den Schlüssel zum Abgrund. Er steigt aber auch selbst vom Himmel hernieder. Im 20. Kapitel heißt es:


''„Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herniedersteigen. Der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine mächtige Kette in seiner Hand. Und er ergriff den Drachen, die Schlange des Urbeginns, die vereinigte diabolische und satanische Macht, und schlug ihn auf tausend Jahre in Fesseln und stürzte ihn in den Abgrund, den er über ihm verschloss und versiegelte, damit er fortan die Erdenmenschen nicht irreleite, bis die tausend Jahre vollendet wären.“'''[1]'''''
''„Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herniedersteigen. Der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine mächtige Kette in seiner Hand. Und er ergriff den Drachen, die Schlange des Urbeginns, die vereinigte diabolische und satanische Macht, und schlug ihn auf tausend Jahre in Fesseln und stürzte ihn in den Abgrund, den er über ihm verschloss und versiegelte, damit er fortan die Erdenmenschen nicht irreleite, bis die tausend Jahre vollendet wären.“'''[1]'''''


=== '''''Notwendige Vorbereitung auf den Tod''''' ===
=== ''Notwendige Vorbereitung auf den Tod'' ===
Dieser Zeitraum entspricht in etwa dem zeitlichen Abstand zwischen zwei Inkarnationen und weist hin auf die nachtodliche Entwicklungsphase der Seele. Das sechste Siegel ist somit das Siegel von Reinkarnation und Karma. Es folgt eine ausführliche Schilderung der Situation, dass sich der Drache auf der Erde befindet, dass aber auch eine Kraft wirksam ist als Schutz vor diesem Drachen.
Dieser Zeitraum entspricht in etwa dem zeitlichen Abstand zwischen zwei Inkarnationen und weist hin auf die nachtodliche Entwicklungsphase der Seele. Das sechste Siegel ist somit das Siegel von Reinkarnation und Karma. Es folgt eine ausführliche Schilderung der Situation, dass sich der Drache auf der Erde befindet, dass aber auch eine Kraft wirksam ist als Schutz vor diesem Drachen.


Zeile 230: Zeile 231:
[2] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.
[2] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.


== '''SIEBTES SIEGEL – SIEGEL VON AUGENBLICK UND EWIGKEIT''' ==
== SIEBTES SIEGEL – SIEGEL VON AUGENBLICK UND EWIGKEIT ==
''Worüber spricht das siebte Siegel?''
''Worüber spricht das siebte Siegel?''


=== '''''Beschreibung des siebenten Siegels''''' ===
=== ''Beschreibung des siebenten Siegels'' ===
Das siebte Siegel wird im 21. Kapitel angesprochen und beschrieben. Die Bildtafel[1] spielt auf das Neue Jerusalem an, das dargestellt wird durch einen Quader: ''„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde... und ich sah die Heilige Stadt, das Neue Jerusalem...“'''[2]'''''  
Das siebte Siegel wird im 21. Kapitel angesprochen und beschrieben. Die Bildtafel[1] spielt auf das Neue Jerusalem an, das dargestellt wird durch einen Quader: ''„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde... und ich sah die Heilige Stadt, das Neue Jerusalem...“'''[2]'''''  


=== '''''Drei Ebenen des Gralsgeheimnisses''''' ===
=== ''Drei Ebenen des Gralsgeheimnisses'' ===
Das siebte Siegel bildet für mein Verständnis die Geheimnisse des Heiligen Gral auf drei Ebenen ab:
Das siebte Siegel bildet für mein Verständnis die Geheimnisse des Heiligen Gral auf drei Ebenen ab:


Zeile 247: Zeile 248:
Sind die drei Ebenen in diesem Sinne durchgearbeitet, ist die höchste Stufe erreicht. Dann wird ein neuer sozialer Zusammenschluss möglich, weil die Menschheit dann Weisheit – symbolisiert durch die Taube – und Liebe, in spirituelle Liebe verwandelte sinnliche Liebe oder die Vereinigung dieser beiden Liebekräfte in reine, geläuterte menschliche Zuwendung, symbolisiert durch den Opferkelch, die Gralsschale – erworben hat. Dann kann die neue Welt wahr werden. Der individuelle Entwicklungsweg mündet in die Gralsgemeinschaft, in den Bruderbund der Menschheit.
Sind die drei Ebenen in diesem Sinne durchgearbeitet, ist die höchste Stufe erreicht. Dann wird ein neuer sozialer Zusammenschluss möglich, weil die Menschheit dann Weisheit – symbolisiert durch die Taube – und Liebe, in spirituelle Liebe verwandelte sinnliche Liebe oder die Vereinigung dieser beiden Liebekräfte in reine, geläuterte menschliche Zuwendung, symbolisiert durch den Opferkelch, die Gralsschale – erworben hat. Dann kann die neue Welt wahr werden. Der individuelle Entwicklungsweg mündet in die Gralsgemeinschaft, in den Bruderbund der Menschheit.


=== '''''Hinweis auf zukünftige Entwicklung''''' ===
=== ''Hinweis auf zukünftige Entwicklung'' ===
Das siebte Siegel weist auf die Zukunftsentwicklung hin. Es ist das Siegel von Augenblick und Ewigkeit. Die Worte „''Der Augenblick wird Ewigkeit“'' sind ein Vermächtnis Goethes und umreißen die Bedeutung der Geistesgegenwärtigkeit. Im Jetzt werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Nur so ist folgender Vers zu verstehen: ''„Wer jetzt dem Guten ferne ist, wird auch künftig dem Guten ferne sein. Wer jetzt aber Anteil hat am höheren Sein, wird auch in Zukunft sein Leben aus dem höheren Sein gestalten können.“'''[3]''''' Wir sind aufgerufen etwas ins Jetzt zu geben, das die geschaute Zukunft veranlagen kann.  
Das siebte Siegel weist auf die Zukunftsentwicklung hin. Es ist das Siegel von Augenblick und Ewigkeit. Die Worte „''Der Augenblick wird Ewigkeit“'' sind ein Vermächtnis Goethes und umreißen die Bedeutung der Geistesgegenwärtigkeit. Im Jetzt werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Nur so ist folgender Vers zu verstehen: ''„Wer jetzt dem Guten ferne ist, wird auch künftig dem Guten ferne sein. Wer jetzt aber Anteil hat am höheren Sein, wird auch in Zukunft sein Leben aus dem höheren Sein gestalten können.“'''[3]''''' Wir sind aufgerufen etwas ins Jetzt zu geben, das die geschaute Zukunft veranlagen kann.  


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''Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007''
''Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007''
----[1] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.
----[1] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.


Zeile 263: Zeile 265:
[4] Neues Testament, ''Apokalypse, Kapitel 22.''
[4] Neues Testament, ''Apokalypse, Kapitel 22.''


== '''DIE ZWIENATUR DES MENSCHEN IN DER APOKALYPSE''' ==
== DIE ZWIENATUR DES MENSCHEN IN DER APOKALYPSE ==
''Was ist unter Zwienatur des Menschen zu verstehen?''
''Was ist unter Zwienatur des Menschen zu verstehen?''


=== '''''Selbsterkenntnis zur Verwandlung in etwas Neues''''' ===
=== ''Selbsterkenntnis zur Verwandlung in etwas Neues'' ===
Die Bücher der Offenbarung sind für den erwachten, sich selbst reflektierenden Men­schengeist geschrieben worden, um ihm bei der Verwandlung des Stoffes, des Physisch-Körperlichen, durch geistige Arbeit zu helfen, damit etwas ganz Neues aus der alten Welt hervor­gehen kann.
Die Bücher der Offenbarung sind für den erwachten, sich selbst reflektierenden Men­schengeist geschrieben worden, um ihm bei der Verwandlung des Stoffes, des Physisch-Körperlichen, durch geistige Arbeit zu helfen, damit etwas ganz Neues aus der alten Welt hervor­gehen kann.


Zeile 273: Zeile 275:
Der mittelalterliche Mystiker Meister Eckehart prägte diesen Satz: ''„Wäre ich ein König und wüsste es nicht, ich wäre kein König.“'' Es genügt nicht, ein wunderbares, von Gott geschaffenes Menschen-Ich zu sein, wenn ich mich nicht als Ich erfassen kann. Um jedoch mein Ich in seiner Wesenhaftigkeit erfassen zu können, muss ich das Eingeschlossen-Sein in einen ganz individuellen Leib, den ich mir selber bilde, erleben. Erst wenn ich mich durch das Eingebunden-Sein in die Naturgesetze selbst gebildet habe, kann das Geistige frei vom Naturgesetz werden und das Ich in der Freiheit des Denkens erwachen. Dann kann ich mit derselben Lebenskraft, die der „alten Schöpfung“ der Natur zugrunde liegt, an der neuen Schöpfung im reinen, freien Denken arbeiten – diesmal befreit vom Gesetz der Natur.  
Der mittelalterliche Mystiker Meister Eckehart prägte diesen Satz: ''„Wäre ich ein König und wüsste es nicht, ich wäre kein König.“'' Es genügt nicht, ein wunderbares, von Gott geschaffenes Menschen-Ich zu sein, wenn ich mich nicht als Ich erfassen kann. Um jedoch mein Ich in seiner Wesenhaftigkeit erfassen zu können, muss ich das Eingeschlossen-Sein in einen ganz individuellen Leib, den ich mir selber bilde, erleben. Erst wenn ich mich durch das Eingebunden-Sein in die Naturgesetze selbst gebildet habe, kann das Geistige frei vom Naturgesetz werden und das Ich in der Freiheit des Denkens erwachen. Dann kann ich mit derselben Lebenskraft, die der „alten Schöpfung“ der Natur zugrunde liegt, an der neuen Schöpfung im reinen, freien Denken arbeiten – diesmal befreit vom Gesetz der Natur.  


=== '''''Stoffwechselbetonte und erkenntnisgestützte Zwienatur''''' ===
=== ''Stoffwechselbetonte und erkenntnisgestützte Zwienatur'' ===
Die Siegel bilden Entwicklungsschritte, Auseinandersetzungsfelder und Zukunftsbilder für Entwicklung ab. Sie zeigen alle auf unterschiedliche Weise die Zwienatur des Menschen. Das erste Siegel zeigt das zweischneidige Schwert, das aus dem Munde der grandiosen Lichtgestalt hervorkommt.
Die Siegel bilden Entwicklungsschritte, Auseinandersetzungsfelder und Zukunftsbilder für Entwicklung ab. Sie zeigen alle auf unterschiedliche Weise die Zwienatur des Menschen. Das erste Siegel zeigt das zweischneidige Schwert, das aus dem Munde der grandiosen Lichtgestalt hervorkommt.


Zeile 288: Zeile 290:
* '''Wenn der Mensch nachdenkt,''' ist er nicht bei sich, sondern „ganz bei der Sache“, wie wir so schön sagen. Er konzentriert sich und wird von dem Thema, das zu durchdenken ist, völlig absorbiert. Wenn ich „zwei plus zwei ist vier“ denke, bin ich in meinem Bewusstsein bei den Zahlen und nicht bei mir und meinen persönlichen Angelegenheiten.
* '''Wenn der Mensch nachdenkt,''' ist er nicht bei sich, sondern „ganz bei der Sache“, wie wir so schön sagen. Er konzentriert sich und wird von dem Thema, das zu durchdenken ist, völlig absorbiert. Wenn ich „zwei plus zwei ist vier“ denke, bin ich in meinem Bewusstsein bei den Zahlen und nicht bei mir und meinen persönlichen Angelegenheiten.


=== '''''Denken versus Verdauung''''' ===
=== ''Denken versus Verdauung'' ===
Gedankenarbeit und Erkenntnisarbeit verlaufen also polar zur Verdauungstätigkeit: Im Verdauen wird die Welt Mensch, beim Erkennen wird der Mensch Welt. Je mehr ich bei der Sache bin, je mehr ich mein Denken zur Berührungsfläche werden lasse mit der Welt, umso stärker werde ich im Geistigen, desto mehr komme ich von mir los – dank der wunderbaren ätherischen Regenbogenbrückenkräfte. Dann bin ich gesund.
Gedankenarbeit und Erkenntnisarbeit verlaufen also polar zur Verdauungstätigkeit: Im Verdauen wird die Welt Mensch, beim Erkennen wird der Mensch Welt. Je mehr ich bei der Sache bin, je mehr ich mein Denken zur Berührungsfläche werden lasse mit der Welt, umso stärker werde ich im Geistigen, desto mehr komme ich von mir los – dank der wunderbaren ätherischen Regenbogenbrückenkräfte. Dann bin ich gesund.



Aktuelle Version vom 24. März 2025, 21:17 Uhr

Apokalypse – von Michaela Glöckler

Auszüge aus Büchern und Vorträgen von Michaela Glöckler; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/

DIE APOKALYPSE ALS ENTFALTUNGSGESCHICHTE EINER NEUEN WELT

Welche Entwicklung wird in der Apokalypse thematisiert?

Inwiefern sind Liebe und Freiheit Ausdruck von etwas Zukünftigem?

Apokalypse zwischen altem und neuem Gesetz

Die ganze Apokalypse spielt zwischen einer Welt, die einerseits von Gesetzen und Geboten, von Unfreiheit und Fehlern, von Strafe und Gesetzesübertretung zutiefst gezeichnet ist. Andererseits spricht sie von einer neuen, zukünftigen Welt. Auch im Johannes-Evangelium wird viel vom alten Gesetz gesprochen, aber auch von einem neuen Gesetz. Ein Gesetz ist im Grunde nur eine allgemeingültige verbindliche Verabredung, die das Zusammenleben der Menschen regeln soll.

  • Das alte Gesetz besteht aus einem gut verständlichen Regelwerk von Sollvorschriften, die von außen kommen.
  • Das neue Gesetz besteht nur aus einem Gebot – aus dem Gebot der Liebe, das ausschließlich von innen wirkt.

Kein Mensch kann von einem anderen Menschen Liebe einfordern. Man kann einem Anderen nur freiwillig Liebe schenken, sonst ist die Liebe nicht echt. Je wahrhaftiger die Botschaft der Liebe ist, desto mehr werden Freiheit und Liebe eins, d.h. je mehr das, was man tut, von Freiwilligkeit und Freilassen bestimmt ist, desto liebevoller ist es.

Man erlebt schon als Kind und als Jugendlicher ein solches Ausmaß an Freiheits- und Machtmissbrauch, dass man sich bereits befreit fühlt, wenn man liest: „...die Wahrheit wird euch frei machen“.[1]

Wahre Freiheit entwickeln

Die Freiheit, von der man heute redet, die man in Anspruch nimmt, mit der man im Alltag umgeht, bezieht sich meist auf etwas Vorläufiges. Das ist noch nicht die Freiheit, die der Mensch entwickeln kann, wenn er ernsthaft nach Wahrheit und nach Ehrlichkeit strebt. Durch das Streben bekommt die Freiheit erst ihren sicheren Grund, dadurch entwickelt der Mensch erst das Verständnis für wahre Freiheit.

Diese Art des Freiheitsstrebens ist aber ein Aspekt des Menschseins, der ganz individuell gehandhabt werden muss: In jedem Augenblick, in dem ein Mensch von dieser Freiheit Gebrauch macht, beginnt sich bereits eine neue Welt zu entfalten – auch wenn man noch unter den Folgen von Fehlern leidet und sich von außen bedrängt fühlt, weil man durch die Notwendigkeit der Auseinandersetzung gebunden ist an die alte Welt der Gesetze, der Schicksalsnot­wendig­keiten und Schicksalsgegebenheiten. So bildet sich nach und nach die Substanz eines neuen Himmels und einer neuen Erde, einer neuen Menschenkultur, die hereinzuwehen beginnt in die alte Gesetzeswelt, die zwar weisheitsvoll, aber nicht von Liebe bestimmt ist und die deswegen immer mit äußerem Druck und Anspruch arbeiten muss.

Die neue Welt der inneren Autonomie entfaltet sich dadurch, dass Erkenntnis erworben wird und der Wille sich in das Licht der Erkenntnis stellt. Dadurch entwickelt sich echtes Verständnis, das den Namen Liebe verdient.

Man hat den Eindruck, dass die ganze Apokalypse das Drama schildert, wie die Welt des Gesetzes nach und nach verschwindet und die Welt der Liebe immer mehr ersteht.

Vgl. Vortrag „Die apokalyptischen Siegel und das Geheimnis der menschlichen Entwicklung“, Mai 2007


[1] Neues Testament, Joh. 8, 31.

ERSTES SIEGEL – SIEGEL DER GEISTSGEGENWART

Was stellt das erste Siegel der Apokalypse dar?

Welche Bedeutung hat es für die Menschheit?                                        

Beschreibung des ersten Siegels

Das erste Siegel beschreibt die Erscheinung des Menschensohnes mit einem zweischneidigen Schwert, einem hell leuchtenden Gewand, Augen wie Feuerflammen, einem goldenen Gürtel, Füßen aus Golderz, im Feuer geglüht, einer Stimme gleich dem Rauschen großer Wasser­ströme. In seiner rechten Hand hält er sieben Sterne, das Antlitz leuchtend wie die Sonne, die Haare wollig, wolkig, weiß. Das ist die Imagination einer gewaltigen kosmischen Gestalt. Johannes sagt: „Als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen nieder und war wie tot. Er aber legte mir seine rechte Hand auf und sprach...“[1]

Die rechte Hand, mit der er die sieben Sterne hält, lässt die Sterne einen Moment los und berührt Johannes: „Fürchte dich nicht. Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, dennoch trage ich das Leben der Welt durch alle Äonen. Mein ist der Schlüssel zum Reich des Todes und der Schatten. Schreibe nieder, was du siehst... das Gegenwärtige und das Zukünftige.“[2]

Botschaft an den Willen

Das ist der entscheidende Satz: Es geht um die Gegenwart und um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit. Das ist eine ganz klare Botschaft an den Willen. Denn das Denken ist meist mit nachdenken beschäftigt, mit der Vergangenheit, mit dem, was schon da ist. Man muss erst etwas haben, um darüber nachdenken zu können. Auch ein Plan ist schnell ausgedacht, aber das Wesentliche des Planes ist, dass er ausgeführt wird. Dass etwas getan wird. Und so muss man diese Worte verstehen: Es sind alles Worte, die in der Gegenwart ihren Anfang nehmen und in die Zukunft weisen. Wenn man etwas Zukünftiges erstrebt, muss man heute anfangen, sonst erreicht man es nie. Die Zukunft ist das Kind der Gegenwart, der gestalteten, genützten, ergriffenen Gegenwart. Darum geht es in dem Buch.

Was offenbart das erste Siegel?

Mit dem ersten Siegel wird die ganze Menschheitszukunft in die Gegenwart hereingeholt, indem uns Mut gemacht wird: Fürchtet euch nicht. Ich bin der Erste und der Letzte, wenn ihr euch mit mir verbindet, dann seid ihr aus dem Raum heraus in den Strom der Zeit aufgenommen und werdet nicht untergehen. Aber ihr werdet viel zu tun haben. Das ist eine ganz wunderbare Anfangsbotschaft.

In Christi Hand

Im Anschluss wird gesagt, dass die Sterne die Engel der sieben Gemeinden darstellen, und dass die Leuchter die Gemeinden selbst sind. Die Leuchter sind als Flammen ringsum gemalt.[3] Es heißt, dass die Erscheinung des Menschensohnes zwischen diesen sieben Leuchtern wandelt und er die sieben Sterne in seiner Rechten hält. D.h. dass sich die Engel, und damit die großen Lenker der Menschheitsentwicklungsepochen, in Christi rechter Hand befinden: Alles, was geschieht im Schicksal der Menschheit bis in die fernste Zukunft hinein, aus jeder Gegenwart heraus, liegt in SEINER Hand.

Wenn wir die Schicksalsgegebenheiten und Vorkommnisse immer in diesem Lichte sehen, wenn wir uns bewusst sind, dass letztlich alles in Christi Hand ist, verändert sich für uns die Perspektive. Dann verändert sich auch die Art und Weise, wie wir auf die Ereignisse unseres Lebens blicken. Aus der Geistesgegenwart heraus kann man auch erkennen, dass das menschliche Schicksal sich letztlich immer lebensfreundlich auswirkt, wenn man ihm mit der Frage begegnet:

Was kann ich in Christi Namen durch dieses Schicksalsereignis lernen, wenn ich es in SEINEM Lichte verarbeite?

So gesehen wird aus jedem Tod eine Auferstehung, aus jedem Schmerz eine Heilung, aus jeder Niederlage ein innerer Sieg. Das ist die Botschaft der Geistesgegenwart, die uns darauf hinweist, wie wir täglich unserem Schicksal begegnen und dabei versuchen können, die Aufgaben, die es uns stellt, zu meistern.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007


[1] Neues Testament, Offenbarung, 1, 17.

[2] Ebenda, 1, 18 ff.

[3] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.

ZWEITES SIEGEL – SIEGEL DES GUTEN WILLENS

Welche Botschaft hat das zweite Siegel für die Menschheit?

Beschreibung des zweiten Siegels

Das zweite Siegel[1] fasst die Menschheit vor dem Mysterium von Golgatha, also vor dem Christustod, und die Menschheit nach dieser Opfertat in ein Bild zusammen. Die Bildtafel[2] zeigt eine fünfgliedrige Gestalt: Man sieht die vierundzwanzig Ältesten, die vier Evangelisten Symbole, Löwe, Adler, Stier und Mensch, und in der Mitte ein geöffnetes Buch und das Lamm, das bereits geopfert wurde.

Adler, Löwe und Stier bilden die konstitutionelle Entwicklung der Menschheit bis zum Mysterium von Golgatha ab. Sie stehen als Symbole für das, was sich im Zuge dieser Menschheitsentwicklung als Denken, Fühlen und Wollen herausbildete. Es gibt ganze Menschengruppen, die rein konstitutionell mehr zu der einen oder zu der anderen symbolisierten Qualität neigen. Es gibt aber auch Menschen, bei denen die drei Qualitäten des Gedanken-, Gefühls- und Willensmenschen harmonisch im Gleichgewicht sind.

Notwendige Christustat

In der Folge ist die tief zu Herzen gehende Geschichte festgehalten, wie das Buch vor dem Thron Gottes erscheint und einer der Ältesten Johannes fragt: „Wer kann das Buch entsiegeln? Wer kann das Buch lesen? Wer kann es öffnen?“

Und Johannes sagt sinngemäß: „Das weißt doch nur du – du weißt es und ich weiß es nicht.“

Daraufhin wird ihm gesagt, dass nur das sich opfernde Lamm das Buch zu entsiegeln vermag. Johannes schreibt dann: „Da musste ich sehr weinen.“ Er spürte, dass die Christustat notwendig war, weil kein Mensch aus eigener Kraft zur höheren Weisheit und zur Wahrheit hätte kommen können. Allein das geopferte Lamm war und ist in der Lage, dem Menschen das Buch zu öffnen und zu entsiegeln und damit den Sinn des Mysteriums von Golgatha zu erschließen.

Das Opfer aller Weisheit und aller Wahrheit musste für die Menschen gebracht werden, damit diese in Zukunft die Möglichkeit hätten, in Freiheit die höhere Wahrheit und Weisheit zu ergreifen. Es musste zudem aus eigenem Antrieb und in völliger Unabhängigkeit erbracht werden, sonst wäre es kein Opfer gewesen.

Den guten Willen mobilisieren

Mensch, Lamm und Buch stehen somit für die Entwicklung der Menschheit nach dieser Opfertat: Sie stellen das Entwicklungsmotiv des guten Willens vor uns hin, eines Willens, der aus freien Stücken vollkommen hingegeben ist an eine Aufgabe. Nur der Wille kann ein reines Opfer der Hingabe bringen. Jeder Willenseinsatz, der der Verwirklichung eines guten Zieles dient, ist von dieser Opfersubstanz. Jeder, der davon erfüllt ist, kann im Buch der Offenbarung lesen und nach weiterer Offenbarung fragen. Nur der „gute Wille“ kann die Siegel und Rätsel des Lebens auflösen – das ist die Botschaft des zweiten Siegels.

Ein schönes Sprichwort besagt: „Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet Gründe.“ Wenn man etwas nicht will, kann man lange und unendlich schlau erklären, was gegen eine Sache spricht, aber letztlich will man damit nur sagen: „Ich will nicht!“

Menschen, die den Willensweg gehen, sind keine Freunde von langen Reden. Sie wollen etwas tun. Mit dem opferbereiten Willen entsiegelt man die Rätsel des Lebens, da muss man nicht mehr viel darüber reden. Man tut und entwickelt sich am Tun weiter. Dieses Siegel ist dafür da, uns das Wesen des guten Willens vor Augen zu führen und uns bereit zu machen, den guten Willen zu verstehen, zu empfangen, ihn zu mobilisieren, d.h., ihn in uns selbst in Bewegung zu bringen.

Selbstgewollter Zusammenschluss zum Bruderbund der Menschheit

Das zweite Siegelbild der Apokalypse erfüllt sich, wenn alle Menschengruppen, die sich in den vergangenen Entwicklungsepochen über die Erde hin konstitutionell unterschiedlich entwickelt haben, sich in Zukunft im Streben nach höherer Wahrheit und Erkenntnis auf der Suche nach der Wahrheit dieser Welt und des eigenen Wesens zu einem Bruderbund der Menschheit zusammenschließen werden.

Johannes litt ungeheure Schmerzen, weil er merkte, dass jeder seinen eigenen Zugang selbst erringen muss. Er erkannte, dass der Christus für alle gestorben ist, um diesen Freiraum zu eröffnen, um uns Menschen das Buch, das Symbol für Weisheit, zur Verfügung zu stellen, dass wir aber alle aus eigenem freiem Willen heraus selbst tätig werden müssen.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007


[1] Neues Testament, Offenbarung 4. Kap.

[2] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.

DRITTES SIEGEL – SIEGEL DES MIKRO- UND MAKROKOSMOS

Welche Botschaft vermittelt uns das dritte Siegel?

Beschreibung des dritten Siegels

Das dritte Siegel wird im sechsten Kapitel erwähnt. Seine Botschaft hat mit der Öffnung der ersten sechs Siegel zu tun. Es ist ein Siegel der Offenbarung von Zusammenhängen im Mikro- und im Makrokosmos.

Das Buch steht auch hier im Mittelpunkt, aber jetzt als geöffnetes Buch, das gelesen werden kann. Hier wird abgebildet, was die ersten sechs Siegel und die sieben Posaunen verkünden. Das siebte Siegel wird erst sehr viel später in der Apokalypse genannt.

Der Kreis auf der Bildtafel[1] stellt die geöffneten Siegel dar. Drum herum sehen wir die großen Runen angeordnet: das Pentagramm, das Siegel der Entwicklung, das Hexagramm, das Siegel Salomos, das Siegel der Gesundheit, und dann diesen geheimnisvollen, wundervollen Siebenstern, der alles verbindet. Dazu die vier apokalyptischen Reiter und die sieben Posaunen.

Offenbarung kosmischer Zusammenhänge

In diesen Imaginationen und Inspirationen wird nicht nur die Entsiegelung der großen Menschheitsentwicklungen bis zur Gegenwart dargestellt – dieses Siegel weist weit darüber hinaus und offenbart dem Menschen weitreichende kosmische Zusammenhänge: Die vier Reiter repräsentieren  die vier bisherigen Entwicklungsetappen der Menschheit durch die uralte Erdverkörperung des Saturn, der Sonne, des Mondes bis hin zur jetzigen Erde, auf der der Tod möglich wird für den Menschen, symbolisiert durch das fahle Pferd.

Die Menschheitszukunft dagegen klingt in den Auswirkungen der Botschaften der entsiegelten Siegel und der Posaunenklänge an und wird im folgenden Bild dargestellt:

„Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete: Da erhob sich ein großes Erdbeben. Und die Sonne wurde schwarz wie ein härenes Trauergewand, und der volle Mond wurde blutrot und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde...“

Die Sonne, die Sterne, nichts bleibt an seinem Platz, wenn wir durch das Studium der Geisteswissenschaft die Gestaltungskräfte der Welt zu ergründen suchen. Durch ihre Offenbarung werden die Sterne vom Himmel geholt, fallen sie auf die Erde, gelangen in das menschliche Verständnis. Dabei geraten unsere bisherigen Überzeugungen ins Wanken und stürzen in sich zusammen. Dieses apokalyptische Szenario ist in seiner ganzen Dramatik nicht nur ein Hinweis auf mögliche zukünftige Entwicklungen, sondern auch das getreue Abbild eines jeglichen Erkenntnisprozesses des Menschen.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007


[1] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.

VIERTES SIEGEL – SIEGEL DES SCHWEIGENS

Welche Botschaft übermittelt uns das vierte Siegel?

Beschreibung des vierten Siegels

Mit dem 4. Siegel sind wir bereits beim 10. Kapitel angelangt, kurz vor der Mitte der Apokalypse, die ja zweiundzwanzig Kapitel hat, zweimal elf. Sie ist so aufgebaut, dass sie mit der individuellen Offenbarung, die dem Johannes zuteilwird, beginnt.

Die ersten elf Kapitel behandeln den Weg des Individuums bis hin zur Vollendung, bis zur Zeugenschaft Jesu Christi.

Die zweite Hälfte, vom 12. bis zum 21. Kapitel, behandelt den Entwicklungsweg der Menschheit bis in die Jupiterzeit hinein, bis in die nächste Entwicklungsetappe der Erde. Wir befinden uns jetzt kurz vor diesem Umschwung.

Schweigen als Ermächtigung zum Tun

Mit dem vierten Siegel endet der Weg des Johannes, mit ihm beginnt der menschheitliche Weg: „Da sah ich einen anderen Engel von großer Stärke... Um sein Haupt erglänzte der Regenbogen, sein Antlitz war wie die Sonne, seine Füße glichen Feuersäulen... Seinen rechten Fuß setzte er auf das Meer, den linken auf das feste Land. Und er rief mit einer gewaltigen Stimme... Seinem Rufen antworteten die sieben Donner... Ich wollte ihre Worte aufschreiben. Da hörte ich eine Stimme aus dem Himmel, die sprach: Versiegle, was die sieben Donner sprechen, schreibe es nicht auf!“[1]

Dies ist die einzige Stelle, an der Johannes den Auftrag bekommt zu schweigen. Hier offenbart sich seine unmittelbare Michaelsdienerschaft. Es gibt ein aufschlussreiches Zitat von Rudolf Steiner:[2] „Lerne schweigen und dir wird Macht. Begib dich der Macht und dir wird das Wollen.“ Das Schweigen ermächtigt uns zum Tun (des guten Willens). Oft fragen wir uns:

Warum kann ich die Wahrheit nicht einfach sagen?

Das vierte Siegel als Siegel des Schweigens fordert uns auf, schweigend auszuharren, bis das Gegenüber reif dafür ist, die Botschaft aufzunehmen. Denn es geht darum, im richtigen Moment das richtige Wort zu sagen.

Dieses Siegel führt uns noch in ein ganz anderes Szenario. Plötzlich wird ein großes Bild entwickelt: Ein Engel steigt vom Himmel hernieder und setzt einen Fuß auf das Land und einen auf das Meer. Auf der Bildtafel dieses Siegels[3] wird das durch zwei Säulen symbolisiert, die in der Esoterik bekannt sind als Jachim und Boas. Weiters ist ein Regenbogen zu sehen, darunter eine Sonne – eine sehr symbolträchtige Darstellung. Erde und Himmel, Wasser und Luftkreis, Sonne, Regenbogen und Sternenhintergrund – hier wird der ganze Kosmos einschließlich der Erde ins Bild gebracht und schaut uns an.

Dreifache Bedeutung des Regenbogens

In der Esoterik ist der Regenbogen immer in dreifacher Bedeutung zu verstehen:

  • Als Brücke zu den Verstorbenen, als Brücke zwischen der sinnlichen und der geistigen Welt. Denn er erscheint zwischen Himmel und Erde in seinen wunderbaren Farben.
  • Als harmonisches Bild der Schöpfung: Die Farben kann man als Ausdruck von „den Taten und Leiden des Lichtes“, um mit Goethe zu sprechen, auffassen, als Spuren der Auseinandersetzung zwischen Licht und Finsternis. Wenn sich diese Polaritäten harmonisieren, wenn Licht und Finsternis sich harmonisch verbinden, erscheint dies im Bild als Regenbogen.
  • Als Schnittstelle zwischen Göttern und Menschen, als Bereich, in dem sie miteinander verkehren, in dem die Menschen Zwiesprache mit der geistigen Welt halten.

Um das kosmische Bild dieses Siegels herum ranken sich in der Apokalypse eine ganze Reihe von Bildern über die Auseinandersetzung zwischen der guten, die Menschheit führenden geistigen Hierarchie, und den Mächten, die aus dem Kosmos gefallen und in die Erdentiefen verbannt wurden und aus Meer und Land aufsteigen. Sie werden als Tiere dargestellt.

Es handelt sich dabei um die Mächte, die die Menschheit verführen, Luzifer, Ahriman und ihre Heerscharen. Sie sind es aber auch, die ein evolutives Spannungsfeld hervorriefen und damit die Voraussetzung für die Entwicklung von Freiheit erst erschufen. Das kosmische Bild, ergänzt von den Worten der Apokalypse, zeigt die kosmische Begründung der Freiheit, wie der Menschheit die Möglichkeit eröffnet wurde, sich zur Freiheit zu entwickeln.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007

                                                                                                                                     


[1] Neues Testament, Offenbarung, 10. Kapitel.

[2] Rudolf Steiner, Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, GA 266a. Das ganze Zitat lautet:

1. Lerne schweigen und dir wird die Macht.

2. Begib dich der Macht und dir wird der Wille.

3. Begib dich des Willens und dir wird das Fühlen.

4. Begib dich des Fühlens und dir wird Erkenntnis.

[3] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.

FÜNFTES SIEGEL – SIEGEL DER INITIATION DURCH DAS BÖSE

Was will uns das fünfte Siegel sagen?

Beschreibung des fünften Siegels

Im 12. Kapitel der Offenbarung, das dem 5. Siegel gewidmet ist, beginnt noch einmal völlig neu von unten nach oben die Einweihung des vollkommen geistbewusst gewordenen Menschen in die großen Schicksale der Menschheit bis in die Zukunft:

„Und es zeigt sich dem schauenden Blick... ein Weib, mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen, das Haupt mit der Krone der zwölf Sterne gekrönt... Und ein zweites Bild erschien im Himmel: Siehe, ein großer, feuerroter Drache... der stand vor dem Weibe, das im Begriff war, zu gebären... Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Es ward gestürzt der große Drache, die Schlange vom Urbeginn, die zugleich diabolischer und satanischer Natur ist... Auf die Erde wurde er gestürzt...“[1]

Das 5. Siegel sowie auch die Bildtafel[2] zeigen das Bild der Entwicklung des Zukunftsmenschen, der sich die „Sophia“ erringt, nach Rudolf Steiners Deutung ein Fernziel. Die Erde wird sich dann so weit entwickelt und geläutert haben, dass sie wieder zur Sonne werden kann. Das wird nur dadurch möglich, dass der Mensch sich angesichts der Bedrohung durch das Unmenschliche und Untermenschliche immer mehr zur Läuterung hindurch ringt.

Erweckung des guten Willens

Die Bedrohung durch das Böse hat als einzigen Sinn die Erweckung des guten Willens. Das Böse begegnet dem Menschen, damit er daran aufwache. Einen anderen Sinn des Bösen gibt es nicht. Es soll und wird den Menschen nicht in seiner Entwicklung hemmen. Das fünfte Siegel ist demnach das Siegel der Initiation durch das Böse. Durch die Überwindung der Drachenkräfte wird sich die Sonnen- und Weisheitsqualität im Menschen erst entwickeln. Dieses Siegel weist weit in die Zukunft.

An späterer Stelle heißt es: „Denn der Vatergott hat ihrem Herzen einen Willen eingepflanzt, nach dem sie zuletzt doch in seinem Sinne handeln müssen...“[3]

Das schlagende Herz ist Teil des Herzens des Guten. Selbst in der Stunde der Verführung dient der Mensch dem guten Willen, auch wenn er Leid erfährt und erliegt – jeder Herzschlag ist Ausdruck und Erinnerung an diese Tatsache. Das Böse kommt wieder und wieder, bis auch der letzte Mensch für das Gute erwacht ist. Doch kann kein Mensch dem anderen diese Entwicklung abnehmen.

Der Sturz des zweifachen Drachen

Wohin auf Erden ist nun der zweifache Drache gestürzt worden?

In der Natur kann er nicht gelandet sein, denn sie wurde von Gottvater in ein vollkommenes Gleichgewicht gebracht. Die zwei Drachenanteile sind im Menschen gelandet, was sich in den Windungen des Gehirns und des Darmes abbildet. Sie haben einen wichtigen Platz inne und wenn man ihre Kräfte richtig zu nutzen versteht, herrscht auch hier ein gesundes Gleichgewicht:

  1. Wenn das Ich das Gehirn und die Fähigkeit zu denken nützt, um die Welt zu ergreifen.
  2. Wenn im Darm die Welt in Form von Nahrung zerstückelt wird, damit der Mensch werden kann.

Um ein gesundes Denken zu entwickeln, muss der Mensch von der eigenen Meinung absehen können, muss sie „töten“. Indem er sich den Entwicklungsgesetzen dieser Welt unterordnet, wird er zur Welt. Eine solche Haltung wirkt sich auch gesundend auf den Darm aus.

Diese Selbstlosigkeit in der Erkenntnis entspricht der Isis-Sophia. Selbstlosigkeit ist so gesehen ein Ausdruck höchster Reife: Nur wer genug hat, kann selbstlos sein und hat keine Angst sich selbst zu verlieren. Er ist wie ein Gefäß, das randvoll ist und überfließt. Der auf sich selbst gestellte Mensch, der sich selbst loslassen kann, bildet die Bausubstanz des Jupiters.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007


[1] Neues Testament, Offenbarung, 12. Kapitel

[2] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.

[3] Neues Testament, Offenbarung 17, 17-18.

SECHSTES SIEGEL – SIEGEL VON REINKARNATION UND KARMA

Welche Botschaft übermittelt das sechste Siegel?

Beschreibung des sechsten Siegels

Im 20. Kapitel der Offenbarung wird von dem „starken Erzengel“ gesprochen. Unschwer erkennt man an vielen Stellen den Erzengel Michael, der eine ganz besondere Beziehung zum Menschen hat. An einigen Stellen wird er auch mit seinem Namen genannt. Dieser Erzengel weiß, wie man den Drachen besiegt. Er hat ihn im Himmel besiegt und mitgeholfen, dass der Drache auf die Erde geworfen wird, damit sich der Mensch die Freiheitsfähigkeit erwerben kann. Michael verwahrt den Schlüssel zum Abgrund. Er steigt aber auch selbst vom Himmel hernieder. Im 20. Kapitel heißt es:

„Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herniedersteigen. Der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine mächtige Kette in seiner Hand. Und er ergriff den Drachen, die Schlange des Urbeginns, die vereinigte diabolische und satanische Macht, und schlug ihn auf tausend Jahre in Fesseln und stürzte ihn in den Abgrund, den er über ihm verschloss und versiegelte, damit er fortan die Erdenmenschen nicht irreleite, bis die tausend Jahre vollendet wären.“[1]

Notwendige Vorbereitung auf den Tod

Dieser Zeitraum entspricht in etwa dem zeitlichen Abstand zwischen zwei Inkarnationen und weist hin auf die nachtodliche Entwicklungsphase der Seele. Das sechste Siegel ist somit das Siegel von Reinkarnation und Karma. Es folgt eine ausführliche Schilderung der Situation, dass sich der Drache auf der Erde befindet, dass aber auch eine Kraft wirksam ist als Schutz vor diesem Drachen.

Wir alle kennen das Wort von Meister Eckehart: „Wer nicht stirbt, bevor er stirbt, der verdirbt, wenn er stirbt.“ Die menschliche Seele läuft Gefahr, beim Sterben in den Tod hinein zu entschlafen, den Seelentod zu erleiden, wenn sie sich nicht vorher auf diesen Moment vorbereitet hat.

Dieses Siegel ist deshalb auch das Siegel des Schulungsweges. Es geht darum, Zeit, Ruhe und Vertrauen gegenüber der göttlichen Entwicklung aufzubringen.

Nach dieser gewaltigen Szene des sechsten Siegels[2] schließt die Apokalypse mit der Schilderung des Neuen Jerusalem ab.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007


[1] Neues Testament, Offenbarung, Kap. 20, 1.                 

[2] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.

SIEBTES SIEGEL – SIEGEL VON AUGENBLICK UND EWIGKEIT

Worüber spricht das siebte Siegel?

Beschreibung des siebenten Siegels

Das siebte Siegel wird im 21. Kapitel angesprochen und beschrieben. Die Bildtafel[1] spielt auf das Neue Jerusalem an, das dargestellt wird durch einen Quader: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde... und ich sah die Heilige Stadt, das Neue Jerusalem...“[2]

Drei Ebenen des Gralsgeheimnisses

Das siebte Siegel bildet für mein Verständnis die Geheimnisse des Heiligen Gral auf drei Ebenen ab:

  • Auf der physischen Ebene hat das Gralsgeheimnis mit allem zu tun, was der Erdenmensch in der räumlichen Welt entwickeln kann.
  • Auf der seelischen Ebene zeigt es sich durch echte seelische Entwicklung, symbolisiert durch die Schlangen, die sich langsam aufrichten, und durch die Überwindung des Drachen.
  • Auf der geistigen Ebene zeigt es sich in einer zukünftigen reinen, vollkommen beherrschten Willenskultur: Der Geist hat den Stoff und die körperlichen Verrichtungen soweit bezwungen und durchdrungen, dass er ohne jede seelische Verrenkung das Gute und Wahre zu tun imstande ist.

Diese reine Willenskultur korrespondiert mit den harmonischen spiralförmigen Wegen der Planeten am Himmel und den Wachstumsformen der Pflanzen.

Sind die drei Ebenen in diesem Sinne durchgearbeitet, ist die höchste Stufe erreicht. Dann wird ein neuer sozialer Zusammenschluss möglich, weil die Menschheit dann Weisheit – symbolisiert durch die Taube – und Liebe, in spirituelle Liebe verwandelte sinnliche Liebe oder die Vereinigung dieser beiden Liebekräfte in reine, geläuterte menschliche Zuwendung, symbolisiert durch den Opferkelch, die Gralsschale – erworben hat. Dann kann die neue Welt wahr werden. Der individuelle Entwicklungsweg mündet in die Gralsgemeinschaft, in den Bruderbund der Menschheit.

Hinweis auf zukünftige Entwicklung

Das siebte Siegel weist auf die Zukunftsentwicklung hin. Es ist das Siegel von Augenblick und Ewigkeit. Die Worte „Der Augenblick wird Ewigkeit“ sind ein Vermächtnis Goethes und umreißen die Bedeutung der Geistesgegenwärtigkeit. Im Jetzt werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Nur so ist folgender Vers zu verstehen: „Wer jetzt dem Guten ferne ist, wird auch künftig dem Guten ferne sein. Wer jetzt aber Anteil hat am höheren Sein, wird auch in Zukunft sein Leben aus dem höheren Sein gestalten können.“[3] Wir sind aufgerufen etwas ins Jetzt zu geben, das die geschaute Zukunft veranlagen kann.

Der Regenbogen, der zweimal im Lauf der sieben Siegel vorkommt, zeigt, dass die geistige Welt das Geschehen begleitet und dass die Brücke zu den Verstorbenen immer vorhanden ist.

Ein weiterer wichtiger Umstand betrifft unsere Zusammenarbeit mit den Engeln. Im letzten Kapitel heißt es:[4] „Ich, Johannes, bin es, der dies gehört und geschaut hat... fiel anbetend zu Füßen des Engels nieder... Und er sprach zu mir: Das sollst du nicht tun. Ich bin dein Mitknecht...“ Die Engel sind unsere Brüder in der Entwicklung und wollen nicht angebetet werden. Sie bauen mit uns gemeinsam an der Zukunft der Welt.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen „Die sieben Siegel der Apokalypse“, gehalten 2007


[1] Die Apokalyptischen Siegel wurden nach Angaben Rudolf Steiners als runde Bildtafeln von Frl. Clara Rettig gestaltet.

[2] Neues Testament, Offenbarung 21, 1.

[3] Neues Testament, Offenbarung, nach Emil Bock.

[4] Neues Testament, Apokalypse, Kapitel 22.

DIE ZWIENATUR DES MENSCHEN IN DER APOKALYPSE

Was ist unter Zwienatur des Menschen zu verstehen?

Selbsterkenntnis zur Verwandlung in etwas Neues

Die Bücher der Offenbarung sind für den erwachten, sich selbst reflektierenden Men­schengeist geschrieben worden, um ihm bei der Verwandlung des Stoffes, des Physisch-Körperlichen, durch geistige Arbeit zu helfen, damit etwas ganz Neues aus der alten Welt hervor­gehen kann.

Der Sinn des Erdenlebens ist in diesem Kontext: zu erkennen, wer wir sind. Denn wir sind zwar als Wesen erschaffen worden, wissen aber nicht, was das wirklich heißt. Das in­dividuelle Bewusstsein unserer selbst erringen wir uns durch die Inkarnation, durch wie­derholte Erdenleben, in denen wir uns mal in männlichen, mal in weiblichen Körpern in verschiedenen Gegenden der Erde verkörpern. Dadurch wird unsere Erkenntnis darüber, was der Mensch seinem Wesen nach ist, immer runder, immer bewusster.

Der mittelalterliche Mystiker Meister Eckehart prägte diesen Satz: „Wäre ich ein König und wüsste es nicht, ich wäre kein König.“ Es genügt nicht, ein wunderbares, von Gott geschaffenes Menschen-Ich zu sein, wenn ich mich nicht als Ich erfassen kann. Um jedoch mein Ich in seiner Wesenhaftigkeit erfassen zu können, muss ich das Eingeschlossen-Sein in einen ganz individuellen Leib, den ich mir selber bilde, erleben. Erst wenn ich mich durch das Eingebunden-Sein in die Naturgesetze selbst gebildet habe, kann das Geistige frei vom Naturgesetz werden und das Ich in der Freiheit des Denkens erwachen. Dann kann ich mit derselben Lebenskraft, die der „alten Schöpfung“ der Natur zugrunde liegt, an der neuen Schöpfung im reinen, freien Denken arbeiten – diesmal befreit vom Gesetz der Natur.

Stoffwechselbetonte und erkenntnisgestützte Zwienatur

Die Siegel bilden Entwicklungsschritte, Auseinandersetzungsfelder und Zukunftsbilder für Entwicklung ab. Sie zeigen alle auf unterschiedliche Weise die Zwienatur des Menschen. Das erste Siegel zeigt das zweischneidige Schwert, das aus dem Munde der grandiosen Lichtgestalt hervorkommt.

Diese Zwienatur macht sich dem Menschen auf seelisch-geistiger Ebene ständig bemerkbar: Er muss zwischen seinen Interessen und denen seiner Umwelt das zweischneidige Schwert des Ich führen, muss mit den Kräften des Verbindens und des Trennens umgehen lernen, muss lernen sich zu verbinden und sich zu trennen.

Der Mensch ist auch als denkender Mensch und als körperliches, stoffwechselbetontes Wesen eine Zwienatur – da kommt der medizinische Aspekt zum Tragen:

  • Den körperlich-stoffwechselbetonten Aspekt nennen wir das unbewusste Körper­leben.
  • Den erkenntnisgestützten Aspekt nennen wir Geistesleben oder Gedankenleben, das bewusste Körperleben.

Es gehört zu den wichtigsten Forschungsergebnissen Rudolf Steiners, den Zusammenhang zwischen dem unbewussten Stoffwechsel, zu dem auch die Fähigkeit zur Regeneration gehört, und der bewussten Gedankentätigkeit entdeckt und beschrieben zu haben.

  • Wenn der Mensch verdaut, nimmt er die Stoffe ganz in sich hinein, absorbiert sie und verwandelt sie in sich selbst.
  • Wenn der Mensch nachdenkt, ist er nicht bei sich, sondern „ganz bei der Sache“, wie wir so schön sagen. Er konzentriert sich und wird von dem Thema, das zu durchdenken ist, völlig absorbiert. Wenn ich „zwei plus zwei ist vier“ denke, bin ich in meinem Bewusstsein bei den Zahlen und nicht bei mir und meinen persönlichen Angelegenheiten.

Denken versus Verdauung

Gedankenarbeit und Erkenntnisarbeit verlaufen also polar zur Verdauungstätigkeit: Im Verdauen wird die Welt Mensch, beim Erkennen wird der Mensch Welt. Je mehr ich bei der Sache bin, je mehr ich mein Denken zur Berührungsfläche werden lasse mit der Welt, umso stärker werde ich im Geistigen, desto mehr komme ich von mir los – dank der wunderbaren ätherischen Regenbogenbrückenkräfte. Dann bin ich gesund.

Wenn bestimmte Ziele jedoch nicht angestrebt und deshalb auch nicht erreicht werden, wenn es so ist, wie es in der Apokalypse heißt, dass die Menschen sich nicht ändern, dass sie in ihrer Entwicklung stehen bleiben, dass sie nichts tun und nicht vom Fleck kommen, wenn es irgendwann solche Formen annimmt, wie es symbolisiert wird durch „die Hure Babylon“, dass alle Güter der Welt im Dienst des Egos stehen, dann werden alle möglichen Leiden und Schmerzen die Folge sein.

Wir sind der alten Gesetzmäßigkeit, die uns ausführlich erklärt wird im Buch der Apoka­lypse, noch nicht zur Gänze entwachsen. Diese Gesetze bilden immer noch den Grundstock unserer Natur. Es wird auch deutlich gemacht, dass jeder selbst den Schlüssel in der Hand hat, um dem entgegen zu wirken.

Vgl. Zusammenstellung von Vorträgen über „Die sieben Siegel der Apokalypse“, 2007