Herzlich Willkommen!

Gedankenkraft: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Geistesforschung
(Die Seite wurde neu angelegt: „= Gedankenkraft – von Michaela Glöckler = Auszüge aus Büchern und Vorträgen von Michaela Glöckler; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/“)
 
(Übertragen von Inhalten von Anthroposophie-lebensnah)
 
Zeile 1: Zeile 1:
= Gedankenkraft – von Michaela Glöckler =
= Gedankenkraft – von Michaela Glöckler =
Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/
Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/
== GEDANKEN ALS BRÜCKE ZUR GEISTERFAHRUNG ==
''Inwiefern sind Gedanken Brücken zum Geist?''
=== ''Gedanken und geistige Wesen'' ===
Am Ausgangspunkt unserer Betrachtung steht der Ausspruch aus dem Evangelium: ''„Ich bin das Licht der Welt.“'''[1]''''' Wer versucht, diesen Gedanken meditativ aufzuschließen, wird entdecken, dass das Denken selbst Lichtnatur hat.
Tatsächlich kann das Gedankenlicht in die Dunkelheit eines jeden Missverständnisses und Unverständnisses klärend hereinleuchten. Eine solche Betrachtung bringt nicht nur neue schöpferische Ge­danken hervor, sondern wirkt auch belebend und anregend auf das Leibesleben zurück. Hierdurch wird die Realität der „geistigen Er­nährung“ erfahrbar: Wir verbinden uns durch das Denken mit gei­stigen Kräften und treten durch ein solches meditatives Bemühen in unmittelbare Wechselwirkung mit den in den Gedanken sich offen­barenden und wirkenden geistigen Wesen. Das bedeutet Hilfe und Stärkung.
Betrachtungen dieser Art weisen auf die geistige Dimension der menschlichen Freiheit hin: dass Gott und mit ihm die Wesen der geistigen Welt des Menschen Freiheit nicht nur respektieren, sondern auch wollen, indem sie sich dem Menschen, nachdem er geschaffen wurde und sich entwickelt hat, nur noch durch das Denken nähern. Nun hängt es vom Menschen selber ab, mit welchem Gedanken und dem damit verbundenen geistigen Wesen er sich befassen will oder nicht. Wer sich dessen bewusst wird, erlebt die unmittelbare Nähe und Hilfe der geistigen Welt. Wer nicht willens ist, die geistig wirksamen Kräfte in den Gedanken zu entdecken und für das Leben fruchtbar zu machen, erfährt aber auch, wie ferne ihm die geistige Welt ist.
=== ''Soziale Wirkung von Gedanken'' ===
Auch für das soziale Leben haben solche Betrachtungen eine Bedeutung. Denn Gedanken, die von Menschen ausgehen, haben eine wesenhafte Wirkung, indem sie andere Menschen stärken oder schwächen können.
''Wer fühlt nicht die bösen Gedan­ken oder die neidischen, hasserfüllten Überlegungen eines anderen Menschen, die sich verletzend in sein Wesen hereinbohren?''
''Wer fühlt umgekehrt nicht das Stärkende und Beglückende, wenn man von liebevollen Gedanken begleitet wird?''
Gedanken sind konkrete Kräfte, die in Lebenszusammenhänge eingreifen können, je nachdem, welche Wesenheit in ihnen wirkt oder mit ihnen verbunden ist. Es geht darum, diese Kraftnatur der Gedanken zu verstehen und aus der so gewonnenen Einsicht zu handeln. Das wird zu einer neuen sozialen Hygiene führen und zu einer neuen Behutsamkeit im Umgang mit den Realitäten des eigenen Denkens. Die soziale Tragweite des eigenen Denkens wird dem Betreffenden immer mehr bewusstwerden.
=== ''Gedankenkraft als reale Kraft erfahren'' ===
In Zukunft brauchen wir die Einsicht in diese Zusammenhänge auch aus dem Grunde, weil wir anders nicht mehr mit den Schäden unserer Zivilisation fertig werden. Wir werden zunehmend gezwungen sein, uns über diejenigen Kräfte Gedanken zu machen, die letztlich Wachstum, Gesundheit, Regeneration ermöglichen, und werden mit ihnen dann auch immer heilsamer und aufbauender umzugehen lernen. Auf der anderen Seite werden destruktive und kritische Gedanken zunehmend ihre schädigende Wirkung zeigen. Es ist geradezu notwendig, dass der Mensch sich über die Natur seines Denkens aufklärt und lernt, dass es weder für ihn noch für die Welt gleichgültig ist, was er vom Morgen bis zum Abend in seinen Gedanken bewegt. Denn alles, was wir denken, bringt uns in Beziehung zu der Wirklichkeit, die unseren Gedanken zugrunde liegt. Diese Wirklichkeit beeinflusst uns und wird gleichsam Teil unseres Wesens. Es ist entscheidend, mit welchen Gedanken wir zu welchen natürlichen oder geistigen Weltvorgängen und Wesen in Beziehung stehen. Das zu wissen ist nicht nur aus kinderärztlicher oder pädagogischer Sicht wichtig, sondern ganz besonders auch hinsichtlich der zeitgeschichtlichen Situation. Wir brauchen gute Ideen und aufbauende Gedanken, um den Zerstörungsprozessen, Natur und Mensch betreffend, entgegenwirken zu können.
=== ''Ich-Bewusstsein durch Körper- und Geisterfahrung'' ===
Alle Stoffe und Vorgänge in der Natur gipfeln letztlich im Menschen – in dem Ausspruch: ''„Ich bin ich“''. Durch den mit diesem Ausspruch verbundenen Gedanken ist der Mensch eingegliedert in die Gedanken und Gesetze der gesamten Welt. Er steht damit in Beziehung zu jedem Wesen, zu jedem Vorgang, soweit sich dieser gedanklich äußern bzw. fassen lässt. Die ewige und wahre Heimat des menschlichen Ich ist die geistige Welt der Gedanken und das geistige Leben der Gedanken, an dem das Ich teilhat.
Der Körper gibt dem Ich dagegen die Möglichkeit, sich als ein seiner selbst bewusstes, von der übrigen Welt abgegrenztes, zur Einsamkeit befähigtes Wesen zu erleben. Nur dank unseres leibgebundenen Selbstbewusstseins können wir wirklich allein sein. In dem Augenblick, in dem wir uns als geistige Wesen erfahren, erleben wir uns unmittelbar in Beziehung miteinander und eingewoben in die geistigen Realitäten des Daseins. Wir verdanken der körperlichen Entwicklung die Möglichkeit, zu der uns innewohnenden geistigen Kraft „ich“ zu sagen und das Bewusstsein, eine abgegrenzte Persönlichkeit zu sein, als starke Qualität in unser geistiges Leben aufzunehmen. Wenn nun die geistigen Kräfte freiwerden für die gedankliche Arbeit, können wir von einem individuellen Ausgangspunkt aus den Zusammenschluss mit der Welt erneut suchen und realisieren.
''Vgl. Kapitel „Zusammenhänge der menschlichen Denktätigkeit“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart''
----[1] Neues Testament, ''Joh. 8, 12.''
== SINNLICHES GEHIRN UND ÜBERSINNLICHE GEDANKEN ==
''Woher kommen unsere Gedanken?''
''Welche Rolle spielt dabei das Gehirn?''
=== ''Organ der Gedanken-Wahrnehmung'' ===
Das Gehirn ist nicht Produzent unserer Gedanken, auch wenn dies im Kontext rein natur­wissen­­schaftlicher Neurobiologie immer wieder behauptet wird. Bereits in der Embryonal­entwicklung bilden sich die Gehirnstrukturen durch die Eigentätigkeit des Kindes:
* durch die Wahrnehmung der Organe untereinander
* und durch die Art, wie das Kind seine mütterliche Umgebung wahrnimmt.
Der Heidelberger Neurophysiologe und Psychiater ''Thomas Fuchs'' hat dies besonders eindrücklich dargelegt in seinem Buch ''„Das Gehirn – ein Beziehungsorgan“'''[1]'''''. Das Gehirn bildet sich zeitlebens am Leben für das Leben.
So ist es auch ein Organ der Gedanken-Wahrnehmung und der Gedanken-Reflexion.
=== ''Die übersinnliche Menschennatur ansprechen'' ===
Im medizinischen Alltag ist das augenfällig, wenn im Falle von hirnorganischen Erkran­kungen das Gehirn als Reflexionsorgan geschädigt ist und die betroffene Person ihre Gedanken nicht mehr reflektieren und sprachlich-neuromotorisch zum Ausdruck bringen kann. Sie „hat“ ihre Gedanken und die Bereitschaft zu kommunizieren jedoch noch. Daher kann man lernen, mit dementen Patienten bzw. mit Menschen mit besonderem Pflege- und Förderungsbedarf unmittelbar gedanklich und emotional zu kommunizieren, ohne Umweg über das an das Gehirn gebundene reflektierende Denken.
Eine spirituell orien­tierte Kultur des Betreuens und Pflegens, die das berücksichtigt, hat somit weiter reichende Möglichkeiten, der Würde des Erkrankten und Behinderten gerecht zu werden. In den anthroposophischen Alters- und Pflegeheimen wird eine solche Pflege- und Betreu­ungs­kultur geübt – ebenso wie in den Einrichtungen für Heilpädagogik und Sozialtherapie. Dort gehört es daher auch zur Ausbildung, sich mit der übersinnlichen Menschennatur und ihren ''ewigen Gesetzen'' im Sinne Goethes zu beschäftigen und zu lernen, wie man sie in allen Lebenslagen wahrnehmen und begleiten kann.
=== ''Der unsichtbare Mensch in der Kunst'' ===
In Poesie und bildender Kunst wurde die Realität eines „zweiten unzerstörbaren Menschen“, den man nicht mit Augen sehen kann und der dennoch da ist – außerkörperlich, als ein Gedankenwesen – immer wieder eindrücklich beschrieben und dargestellt, z.B. auch von dem spanischen Dichter ''Juan Ramón Jiménez (1881-1958)'':
''Ich bin nicht ich.''
''Ich bin der, der an meiner Seite geht,''
''ohne dass ich ihn erblicke;''
''den ich immer wieder besuche''
''und immer wieder vergesse.''
''Der ruhig schweigt,''
''wenn ich rede,''
''der sanftmütig verzeiht,''
''wenn ich hasse,''
''der umherschweift, wo ich nicht bin,''
''der aufrecht steht,''
''wenn ich sterbe.'''[2]'''''
=== ''Der unsichtbare Mensch in Gesundheit und Krankheit'' ===
Solange wir leben, sind diese beiden Menschen – der sichtbar verkörperte und der unsichtbare, gedanklich-geistige – durch den Ätherleib als Träger des Lebens und der Gedanken verbunden. Tagsüber haben wir die Möglichkeit, ein selbst ­gesteuertes Gedankenleben zu führen. In der Nacht gestalten wir mit unserem Ätherleib die biologi­schen Aufbauvorgänge des Körpers mit. Dabei machen die ordnenden oder chaotisierenden Nachwirkungen des bei Tage Gedachten auf das nächtliche Regenerationsgeschehen deutlich, dass unser Denken eine physiologische Auswirkung hat:
* Gedankliche und körperlich-regulatorische „Stimmigkeit“ bedingen einander: Beide führen zu Gesundheit.
* Irrtum und Lüge dagegen kränken nicht nur seelisch, sondern beeinträchtigen längerfristig auch die körperlichen Regenerationsvorgänge und führen zu Krankheit.
''Vgl. Körperleben und Gedankenleben, in: Meditation in der Anthroposophischen Medizin, 1. Kap., Berlin 2016''
----<sup>[1]</sup> Thomas Fuchs, ''Das Gehirn – ein Beziehungsorgan'', Kohlhammer, Stuttgart 2007.
<sup>[2]</sup> Juan-Ramon Jiménez, ''Herz, stirb oder singe'', Diogenes Verlag, Zürich 1977.
== ERNÄHRUNG UND GEDANKENLEBEN ==
''Wie wirkt sich unsere Ernährung auf unser Denken aus?''
''Welche Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden?''
=== ''Materialistisches Denken als Ernährungsproblem'' ===
Im Folgenden seien ein paar Aspekte zur Bedeutung der Ernäh­rung für das Gedankenleben hervorgehoben: Gesund gewachsene Pflanzen, die selber starke Wachstums- und Bildekräfte enthalten, verlangen dem Menschen eine stärkere Anstrengung der Verdauungsarbeit ab als überzüch­tete, mit Pflanzenschutzmitteln behandelte, weniger robuste Indi­viduen. Gesunde, vielseitige Ernährung bewirkt so eine differen­zierte Anregung aller Verdauungsvorgänge. Dies hat jedoch nicht nur leibliche Gesundheit zur Folge, sondern wirkt sich auch aus auf die Aktivität und Disposition zum schöpferischen Denken.
Rudolf Steiner wurde einmal von ''Ehrenfried Pfeiffer'' gefragt, warum es so schwer sei, die materialistischen Denkgewohnheiten in unserer Zeit zu überwinden. Seine Antwort war: ''„Das ist ein Er­nährungsproblem.“'' Leicht verdauliche, einseitige Kost führt nicht nur zu einer gewissen Trägheit der Verdauungsorgane, sondern ver­anlagt auch zur Trägheit des Gedankenlebens. Wer nur denken kann, was sich durch die Sinneswahrnehmungen gleichsam wie von selber aufdrängt und den Verstand ausschließlich zum Kombinieren von Sinneseindrücken verwendet, kommt an die schöpferischen Möglichkeiten seines Denkens nicht heran.
Wer ein aktives, von der Sinneserfahrung losgelöstes Denken praktizieren möchte, muss sich innerlich mehr anstrengen – was durch bereits in frühen Jahren gut aktivierte Verdauungsprozesse gefördert werden kann. Und so kann deutlich werden, in welch hohem Maße die bewusste Pflege des wachsenden, sich entwickelnden Körpers durch Ernährung, einen guten Schlaf-Wach-Rhythmus und angemessene hygienische Bedingun­gen die spätere seelisch-geistige Entwicklung unterstützen kann.
=== ''Regeneration durch geistige Ernährung'' ===
Andererseits geben in der zweiten Lebenshälfte ein aktives Gei­stesleben und eine gleichsam „geistige Ernährung“ die notwendige Anregung, um die nachlassenden Regenerationsprozesse im Körper zu unterstützen. Schon in der Lebensmitte ist die Art und Weise, wie wir denken und wie wir uns selbst erziehen, entschei­dend dafür, wie stabil unser Gesundheitszustand ist. Dafür sind nicht allein die leibliche Versorgung und das Essen ausschlaggebend. Man kann sogar die Ernährung vorübergehend vernachlässigen oder infolge starker Beanspruchung durch die tägliche Arbeit über längere Zeiten überhaupt auf regelmäßige Mahlzeiten verzichten, wenn genügend Begeisterung und innere Motivation für die Arbeit da ist.
Im letzten Lebensdrittel muss allerdings ein neues Gleichgewicht zwischen körperlicher und seelischer An­strengung gefunden werden, damit nicht das eine auf Kosten des anderen zu sehr in den Vordergrund tritt und eines der beiden beeinträchtigt wird. Je älter man jedoch wird, umso entscheidender ist die „geistige Ernährung“ für die Gesundheit.
* Je mehr die Gedanken eines Menschen über sich selbst und die Welt den inneren und äußeren menschlichen Entwicklungsgesetzen folgen, umso gesünder wird er sein.
* Je unmenschlicher und lebensfremder die Gedanken eines Menschen sind, umso stärker kränken sie den natürli­chen Lebenszusammenhang, zu dem sowohl das Körperleben als auch das Gedankenleben gehören.
Beide sind letztlich ganz auf das Menschliche hin orientiert. So gesehen hat jede Krankheit einen doppelten Aspekt, dem man mit folgenden Fragen auf die Spur kommt:
''Wie konnte der Leib diese spezifische Kränkung erfahren, warum reichten die Regenerationskräfte nicht aus?''
''Und welche Gedanken, welche bewussten Tätigkeiten sind jetzt nötig, um den Heilungsverlauf entsprechend zu unterstützen?''
Sie geben dem Gespräch zwischen Arzt und Patient eine über das Physische hinausgehende Dimension und eröffnen neue Möglichkeiten, Entwicklung zu begleiten.
''Vgl. Kapitel „Zusammenhänge der menschlichen Denktätigkeit“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart''
== GEDANKENFORMEN UND AGGREGATZUSTÄNDE ==
''Welcher Zusammenhang besteht zwischen Gedankenformen und Aggregatzuständen?''
=== ''Denken und Lebensvorgänge im Leib'' ===
Unser Denken zeigt bis in Einzelheiten einen engen Zusammenhang mit den Lebensvorgängen in unserem Leib. Die Stoffe werden im Zuge des Stoffwechsels zu festen, flüssigen und gasförmigen Strukturen verarbeitet und sind mit Hilfe der Wärme unter konstanter Erhaltung einer bestimmten Temperatur in dem für sie und ihre Funktion im Organismus richtigen Aggregatzustand wirksam.
Das Gleiche geschieht geistig in unserem Denken.
==== '''·''' „Feste Gedanken“ – Vorstellungen und Dogmen ====
Auch hier gibt es klare, festumrissene Vorstellungen, die fest wie Knochen sind, an denen nicht zu rütteln ist. Es gibt sogar Gedanken, die wie Ablagerungen, wie Steinbildungen sind: Dabei handelt es sich um Gedankeninhalte, die nicht mehr Anteil haben an den Denkprozessen, weil sie nicht infrage gestellt werden, obgleich sie nie voll verstanden wurden. Sie werden Dogmen genannt. Werden solche Inhalte so lange bewegt, bis der Betreffende sie versteht, so bedeutet das für den Gedankenorganismus das Gleiche wie für den Körper, wenn eine Ablagerung bzw. eine Steinbildung sich wieder löst.
==== '''·''' „Flüssige Gedanken“ – Begriffe ====
Gedankenbildungen, die dem Element des Flüssigen entsprechen, lassen sich nie in eine feste Vorstellung bringen. Sie lassen sich nur beschreiben, definieren, charakterisieren: Es handelt sich hierbei um die Begriffe. Nehmen wir den Begriff „Altar". In wie vielen Kirchen haben wir schon Altäre gesehen! Vielleicht waren wir schon in den Katakomben in Rom, haben die einfachen, schlichten unterirdischen Altäre gesehen, dann die prunkvollen Ausgestaltungen im Petersdom und sehen jetzt hier den neuen Altar der Johanneskirche, der erst wenige Monate alt ist. In jeder Kirche sehen wir einen etwas anders gestalteten Altar – aber immer ist es ein Altar, der eine Altar. Es ist aber jedes Mal ein ganz besonderer, vorstellbarer Altar – der Begriff Altar selbst ist hingegen unsichtbar. Er ist das geistige Konzept „Altar“, aus dem alle nur denkbaren möglichen Altäre hervorgehen können. Er umfasst, was es in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an Altären gab und geben wird. Über Begriffe nachdenken, Begriffe im Denken zu bewegen führt zum Erlebnis des Flüssigen im Denken. Hier ist alles im Fluss im Sinne eines unendlichen schöpferischen Werdens.
==== '''·''' „Luftförmige Gedanken“ – Einfälle ====
Die Gedankenformen, die den Gesetzmäßigkeiten der Luft entsprechen, werden Einfälle genannt. Gute Einfälle lassen sich nicht erzwingen und nicht festhalten. Eben war uns ein fantastischer Gedanke gekommen – im nächsten Augenblick ist er wieder entschwunden. Sie kommen und gehen nach ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit. Es gibt Menschen, denen fallen die besten Dinge gleich morgens beim Aufwachen oder während der Morgentoilette ein, wohingegen andere solche schöpferischen Momente am ehesten auf einem Spaziergang erleben oder mitten im Gespräch mit einem anderen Menschen, oder aber während einer Konzert- bzw. Theateraufführung – oder auch während eines Gottesdienstes. Auf gute Einfälle trifft zu, dass der ''„Geist weht, wo er will"''.
==== '''·''' „Durchwärmte Gedanken“ – Ideale ====
Die Gedanken, die dem Wesen der Wärme entsprechen, sind unsere Ideale. Je klarer und verbindlicher wir für uns ein Lebensideal gefunden haben, umso stärker durchwärmt und durchstrahlt es alles, was wir denken. Wer z.B. den drei christlichen Idealen folgt – Wahrheit für das Denken, Liebe für das Fühlen, Freiheit für das Wollen –, wird angesichts einer Lebensfrage oder eines zu lösenden Problems andere Gedanken haben und auf ganz andere Art bewegen als jemand, dem diese Ideale wenig bedeuten. So wie die Wärme darüber entscheidet, ob ein Stoff in gasförmiger, flüssiger oder fester Form vorliegt und damit eine beherrschende Rolle im Naturzusammenhang spielt, so prägen die Ideale den gesamten Gedankenorganismus und geben ihm Orientierung.
''Vgl. „Welchen Auftrag hat die Religion in Erziehung und Heilkunst?“ aus „Die Heilkraft der Religion“, Stuttgart 1997''
== WAS UNS NACHTODLICH AN GEDANKEN BLEIBT ==
''Was geschieht nach unserem Tod mit unserem Gedankenorganismus?''
''Welche Gedanken überleben den Tod?''
=== ''Was beim Sterben geschieht'' ===
==== '''·''' Eintreten des physischen Todes ====
Rudolf Steiner spricht darüber, dass der physische Tod, den wir das eigentliche Sterben nennen, nur der ''erste Tod'' ist, bei dem wir den physischen Leib ablegen.
==== '''·''' Eingehen in die Lichtwelt und Auflösung des ätherischen Organismus ====
Dann folgt das wunderbare Erlebnis des Eingehens in die Lichtwelt. Es zeigt an, dass auch der Gedanken- und Lebenskräfteorganismus, der ätherische Organismus, sich langsam aufzulösen beginnt und stirbt.
Dieses Sich-Auflösen erlebt die Seele sehr stark mit: Zunächst als Panorama des eigenen Lebens, das rückwärts an ihr vorbeizieht. Sie erlebt, wie die Lebenschiffren und Bilder des vergangenen Erdenlebens sich immer weiter entfernen und von der Äthersphäre aufgenommen werden, von der Gedankenwelt und der Intelligenz dieses Kosmos, wie sie dort mit einverwoben werden und nicht verloren gehen.
Nach etwa drei Tagen ist der ''zweite Tod'', die Auflösung des ätherischen Organismus, vollzogen. In diesen ersten drei Tagen, ist es außerordentlich hilfreich, wenn Menschen, die den Verstorbenen gekannt haben, in die Lebensrückschau mit einsteigen und ihn begleiten, indem sie liebevoll auf sein Leben hinblicken – gerade so, wie es war.
==== '''·''' Kamaloka und Auflösung des astralischen Organismus ====
Jetzt treten wir in das Kamaloka ein, wo wir erfahren, wie andere uns erlebt haben. Dort wird uns bewusst, was uns während des Lebens nicht bewusst war. Die Kamalokazeit, die einer Läuterungsphase gleichkommt, dauert etwa ein Drittel des gelebten Lebens. Ihr folgt der ''dritte Tod'', die Ablösung aller seelisch-astralischen Erlebnisse.
Die Seele behält durch all das hindurch nur die Gedanken zurück, mit denen sie sich im Leben durch die Art, wie sie dieses Leben lebte, ganz und gar verbunden hat, bei denen sie ganz authentisch war, mit denen sie sich wirklich identifizieren und mit ihrem tiefsten Wesen verbinden konnte. Alles, was nicht nur Gedanke und Vorstellung blieb, sondern Teil des eigenen Wesens wurde, kann mitgenommen werden. Von dem Übrigen muss man sich trennen, das löst sich auf, wie auch der physische Leib bei der Erde bleibt und sich auflöst.
''Vgl. Vortrag „Die spirituelle Dimension der Todesnähe“, 14.09.2007''
== ENGEL UND GEDANKENLEBEN ==
''Warum sind Engel so zurückhaltend?''
''Wie kann der Mensch ihnen nahekommen?''
=== ''Einfluss von höheren geistigen Wesen'' ===
Engel sind unsichtbar und nur dem denkenden Erleben zugänglich. Diese Art des Erlebens drängt sich dem Men­schen jedoch nicht auf, sondern muss von ihm aktiv gesucht werden. Hierin spricht sich der Wille des Engels aus, nichts zu tun, was die menschliche Entwicklung zur Freiheit stören könnte. Es ist dem Menschen selber überlassen, ob er sich an die Spitze der sinnlichen Welt stellt und nach seinem Willen einfach nur schaltet und waltet, oder ob er sich als unterstes Glied einer Welt erhabener Geistwesen aufzufassen lernt mit der Aufgabe, sich sei­ner eigenen Geistnatur bewusst zu werden und einem höheren Gan­zen zu dienen.
Wir erleben gegenwärtig sehr deutlich, dass das Leben auf der Erde davon abhängt, welche Aufgaben und welche Entwicklungs­ziele wir uns als Menschheit setzen. Diese Möglichkeit zu wählen, diese Freiheit, verdanken wir der Tatsache, dass sich die Wesen der höheren Welten nur dem Unsichtbaren in uns, dem Gedankenleben zunei­gen.
=== ''Durch die Gedanken mit Geistwesen kommunizieren'' ===
Es ist wichtig für das menschliche Gemüt sich klarzuma­chen, dass das Gedankenleben im Grunde nichts anderes ist als ein Leben in der geistigen Welt, ein Leben mit den Wesen der geistigen Welt selber. So wie wir mit unseren Gedanken Naturgesetze erfassen können, die als Unsichtbares jedem sichtbaren Naturgeschehen zugrunde liegen, so können wir mit unseren Gedan­ken auch die moralischen Qualitäten, die Eigenschaften geistiger Wesen, erfassen und mit ihnen leben.
Durch das Gedankenleben machen wir uns das Unsichtbare in der sichtbaren Welt bewusst. Dadurch wird aber auch das Unsichtbare der unsichtbaren Welt erlebbar. Es durchdringt alles, lebt in den Geset­zen und in dem Geist, der in der Welt wirksam ist. Sich auf das eigene Gedankenleben zu besinnen, bringt den Menschen der geistigen Welt auf sachliche und natürliche Art nahe.
=== ''Im Denken dem Engel begegnen'' ===
Mit Hilfe des Denkens können wir die gesamte sichtbare Welt be­greifen. In den Ideen und Idealen können wir auch die Welt des Religiösen, die unsichtbare geistige Welt, erfahren. Wer die Beschaf­fenheit seiner Ideale näher untersucht, lernt eine Seite des Gedan­kenlebens kennen, die ihm normalerweise verborgen bleibt: dass Gedanken Kräfte sind und nicht bloße schattenhafte Vor­stellungsbilder.
''Woher kommen diese Kräfte?''
Wer die beiden Ideale des Chri­stentums, Freiheit und Liebe, ernst nimmt, kann erleben, dass alles im Menschenleben zu diesen beiden Idealen in Beziehung steht. Wer ihnen nachstrebt, ist allen Lebenslagen ge­wachsen, ist gleichsam unschlagbar und fühlt sich von einer großen Kraft getragen. Diese Kraft geht von den Wesen aus, die sich durch diese Ideale dem Menschengeist offenbaren. Lebt ein Ideal in einem Menschen, dann lebt auch das Wesen, das mit diesem Ideal verbunden ist, in ihm. So geht die Kraft der Ideale von den Wesen der geistigen Welt selber aus.
''Welche Qualität macht es möglich, dass ein Engel uns von seiner Kraft schenken kann?''
Es ist die Qualität der Selbstlosigkeit. Diese Eigenschaft können wir am stärksten mit dem Engel selbst identifizie­ren: Er ist immer da, immer hilfsbereit, immer wach, be­gleitet uns durch alle Höhen und Tiefen der Entwicklung, ohne jemals etwas für sich zu fordern. Er bleibt uns treu, er wartet, er geleitet uns, immer zur Verfügung stehend.
=== ''Sich in Freiheit der geistigen Welt nähern'' ===
Dadurch kann sich der Mensch in völliger Freiheit und Bewusstheit der unsichtbaren Welt nähern. Wenn man die höheren Wesen zunächst nur denkt, ist das wie eine erste zarte Berührung. In dem Augenblick jedoch, in dem man sich entschließt, einen Gedanken so wesentlich werden zu lassen, dass man sich ganz mit ihm verbindet und identifiziert, dass man sich bemüht so zu werden, wie es dem Ideal entspricht, kann man die Kraft und Realität des geistigen Wesens erleben, das sich durch diesen Ge­danken offenbart. Wird man einem solchen Ideal später wieder un­treu, kann man deutlich empfinden, wie diese Kraft von einem geht. Dann fühlt man sich möglicherweise „von allen guten Geistern verlassen“. Beginnt man jedoch die Beziehung wieder aufzuneh­men, kommt einem die geistige Welt wieder näher. Die Wesen der geistigen Welt sind ständig in uns und um uns – der Grad ihrer Wirksamkeit und Hilfe hängt jedoch davon ab, inwieweit wir uns mit ihnen verbinden wollen.
In jedem Augenblick, in dem wir eine Idee zu einem Ideal erhe­ben, können wir uns durch diese Identifikation mit einem Wesen der geistigen Welt in Beziehung setzen. Da gibt es viele Quali­täten: Treue ist etwas anderes als Selbstlosigkeit, Liebe etwas ande­res als Mut, Friede etwas anderes als Stille. Sobald man sich einem solchen Ideal hingibt, wird man von der Kraft berührt, die in ihm lebt und in uns wirken kann, die von einem geistigen Wesen ausgeht.
''Vgl. Kapitel „Vom Wirken der Engel im Leben von Kindern und Erwachsenen“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart''
== ÄTHERAURA DER ERDE KRÄFTIGEN ==
''Inwiefern hängen unsere Gedanken mit der Ätheraura der Erde zusammen?''
''Wie können wir zur Stärkung der Ätherkräfte beitragen?''
=== ''Gute Gedanken in den Äther senden'' ===
Der folgende Spruch von ''Rudolf Steiner'' kann Gedanken anregen, die die Seele dankbar stimmen:
''In den reinen Strahlen des Lichtes''
''Erglänzt die Gottheit der Welt.''
''In der reinen Liebe zu allen Wesen''
''Erstrahlt die Göttlichkeit meiner Seele.''
''Ich ruhe in der Gottheit der Welt;''
''Ich werde mich selbst finden''
''In der Gottheit der Welt.''
Vielleicht greift der eine oder andere einen solchen Gedanken auf und pflegt ihn nicht nur für sich, um besser in den Tag zu finden, sondern denkt ihn für alle Menschen mit, um mitzuhelfen, dass ihnen die Gedankensphäre der Erde leichter zugänglich wird. Man kann auf diese Weise die wundervolle Ätheraura der Erde kräftigen, in der der Christus und die Gottheit der Welt leben, in der die Engel anwesend sind, in die die höchsten Hierarchien hineinragen und an der die Elementarwesen mitschaffen. Der Wunsch, die Äthersphäre der Erde durch gute Gedanken zu kräftigen, trägt dazu bei, dass diese guten Gedanken anderen Menschen leichter „einfallen”.
=== ''Schwächung durch geistige Arbeit ausgleichen'' ===
Überall sterben Tier- und Pflanzenarten aus, stirbt der Wald, wird durch gentechnische Manipulationen die Erbsubstanz, die ätherische Kraft, geschwächt.
Das muss durch geistige Arbeit ausgeglichen werden. Diese geistige Arbeit kann wieder auf andere Menschen zurückstrahlen und ihnen Mut machen, sich den zerstörerischen Tendenzen zu widersetzen, z.B. kein Gentech-Food zu kaufen oder zu verkaufen. Gute Gedanken geben den stärksten Halt im persönlichen Leben und in der Liebe zwischen Menschen: Indem wir Gutes voneinander denken und fühlen, indem wir einem anderen Vertrauen entgegenbringen, erzeugen wir in uns eine unsichtbare geistig-menschliche Kraft. Indem wir uns in Gedanken, Gefühlen und Handlungen mit unseren Idealen verbinden und aneinander denken, an die Gesichter, die hier waren, und einander Gutes wünschen, tragen wir etwas von dem in die Welt, was ihr heute so sehr fehlt.
Selbstverständlich kann man so etwas nicht verordnen. Alle geistigen, seelischen und sichtbaren Handlungen in diesem Zusammenhang muss jeder einzelne Mensch in Freiheit aus sich heraus vollziehen. Nur dann entsteht Gutes daraus.
''Vgl. „Die Würde des kleinen Kindes“, 3. Vortrag, Kongressband Nr. 2, gelbes Heft''
== VERNETZTE GEDANKEN ==
''Inwiefern sind unsere Gedanken vernetzt?''
''Wie drückt sich das aus?''
=== ''Der Ätheraura gute Gedanken einprägen'' ===
Ein Gesetz der geistigen Welt ist das Phänomen der „wundersamen Brotvermehrung“ durch geistige Arbeit: Was an einer Stelle auf unserem Globus ernsthaft gedacht und oft unter großen Widerständen umgesetzt und realisiert wird, kann an jedem anderen Orte  dadurch erscheinen, dass es jemandem „einfallen“ kann als gute Idee. Dadurch, dass es einmal gedacht wurde, ist es der Gedankensphäre der Erde real eingeprägt.
Im Denken sind wir nicht so abgegrenzt voneinander wie in unserem physischen Leib, denn unsere Gedanken sind miteinander vernetzt.
Deswegen hat keine große Erfindung oder Entdeckung in der Wissenschaft jemals nur an einem Ort stattgefunden. Immer hatten zwei oder drei Menschen an unterschiedlichen Orten die gleiche wissenschaftliche Erleuchtung, weil sie abrufbar „in der Luft lag“, wenn die Zeit dafür reif war bzw. wenn sie schon von jemandem vorausgedacht worden war.
''Vgl. Festvortrag zum 40jährigen Jubiläum von Herdecke, gehalten am 10.11.2009''
== GEDANKENWIRKEN IN NATUR UND MENSCH ==
''Wie offenbart sich das Gedankenwirken in der Natur?''
''Wie wirken Gedanken im Menschen?''
=== ''Gedankenkräfte als freigewordene Wachstumskräfte'' ===
In der Natur wirken Gedankenkräfte, die sich in Naturerscheinungen, Pflanzen und Tiere verkörpert haben. Der Mensch ist das einzige Wesen, das diese Gedanken aus ihrer Verkörperung gelöst erkennen kann – weil er denken kann.
Im Menschen sind diese Kräfte auch verkörpert, er lebt ja auch als Teil der Natur. Aber er lebt nicht nur im Körper, sondern er ist auch Teil eines leibfreien Gedankenorganismus. Mit zunehmendem Alter kann er die Gedankenkräfte heraus lösen aus den Körperprozessen. Die an Wachstum und Regeneration beteiligten ätherischen Kräfte werden als Gedankenpotential zunehmend frei für geistiges Wachstum.
Wir Menschen sind unterschiedlich fortgeschrittene Inkarnationsstufen unseres unsichtbareren Gedankenorganismus, so wie der Gedanke oder das Wesen der Pflanze sich zunehmend inkarniert, wenn die Pflanze wächst, vom Keim bis zur Frucht.
* Unser übersinnlicher Wesenskern inkarniert sich '''am Lebensanfang''' in diesem Leib und steht ihm in Form von Wachstumskräften zur Verfügung.
* '''Ab der Lebensmitte''' exkarniert dieser Wesenskern wieder Schritt für Schritt und steht uns in Form von zusätzlichen Gedankenkräften zur Verfügung. Der Gedankenorganismus entwickelt sich dadurch weiter.
* '''Im Todesaugenblick''' verlässt er diesen Leib. Wir sind dann ganz Geistleib, erfüllt von hellster Bewusstseinsklarheit.
=== ''Zum Gedanken seiner selbst werden – zweite Geburt'' ===
Während des ganzen Lebens arbeitet der Mensch schrittweise an seinem Gedankenorganismus und erwacht dabei als geistiges Wesen. In dem Maß, in dem er sich selbst denken kann, kann er sein Leitbild formen und sein Leben dazu verwenden, immer mehr zu diesem Gedanken seiner selbst zu werden.
Dieser Prozess wird in der Mystik und in der christlichen Religion „zweite Geburt“ genannt. Ich kann diese Geburt vollbewusst im Denken aus meiner spirituellen Kraft heraus herbeiführen, indem ich sage: ''„So will ich werden. Ich gebäre mich neu, indem ich dieses Ideal verwirkliche und mich dabei selbst verwirkliche.“''
Wir alle kennen vielfältige Bemühungen der Selbstverwirklichung. Es ist jedoch schade, dass das Denken dabei in der Regel nicht mit reflektiert wird als ''die'' spirituelle Kraft, die Mensch und Natur, Mensch und Gott verbindet. Denn unser Denken durchdringt das All, ist überall wirksames Gesetz, ist die Wahrheit, um die es geht, die mich mit allem verbindet.
Ich kann mich mit einem Gedanken so sehr identifizieren, dass ich mir vornehme, mein ganzes Wesen in den Dienst dieses Ideals zu stellen. Ich kann mir vornehmen selbst wahrhaftig, liebevoll, frei werden zu wollen – und dann geschieht etwas sehr Erstaunliches: Ich kann zu diesem Ideal, diesem Gedanken, werden und umgekehrt wird der Gedanke ein Teil von mir. Wenn man sich dieser Tatsache in aller Konsequenz bewusstwird, beginnt man zu verstehen, welche spirituelle Kraft dem Denken innewohnt. Man erkennt dann, dass Gedanken nichts anderes sind als die geistige Tragekraft von Wesen: Indem ich eine Blume denke, trage ich alles, was eine Blume zur Blume macht in mir – alle Gesetze ihres Wachstums, ihrer Farbigkeit, ihres wunderschönen Erscheinungsbildes. Wenn ich über ihr Wesen meditiere, komme ich zu einem bewussten schamanischen Erlebnis. Ich kann die Pflanze, so wie Goethe das praktizierte, im eigenen Denken nachbilden. Ich kann mir in meinem Denken all die Gesetze vergegenwärtigen, mit denen die Natur arbeitet.
=== ''Denkender Vorstoß zum Wesen'' ===
Im Denken endet das dualistische Weltbild. Dort gibt es nur noch ein Erwachen im Geist und unendliche Möglichkeiten, sich geistig in Beziehung zu setzen. Damit stehe ich an der Schwelle, an der ich erkennen muss: Im philosophischen Kontext kann Idealismus noch als „Ideen-Wissenschaft“ betrieben werden. Will ich diese tief empfundenen Ideen verwirklichen, stoße ich vom Denken zum Wesen vor, das ich denke und welches sich in diesen Gesetzmäßigkeiten offenbart: Erst dann bin ich im Zentrum aller Spiritualität angelangt.
Wenn ich zum Wesen des Ideals – ''„Ich bin die Wahrheit“'' – vorgestoßen bin, von diesem Ideal, das in allem lebt, in allem wirkt und in jeder noch so kleinen Gesetzmäßigkeit seines Wesens offenbart, dann erst verstehe ich das Logos-Prinzip auf dreifache Weise:
* Ich '''verstehe''' es geistig-gedanklich,
* '''empfinde''' es in all meinen tiefen Gefühlsbeziehungen
* und '''erlebe''' es in meinem Tun.
Jetzt erkenne ich vollumfänglich, dass es von mir abhängt, wie ich das Schöpferwort in mir und in meinem Leben in die Tat umsetze, dass es auch des Namens des Herrn würdig und damit menschenwürdig ist.
''Vgl. Vortrag über „Spiritualität und Lebensfreude als Schlüssel zu tiefen Beziehungen“ am 06.11.2000''
== NÄCHTLICHES FORTWIRKEN VON GEDANKEN ==
''Inwiefern wirken unsere Gedanken nachts fort?''
''Welches Wesensglied ist maßgeblich dafür verantwortlich?''
''Was können wir tagsüber tun, um unsere nächtliche Regeneration zu fördern?''
=== ''Offene Lemniskate als Bild der menschlichen Konstitution'' ===
Nun noch ein paar Gedanken zu Bedeutung der Wesensglieder für den Schlaf und wie man „richtig schlafen“ lernen kann. Zur Verdeutlichung möchte ich den Menschen mit einer offenen Lemniskate vergleichen.
* Der physische Leib kann als '''unterer Teil der Lemniskate''' begriffen werden, in den die Wesensglieder inkarniert sind und wo sie auch körperzentriert an der Erhaltung unseres Lebens und unserer Gesundheit arbeiten.
* Unsere Gedanken-, Gefühls- und Willensimpulse (Handlungsimpulse) verdanken wir unseren leibfreien Wesensgliederanteilen. Sie sind im besten Fall der Welt zugewandt und können '''als oberer Teil dieser Lemniskate''' begriffen werden.
'''Bei Tage''' sind unsere Wesensglieder leibfrei, herausgehoben aus dem physischen Leib, als unser Denken, Fühlen und Wollen.
'''In der Nacht''' begibt sich der Ätherleib vollständig in den physischen Leib hinein, um ihn zu erfrischen und zu regenerieren. Astralleib und Ich, die ewig, also ohne Raum und Zeit, sind, bleiben draußen. Sie können jetzt nicht mehr mit dem Ätherleib zusammenwirken, weil er sich beim Einschlafen vom Astralleib gelöst hat, und weiten sich in den Kosmos hinein aus.
Viele Menschen erleben dieses Weiten, wenn sie sehr müde sind und schnell einschlafen und plötzlich zusammenzucken. Warum? Weil des schnelle Sich-Weiten Angst macht –man kommt also kurz wieder zurück und freut sich, dass man doch keinen epileptischen Anfall hatte, sondern es sich nur um ein „Einschlaf-Zucken“ handelte. D.h., man verliert beim Einschlafen das Bewusstsein: Kein Mensch kann sich deshalb an den letzten Moment vorm Einschlafen erinnern. Aber jeder Mensch kann sich an den Aufwach-Moment erinnern, weil wir an der physisch-ätherischen Konstitution erwachen und das Denken und Fühlen sofort wieder zusammenfinden, sodass man merkt, dass man wieder „da“ ist.
=== ''Gedanken und nächtliche Regeneration'' ===
Das macht verständlich, warum sich alles, was wir bei Tage gedacht haben, bei Nacht auf das Regenerationsgeschehen auswirkt auf mehr oder weniger hilfreiche Art und Weise.
In der Nacht schädigend wirken:
* falsche, kalte, gefühllose Gedanken
* Gedanken ohne Konsequenz
* Reden, ohne es umzusetzen
* oder noch schlimmer noch: das eine zu sagen, das andere zu tun (wie bei schlechter Politik)
* dissoziierte Bewusstseinszustände
* Unehrlichkeit
* Hinterhältigkeit in jeder Form
Denn wir sind gesund, wenn im Körper alles (überein)stimmt'','' und wir gehen zum Arzt, wenn irgendetwas nicht stimmt. Gesundheit ist physiologische Stimmigkeit, Wahrhaftigkeit. Liebe ist so gesund, weil man, wenn man liebt, in Harmonie ist mit allem. Und es ist ein Zeichen von Gesundheit, wenn jede Funktion gut abgestimmt mit den anderen harmonisch verläuft.
Insofern kann man verstehen, warum wahre Gedanken, liebevolle Gefühle und natürlich guter Wille Nacht für Nacht stärkend wirken: All das vibriert im Denken fort, denn das Denken nimmt ja alles auf, was über die Sinne herangetragen wird, was man gehört, empfunden, gedacht hat. Daran wird auch noch einmal appelliert: Alles ins Denken aufzunehmen, was das Kind hier erlebt, empfunden und gedacht hat. Das Denken ist wie ein Gefäß, in dem weiterwirkt, was im Gefühl und in den Sinnen lebte. Das wird dann je nachdem in der Nacht zu einem Gesundungsimpuls oder auch zu einem Kränkungsimpuls.
Rudolf Steiner wird humorvoll im ''Pastoralmedizinischen Kurs''[1], wo er diese Tag-Nacht-Situation schildert: ''„Wenn die Menschen wüssten, dass sie sich nachts auch krankschlafen können, würden sie nicht so viel schlafen.“''
''Vortrag „Die salutogenetische Wirkung von Kinderhandlung, Jugendfeier und Opferfeier“, für Religionslehrer 2012''
----[1] Rudolf Steiner, ''Pastoralmedizinischen Kurs, Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern.'' GA 318.
== DAS WESEN EINES GEDANKENS ERGRÜNDEN ==
''Was ist mit dem Wesen eines Gedankens gemeint?''
''Wie dringt man dazu vor?''
=== ''Die spirituelle Kraft des Denkens'' ===
Ich kann mich mit einem Gedanken so sehr identifizieren, dass ich mir vornehme, mein ganzes Wesen und Tun in den Dienst eines Ideals zu stellen. Ich kann mir vornehmen selbst wahrhaftig, liebevoll, frei werden zu wollen – und dann geschieht etwas sehr Erstaunliches: Ich kann zu diesem Ideal, diesem Gedanken, werden und umgekehrt wird der Gedanke ein Teil von mir. Wenn man sich dieser Tatsache in aller Konsequenz bewusstwird, beginnt man zu verstehen, welche spirituelle Kraft dem Denken innewohnt.
Man erkennt, dass Gedanken nichts anderes sind als die geistige Tragekraft von Wesen: Indem ich eine Blume denke, trage ich alles, was eine Blume zur Blume macht in mir – alle Gesetze ihres Wachstums, ihrer Farbigkeit, ihres wunderschönen Erscheinungsbildes. Wenn ich über ihr Wesen meditiere, komme ich zu einem bewussten schamanischen Erlebnis. Ich kann die Pflanze, so wie Goethe das praktizierte, im eigenen Denken nachbilden. Ich kann mir in meinem Denken all die Gesetze vergegenwärtigen, mit denen die Natur arbeitet.
In der Natur wirken Gedankenkräfte, die sich in Naturerscheinungen, Pflanzen und Tieren verkörpert haben. Der Mensch ist das einzige Wesen, das diese Gedanken aus ihrer Verkörperung gelöst erkennen kann – weil er denken kann.
=== ''Gedankenkräfte als freigewordene Wachstumskräfte'' ===
Im Menschen sind diese Kräfte auch verkörpert, er lebt ja auch als Teil der Natur. Aber er lebt nicht nur im Körper, sondern er ist auch Teil eines leibfreien Gedankenorganismus. Mit zunehmendem Alter kann er die Gedankenkräfte heraus lösen aus den Körperprozessen. Die an Wachstum und Regeneration beteiligten ätherischen Kräfte werden als Gedankenpotential zunehmend frei für geistiges Wachstum.
Wir Menschen sind unterschiedlich fortgeschrittene Inkarnationen unseres unsichtbareren Gedankenorganismus, so wie der Gedanke oder das Wesen der Pflanze sich zunehmend inkarniert, wenn die Pflanze wächst, vom Keim bis zur Frucht. Unser übersinnlicher Wesenskern inkarniert sich am Lebensanfang in diesem Leib und steht ihm in Form von Wachstumskräften zur Verfügung.
Ab der Lebensmitte exkarniert er wieder Schritt für Schritt und steht dem Menschen in Form von Gedankenkräften zur Verfügung. Der Gedankenorganismus entwickelt sich dabei und verlässt im Todesaugenblick diesen Leib. Wir sind dann ganz Geistleib, erfüllt von hellster Bewusstseinsklarheit.
=== ''Die zweite Geburt'' ===
Während des ganzen Lebens arbeitet der Mensch schrittweise an seinem Gedankenorganismus und erwacht dabei als geistiges Wesen. In dem Maß, in dem er sich selbst denken kann, kann er sein Leitbild formen und sein Leben dazu verwenden, immer mehr zu diesem Gedanken seiner selbst zu werden.
Dieser Prozess wird in der Mystik und in der christlichen Religion „zweite Geburt“ genannt. Ich kann diese Geburt vollbewusst im Denken aus meiner spirituellen Kraft heraus herbeiführen, indem ich sage: ''„So will ich werden. Ich gebäre mich neu, indem ich dieses Ideal verwirkliche und mich dabei selbst verwirkliche.“''
Wir alle kennen vielfältige Bemühungen der Selbstverwirklichung. Es ist jedoch schade, dass das Denken dabei in der Regel nicht mit reflektiert wird als ''die'' spirituelle Kraft, die Mensch und Natur, Mensch und Gott verbindet. Denn unser Denken durchdringt das All, ist überall wirksames Gesetz, ist die Wahrheit, um die es geht, die uns mit allem verbindet.
=== ''Dreifacher Vorstoß zum Wesen eines Gedankens'' ===
Im Denken endet das dualistische Weltbild. Dort gibt es nur noch ein Erwachen im Geist und unendliche Möglichkeiten, sich geistig mit dem Gedankenkosmos in Beziehung zu setzen. Damit steht man an der Schwelle, an der man erkennen muss: Im philosophischen Kontext kann Idealismus noch als „Ideen-Wissenschaft“ betrieben werden. Will man diese tief empfundenen Ideen nicht nur denken, sondern auch verwirklichen, stößt man vom Denken zum Wesen vor, das sich in diesen Gesetzmäßigkeiten offenbart: Erst dann bin ich im Zentrum aller Spiritualität angelangt.
Wenn ich zum Wesen des Ideals – ''„Ich bin die Wahrheit“'' – vorgestoßen bin, von diesem Ideal, das in allem lebt, in allem wirkt und in jeder noch so kleinen Gesetzmäßigkeit seines Wesens offenbart, dann erst verstehe ich das Logos-Prinzip auf dreifache Weise:
* Ich verstehe es geistig-gedanklich,
* Ich empfinde es in all meinen tiefen Gefühlsbeziehungen
* und    erlebe es in meinem Tun.
Ich erkenne, dass es von mir abhängt, wie ich dieses Schöpferwort in mir und in meinem Leben in die Tat umsetze, dass es auch des Namens des Herrn würdig und damit menschenwürdig ist.
''Vgl. Vortrag über „Spiritualität und Lebensfreude als Schlüssel zu tiefen Beziehungen“ am 06.11.2000''

Aktuelle Version vom 31. März 2025, 15:03 Uhr

Gedankenkraft – von Michaela Glöckler

Auszüge aus Büchern und Vorträgen von Michaela Glöckler; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/

GEDANKEN ALS BRÜCKE ZUR GEISTERFAHRUNG

Inwiefern sind Gedanken Brücken zum Geist?

Gedanken und geistige Wesen

Am Ausgangspunkt unserer Betrachtung steht der Ausspruch aus dem Evangelium: „Ich bin das Licht der Welt.“[1] Wer versucht, diesen Gedanken meditativ aufzuschließen, wird entdecken, dass das Denken selbst Lichtnatur hat.

Tatsächlich kann das Gedankenlicht in die Dunkelheit eines jeden Missverständnisses und Unverständnisses klärend hereinleuchten. Eine solche Betrachtung bringt nicht nur neue schöpferische Ge­danken hervor, sondern wirkt auch belebend und anregend auf das Leibesleben zurück. Hierdurch wird die Realität der „geistigen Er­nährung“ erfahrbar: Wir verbinden uns durch das Denken mit gei­stigen Kräften und treten durch ein solches meditatives Bemühen in unmittelbare Wechselwirkung mit den in den Gedanken sich offen­barenden und wirkenden geistigen Wesen. Das bedeutet Hilfe und Stärkung.

Betrachtungen dieser Art weisen auf die geistige Dimension der menschlichen Freiheit hin: dass Gott und mit ihm die Wesen der geistigen Welt des Menschen Freiheit nicht nur respektieren, sondern auch wollen, indem sie sich dem Menschen, nachdem er geschaffen wurde und sich entwickelt hat, nur noch durch das Denken nähern. Nun hängt es vom Menschen selber ab, mit welchem Gedanken und dem damit verbundenen geistigen Wesen er sich befassen will oder nicht. Wer sich dessen bewusst wird, erlebt die unmittelbare Nähe und Hilfe der geistigen Welt. Wer nicht willens ist, die geistig wirksamen Kräfte in den Gedanken zu entdecken und für das Leben fruchtbar zu machen, erfährt aber auch, wie ferne ihm die geistige Welt ist.

Soziale Wirkung von Gedanken

Auch für das soziale Leben haben solche Betrachtungen eine Bedeutung. Denn Gedanken, die von Menschen ausgehen, haben eine wesenhafte Wirkung, indem sie andere Menschen stärken oder schwächen können.

Wer fühlt nicht die bösen Gedan­ken oder die neidischen, hasserfüllten Überlegungen eines anderen Menschen, die sich verletzend in sein Wesen hereinbohren?

Wer fühlt umgekehrt nicht das Stärkende und Beglückende, wenn man von liebevollen Gedanken begleitet wird?

Gedanken sind konkrete Kräfte, die in Lebenszusammenhänge eingreifen können, je nachdem, welche Wesenheit in ihnen wirkt oder mit ihnen verbunden ist. Es geht darum, diese Kraftnatur der Gedanken zu verstehen und aus der so gewonnenen Einsicht zu handeln. Das wird zu einer neuen sozialen Hygiene führen und zu einer neuen Behutsamkeit im Umgang mit den Realitäten des eigenen Denkens. Die soziale Tragweite des eigenen Denkens wird dem Betreffenden immer mehr bewusstwerden.

Gedankenkraft als reale Kraft erfahren

In Zukunft brauchen wir die Einsicht in diese Zusammenhänge auch aus dem Grunde, weil wir anders nicht mehr mit den Schäden unserer Zivilisation fertig werden. Wir werden zunehmend gezwungen sein, uns über diejenigen Kräfte Gedanken zu machen, die letztlich Wachstum, Gesundheit, Regeneration ermöglichen, und werden mit ihnen dann auch immer heilsamer und aufbauender umzugehen lernen. Auf der anderen Seite werden destruktive und kritische Gedanken zunehmend ihre schädigende Wirkung zeigen. Es ist geradezu notwendig, dass der Mensch sich über die Natur seines Denkens aufklärt und lernt, dass es weder für ihn noch für die Welt gleichgültig ist, was er vom Morgen bis zum Abend in seinen Gedanken bewegt. Denn alles, was wir denken, bringt uns in Beziehung zu der Wirklichkeit, die unseren Gedanken zugrunde liegt. Diese Wirklichkeit beeinflusst uns und wird gleichsam Teil unseres Wesens. Es ist entscheidend, mit welchen Gedanken wir zu welchen natürlichen oder geistigen Weltvorgängen und Wesen in Beziehung stehen. Das zu wissen ist nicht nur aus kinderärztlicher oder pädagogischer Sicht wichtig, sondern ganz besonders auch hinsichtlich der zeitgeschichtlichen Situation. Wir brauchen gute Ideen und aufbauende Gedanken, um den Zerstörungsprozessen, Natur und Mensch betreffend, entgegenwirken zu können.

Ich-Bewusstsein durch Körper- und Geisterfahrung

Alle Stoffe und Vorgänge in der Natur gipfeln letztlich im Menschen – in dem Ausspruch: „Ich bin ich“. Durch den mit diesem Ausspruch verbundenen Gedanken ist der Mensch eingegliedert in die Gedanken und Gesetze der gesamten Welt. Er steht damit in Beziehung zu jedem Wesen, zu jedem Vorgang, soweit sich dieser gedanklich äußern bzw. fassen lässt. Die ewige und wahre Heimat des menschlichen Ich ist die geistige Welt der Gedanken und das geistige Leben der Gedanken, an dem das Ich teilhat.

Der Körper gibt dem Ich dagegen die Möglichkeit, sich als ein seiner selbst bewusstes, von der übrigen Welt abgegrenztes, zur Einsamkeit befähigtes Wesen zu erleben. Nur dank unseres leibgebundenen Selbstbewusstseins können wir wirklich allein sein. In dem Augenblick, in dem wir uns als geistige Wesen erfahren, erleben wir uns unmittelbar in Beziehung miteinander und eingewoben in die geistigen Realitäten des Daseins. Wir verdanken der körperlichen Entwicklung die Möglichkeit, zu der uns innewohnenden geistigen Kraft „ich“ zu sagen und das Bewusstsein, eine abgegrenzte Persönlichkeit zu sein, als starke Qualität in unser geistiges Leben aufzunehmen. Wenn nun die geistigen Kräfte freiwerden für die gedankliche Arbeit, können wir von einem individuellen Ausgangspunkt aus den Zusammenschluss mit der Welt erneut suchen und realisieren.

Vgl. Kapitel „Zusammenhänge der menschlichen Denktätigkeit“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart


[1] Neues Testament, Joh. 8, 12.

SINNLICHES GEHIRN UND ÜBERSINNLICHE GEDANKEN

Woher kommen unsere Gedanken?

Welche Rolle spielt dabei das Gehirn?

Organ der Gedanken-Wahrnehmung

Das Gehirn ist nicht Produzent unserer Gedanken, auch wenn dies im Kontext rein natur­wissen­­schaftlicher Neurobiologie immer wieder behauptet wird. Bereits in der Embryonal­entwicklung bilden sich die Gehirnstrukturen durch die Eigentätigkeit des Kindes:

  • durch die Wahrnehmung der Organe untereinander
  • und durch die Art, wie das Kind seine mütterliche Umgebung wahrnimmt.

Der Heidelberger Neurophysiologe und Psychiater Thomas Fuchs hat dies besonders eindrücklich dargelegt in seinem Buch „Das Gehirn – ein Beziehungsorgan“[1]. Das Gehirn bildet sich zeitlebens am Leben für das Leben.

So ist es auch ein Organ der Gedanken-Wahrnehmung und der Gedanken-Reflexion.

Die übersinnliche Menschennatur ansprechen

Im medizinischen Alltag ist das augenfällig, wenn im Falle von hirnorganischen Erkran­kungen das Gehirn als Reflexionsorgan geschädigt ist und die betroffene Person ihre Gedanken nicht mehr reflektieren und sprachlich-neuromotorisch zum Ausdruck bringen kann. Sie „hat“ ihre Gedanken und die Bereitschaft zu kommunizieren jedoch noch. Daher kann man lernen, mit dementen Patienten bzw. mit Menschen mit besonderem Pflege- und Förderungsbedarf unmittelbar gedanklich und emotional zu kommunizieren, ohne Umweg über das an das Gehirn gebundene reflektierende Denken.

Eine spirituell orien­tierte Kultur des Betreuens und Pflegens, die das berücksichtigt, hat somit weiter reichende Möglichkeiten, der Würde des Erkrankten und Behinderten gerecht zu werden. In den anthroposophischen Alters- und Pflegeheimen wird eine solche Pflege- und Betreu­ungs­kultur geübt – ebenso wie in den Einrichtungen für Heilpädagogik und Sozialtherapie. Dort gehört es daher auch zur Ausbildung, sich mit der übersinnlichen Menschennatur und ihren ewigen Gesetzen im Sinne Goethes zu beschäftigen und zu lernen, wie man sie in allen Lebenslagen wahrnehmen und begleiten kann.

Der unsichtbare Mensch in der Kunst

In Poesie und bildender Kunst wurde die Realität eines „zweiten unzerstörbaren Menschen“, den man nicht mit Augen sehen kann und der dennoch da ist – außerkörperlich, als ein Gedankenwesen – immer wieder eindrücklich beschrieben und dargestellt, z.B. auch von dem spanischen Dichter Juan Ramón Jiménez (1881-1958):

Ich bin nicht ich.

Ich bin der, der an meiner Seite geht,

ohne dass ich ihn erblicke;

den ich immer wieder besuche

und immer wieder vergesse.

Der ruhig schweigt,

wenn ich rede,

der sanftmütig verzeiht,

wenn ich hasse,

der umherschweift, wo ich nicht bin,

der aufrecht steht,

wenn ich sterbe.[2]

Der unsichtbare Mensch in Gesundheit und Krankheit

Solange wir leben, sind diese beiden Menschen – der sichtbar verkörperte und der unsichtbare, gedanklich-geistige – durch den Ätherleib als Träger des Lebens und der Gedanken verbunden. Tagsüber haben wir die Möglichkeit, ein selbst ­gesteuertes Gedankenleben zu führen. In der Nacht gestalten wir mit unserem Ätherleib die biologi­schen Aufbauvorgänge des Körpers mit. Dabei machen die ordnenden oder chaotisierenden Nachwirkungen des bei Tage Gedachten auf das nächtliche Regenerationsgeschehen deutlich, dass unser Denken eine physiologische Auswirkung hat:

  • Gedankliche und körperlich-regulatorische „Stimmigkeit“ bedingen einander: Beide führen zu Gesundheit.
  • Irrtum und Lüge dagegen kränken nicht nur seelisch, sondern beeinträchtigen längerfristig auch die körperlichen Regenerationsvorgänge und führen zu Krankheit.

Vgl. Körperleben und Gedankenleben, in: Meditation in der Anthroposophischen Medizin, 1. Kap., Berlin 2016


[1] Thomas Fuchs, Das Gehirn – ein Beziehungsorgan, Kohlhammer, Stuttgart 2007.

[2] Juan-Ramon Jiménez, Herz, stirb oder singe, Diogenes Verlag, Zürich 1977.

ERNÄHRUNG UND GEDANKENLEBEN

Wie wirkt sich unsere Ernährung auf unser Denken aus?

Welche Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden?

Materialistisches Denken als Ernährungsproblem

Im Folgenden seien ein paar Aspekte zur Bedeutung der Ernäh­rung für das Gedankenleben hervorgehoben: Gesund gewachsene Pflanzen, die selber starke Wachstums- und Bildekräfte enthalten, verlangen dem Menschen eine stärkere Anstrengung der Verdauungsarbeit ab als überzüch­tete, mit Pflanzenschutzmitteln behandelte, weniger robuste Indi­viduen. Gesunde, vielseitige Ernährung bewirkt so eine differen­zierte Anregung aller Verdauungsvorgänge. Dies hat jedoch nicht nur leibliche Gesundheit zur Folge, sondern wirkt sich auch aus auf die Aktivität und Disposition zum schöpferischen Denken.

Rudolf Steiner wurde einmal von Ehrenfried Pfeiffer gefragt, warum es so schwer sei, die materialistischen Denkgewohnheiten in unserer Zeit zu überwinden. Seine Antwort war: „Das ist ein Er­nährungsproblem.“ Leicht verdauliche, einseitige Kost führt nicht nur zu einer gewissen Trägheit der Verdauungsorgane, sondern ver­anlagt auch zur Trägheit des Gedankenlebens. Wer nur denken kann, was sich durch die Sinneswahrnehmungen gleichsam wie von selber aufdrängt und den Verstand ausschließlich zum Kombinieren von Sinneseindrücken verwendet, kommt an die schöpferischen Möglichkeiten seines Denkens nicht heran.

Wer ein aktives, von der Sinneserfahrung losgelöstes Denken praktizieren möchte, muss sich innerlich mehr anstrengen – was durch bereits in frühen Jahren gut aktivierte Verdauungsprozesse gefördert werden kann. Und so kann deutlich werden, in welch hohem Maße die bewusste Pflege des wachsenden, sich entwickelnden Körpers durch Ernährung, einen guten Schlaf-Wach-Rhythmus und angemessene hygienische Bedingun­gen die spätere seelisch-geistige Entwicklung unterstützen kann.

Regeneration durch geistige Ernährung

Andererseits geben in der zweiten Lebenshälfte ein aktives Gei­stesleben und eine gleichsam „geistige Ernährung“ die notwendige Anregung, um die nachlassenden Regenerationsprozesse im Körper zu unterstützen. Schon in der Lebensmitte ist die Art und Weise, wie wir denken und wie wir uns selbst erziehen, entschei­dend dafür, wie stabil unser Gesundheitszustand ist. Dafür sind nicht allein die leibliche Versorgung und das Essen ausschlaggebend. Man kann sogar die Ernährung vorübergehend vernachlässigen oder infolge starker Beanspruchung durch die tägliche Arbeit über längere Zeiten überhaupt auf regelmäßige Mahlzeiten verzichten, wenn genügend Begeisterung und innere Motivation für die Arbeit da ist.

Im letzten Lebensdrittel muss allerdings ein neues Gleichgewicht zwischen körperlicher und seelischer An­strengung gefunden werden, damit nicht das eine auf Kosten des anderen zu sehr in den Vordergrund tritt und eines der beiden beeinträchtigt wird. Je älter man jedoch wird, umso entscheidender ist die „geistige Ernährung“ für die Gesundheit.

  • Je mehr die Gedanken eines Menschen über sich selbst und die Welt den inneren und äußeren menschlichen Entwicklungsgesetzen folgen, umso gesünder wird er sein.
  • Je unmenschlicher und lebensfremder die Gedanken eines Menschen sind, umso stärker kränken sie den natürli­chen Lebenszusammenhang, zu dem sowohl das Körperleben als auch das Gedankenleben gehören.

Beide sind letztlich ganz auf das Menschliche hin orientiert. So gesehen hat jede Krankheit einen doppelten Aspekt, dem man mit folgenden Fragen auf die Spur kommt:

Wie konnte der Leib diese spezifische Kränkung erfahren, warum reichten die Regenerationskräfte nicht aus?

Und welche Gedanken, welche bewussten Tätigkeiten sind jetzt nötig, um den Heilungsverlauf entsprechend zu unterstützen?

Sie geben dem Gespräch zwischen Arzt und Patient eine über das Physische hinausgehende Dimension und eröffnen neue Möglichkeiten, Entwicklung zu begleiten.

Vgl. Kapitel „Zusammenhänge der menschlichen Denktätigkeit“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart

GEDANKENFORMEN UND AGGREGATZUSTÄNDE

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Gedankenformen und Aggregatzuständen?

Denken und Lebensvorgänge im Leib

Unser Denken zeigt bis in Einzelheiten einen engen Zusammenhang mit den Lebensvorgängen in unserem Leib. Die Stoffe werden im Zuge des Stoffwechsels zu festen, flüssigen und gasförmigen Strukturen verarbeitet und sind mit Hilfe der Wärme unter konstanter Erhaltung einer bestimmten Temperatur in dem für sie und ihre Funktion im Organismus richtigen Aggregatzustand wirksam.

Das Gleiche geschieht geistig in unserem Denken.

· „Feste Gedanken“ – Vorstellungen und Dogmen

Auch hier gibt es klare, festumrissene Vorstellungen, die fest wie Knochen sind, an denen nicht zu rütteln ist. Es gibt sogar Gedanken, die wie Ablagerungen, wie Steinbildungen sind: Dabei handelt es sich um Gedankeninhalte, die nicht mehr Anteil haben an den Denkprozessen, weil sie nicht infrage gestellt werden, obgleich sie nie voll verstanden wurden. Sie werden Dogmen genannt. Werden solche Inhalte so lange bewegt, bis der Betreffende sie versteht, so bedeutet das für den Gedankenorganismus das Gleiche wie für den Körper, wenn eine Ablagerung bzw. eine Steinbildung sich wieder löst.

· „Flüssige Gedanken“ – Begriffe

Gedankenbildungen, die dem Element des Flüssigen entsprechen, lassen sich nie in eine feste Vorstellung bringen. Sie lassen sich nur beschreiben, definieren, charakterisieren: Es handelt sich hierbei um die Begriffe. Nehmen wir den Begriff „Altar". In wie vielen Kirchen haben wir schon Altäre gesehen! Vielleicht waren wir schon in den Katakomben in Rom, haben die einfachen, schlichten unterirdischen Altäre gesehen, dann die prunkvollen Ausgestaltungen im Petersdom und sehen jetzt hier den neuen Altar der Johanneskirche, der erst wenige Monate alt ist. In jeder Kirche sehen wir einen etwas anders gestalteten Altar – aber immer ist es ein Altar, der eine Altar. Es ist aber jedes Mal ein ganz besonderer, vorstellbarer Altar – der Begriff Altar selbst ist hingegen unsichtbar. Er ist das geistige Konzept „Altar“, aus dem alle nur denkbaren möglichen Altäre hervorgehen können. Er umfasst, was es in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an Altären gab und geben wird. Über Begriffe nachdenken, Begriffe im Denken zu bewegen führt zum Erlebnis des Flüssigen im Denken. Hier ist alles im Fluss im Sinne eines unendlichen schöpferischen Werdens.

· „Luftförmige Gedanken“ – Einfälle

Die Gedankenformen, die den Gesetzmäßigkeiten der Luft entsprechen, werden Einfälle genannt. Gute Einfälle lassen sich nicht erzwingen und nicht festhalten. Eben war uns ein fantastischer Gedanke gekommen – im nächsten Augenblick ist er wieder entschwunden. Sie kommen und gehen nach ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit. Es gibt Menschen, denen fallen die besten Dinge gleich morgens beim Aufwachen oder während der Morgentoilette ein, wohingegen andere solche schöpferischen Momente am ehesten auf einem Spaziergang erleben oder mitten im Gespräch mit einem anderen Menschen, oder aber während einer Konzert- bzw. Theateraufführung – oder auch während eines Gottesdienstes. Auf gute Einfälle trifft zu, dass der „Geist weht, wo er will".

· „Durchwärmte Gedanken“ – Ideale

Die Gedanken, die dem Wesen der Wärme entsprechen, sind unsere Ideale. Je klarer und verbindlicher wir für uns ein Lebensideal gefunden haben, umso stärker durchwärmt und durchstrahlt es alles, was wir denken. Wer z.B. den drei christlichen Idealen folgt – Wahrheit für das Denken, Liebe für das Fühlen, Freiheit für das Wollen –, wird angesichts einer Lebensfrage oder eines zu lösenden Problems andere Gedanken haben und auf ganz andere Art bewegen als jemand, dem diese Ideale wenig bedeuten. So wie die Wärme darüber entscheidet, ob ein Stoff in gasförmiger, flüssiger oder fester Form vorliegt und damit eine beherrschende Rolle im Naturzusammenhang spielt, so prägen die Ideale den gesamten Gedankenorganismus und geben ihm Orientierung.

Vgl. „Welchen Auftrag hat die Religion in Erziehung und Heilkunst?“ aus „Die Heilkraft der Religion“, Stuttgart 1997

WAS UNS NACHTODLICH AN GEDANKEN BLEIBT

Was geschieht nach unserem Tod mit unserem Gedankenorganismus?

Welche Gedanken überleben den Tod?

Was beim Sterben geschieht

· Eintreten des physischen Todes

Rudolf Steiner spricht darüber, dass der physische Tod, den wir das eigentliche Sterben nennen, nur der erste Tod ist, bei dem wir den physischen Leib ablegen.

· Eingehen in die Lichtwelt und Auflösung des ätherischen Organismus

Dann folgt das wunderbare Erlebnis des Eingehens in die Lichtwelt. Es zeigt an, dass auch der Gedanken- und Lebenskräfteorganismus, der ätherische Organismus, sich langsam aufzulösen beginnt und stirbt.

Dieses Sich-Auflösen erlebt die Seele sehr stark mit: Zunächst als Panorama des eigenen Lebens, das rückwärts an ihr vorbeizieht. Sie erlebt, wie die Lebenschiffren und Bilder des vergangenen Erdenlebens sich immer weiter entfernen und von der Äthersphäre aufgenommen werden, von der Gedankenwelt und der Intelligenz dieses Kosmos, wie sie dort mit einverwoben werden und nicht verloren gehen.

Nach etwa drei Tagen ist der zweite Tod, die Auflösung des ätherischen Organismus, vollzogen. In diesen ersten drei Tagen, ist es außerordentlich hilfreich, wenn Menschen, die den Verstorbenen gekannt haben, in die Lebensrückschau mit einsteigen und ihn begleiten, indem sie liebevoll auf sein Leben hinblicken – gerade so, wie es war.

· Kamaloka und Auflösung des astralischen Organismus

Jetzt treten wir in das Kamaloka ein, wo wir erfahren, wie andere uns erlebt haben. Dort wird uns bewusst, was uns während des Lebens nicht bewusst war. Die Kamalokazeit, die einer Läuterungsphase gleichkommt, dauert etwa ein Drittel des gelebten Lebens. Ihr folgt der dritte Tod, die Ablösung aller seelisch-astralischen Erlebnisse.

Die Seele behält durch all das hindurch nur die Gedanken zurück, mit denen sie sich im Leben durch die Art, wie sie dieses Leben lebte, ganz und gar verbunden hat, bei denen sie ganz authentisch war, mit denen sie sich wirklich identifizieren und mit ihrem tiefsten Wesen verbinden konnte. Alles, was nicht nur Gedanke und Vorstellung blieb, sondern Teil des eigenen Wesens wurde, kann mitgenommen werden. Von dem Übrigen muss man sich trennen, das löst sich auf, wie auch der physische Leib bei der Erde bleibt und sich auflöst.

Vgl. Vortrag „Die spirituelle Dimension der Todesnähe“, 14.09.2007

ENGEL UND GEDANKENLEBEN

Warum sind Engel so zurückhaltend?

Wie kann der Mensch ihnen nahekommen?

Einfluss von höheren geistigen Wesen

Engel sind unsichtbar und nur dem denkenden Erleben zugänglich. Diese Art des Erlebens drängt sich dem Men­schen jedoch nicht auf, sondern muss von ihm aktiv gesucht werden. Hierin spricht sich der Wille des Engels aus, nichts zu tun, was die menschliche Entwicklung zur Freiheit stören könnte. Es ist dem Menschen selber überlassen, ob er sich an die Spitze der sinnlichen Welt stellt und nach seinem Willen einfach nur schaltet und waltet, oder ob er sich als unterstes Glied einer Welt erhabener Geistwesen aufzufassen lernt mit der Aufgabe, sich sei­ner eigenen Geistnatur bewusst zu werden und einem höheren Gan­zen zu dienen.

Wir erleben gegenwärtig sehr deutlich, dass das Leben auf der Erde davon abhängt, welche Aufgaben und welche Entwicklungs­ziele wir uns als Menschheit setzen. Diese Möglichkeit zu wählen, diese Freiheit, verdanken wir der Tatsache, dass sich die Wesen der höheren Welten nur dem Unsichtbaren in uns, dem Gedankenleben zunei­gen.

Durch die Gedanken mit Geistwesen kommunizieren

Es ist wichtig für das menschliche Gemüt sich klarzuma­chen, dass das Gedankenleben im Grunde nichts anderes ist als ein Leben in der geistigen Welt, ein Leben mit den Wesen der geistigen Welt selber. So wie wir mit unseren Gedanken Naturgesetze erfassen können, die als Unsichtbares jedem sichtbaren Naturgeschehen zugrunde liegen, so können wir mit unseren Gedan­ken auch die moralischen Qualitäten, die Eigenschaften geistiger Wesen, erfassen und mit ihnen leben.

Durch das Gedankenleben machen wir uns das Unsichtbare in der sichtbaren Welt bewusst. Dadurch wird aber auch das Unsichtbare der unsichtbaren Welt erlebbar. Es durchdringt alles, lebt in den Geset­zen und in dem Geist, der in der Welt wirksam ist. Sich auf das eigene Gedankenleben zu besinnen, bringt den Menschen der geistigen Welt auf sachliche und natürliche Art nahe.

Im Denken dem Engel begegnen

Mit Hilfe des Denkens können wir die gesamte sichtbare Welt be­greifen. In den Ideen und Idealen können wir auch die Welt des Religiösen, die unsichtbare geistige Welt, erfahren. Wer die Beschaf­fenheit seiner Ideale näher untersucht, lernt eine Seite des Gedan­kenlebens kennen, die ihm normalerweise verborgen bleibt: dass Gedanken Kräfte sind und nicht bloße schattenhafte Vor­stellungsbilder.

Woher kommen diese Kräfte?

Wer die beiden Ideale des Chri­stentums, Freiheit und Liebe, ernst nimmt, kann erleben, dass alles im Menschenleben zu diesen beiden Idealen in Beziehung steht. Wer ihnen nachstrebt, ist allen Lebenslagen ge­wachsen, ist gleichsam unschlagbar und fühlt sich von einer großen Kraft getragen. Diese Kraft geht von den Wesen aus, die sich durch diese Ideale dem Menschengeist offenbaren. Lebt ein Ideal in einem Menschen, dann lebt auch das Wesen, das mit diesem Ideal verbunden ist, in ihm. So geht die Kraft der Ideale von den Wesen der geistigen Welt selber aus.

Welche Qualität macht es möglich, dass ein Engel uns von seiner Kraft schenken kann?

Es ist die Qualität der Selbstlosigkeit. Diese Eigenschaft können wir am stärksten mit dem Engel selbst identifizie­ren: Er ist immer da, immer hilfsbereit, immer wach, be­gleitet uns durch alle Höhen und Tiefen der Entwicklung, ohne jemals etwas für sich zu fordern. Er bleibt uns treu, er wartet, er geleitet uns, immer zur Verfügung stehend.

Sich in Freiheit der geistigen Welt nähern

Dadurch kann sich der Mensch in völliger Freiheit und Bewusstheit der unsichtbaren Welt nähern. Wenn man die höheren Wesen zunächst nur denkt, ist das wie eine erste zarte Berührung. In dem Augenblick jedoch, in dem man sich entschließt, einen Gedanken so wesentlich werden zu lassen, dass man sich ganz mit ihm verbindet und identifiziert, dass man sich bemüht so zu werden, wie es dem Ideal entspricht, kann man die Kraft und Realität des geistigen Wesens erleben, das sich durch diesen Ge­danken offenbart. Wird man einem solchen Ideal später wieder un­treu, kann man deutlich empfinden, wie diese Kraft von einem geht. Dann fühlt man sich möglicherweise „von allen guten Geistern verlassen“. Beginnt man jedoch die Beziehung wieder aufzuneh­men, kommt einem die geistige Welt wieder näher. Die Wesen der geistigen Welt sind ständig in uns und um uns – der Grad ihrer Wirksamkeit und Hilfe hängt jedoch davon ab, inwieweit wir uns mit ihnen verbinden wollen.

In jedem Augenblick, in dem wir eine Idee zu einem Ideal erhe­ben, können wir uns durch diese Identifikation mit einem Wesen der geistigen Welt in Beziehung setzen. Da gibt es viele Quali­täten: Treue ist etwas anderes als Selbstlosigkeit, Liebe etwas ande­res als Mut, Friede etwas anderes als Stille. Sobald man sich einem solchen Ideal hingibt, wird man von der Kraft berührt, die in ihm lebt und in uns wirken kann, die von einem geistigen Wesen ausgeht.

Vgl. Kapitel „Vom Wirken der Engel im Leben von Kindern und Erwachsenen“, Elternsprechstunde, Verlag Urachhaus, Stuttgart

ÄTHERAURA DER ERDE KRÄFTIGEN

Inwiefern hängen unsere Gedanken mit der Ätheraura der Erde zusammen?

Wie können wir zur Stärkung der Ätherkräfte beitragen?

Gute Gedanken in den Äther senden

Der folgende Spruch von Rudolf Steiner kann Gedanken anregen, die die Seele dankbar stimmen:

In den reinen Strahlen des Lichtes

Erglänzt die Gottheit der Welt.

In der reinen Liebe zu allen Wesen

Erstrahlt die Göttlichkeit meiner Seele.

Ich ruhe in der Gottheit der Welt;

Ich werde mich selbst finden

In der Gottheit der Welt.

Vielleicht greift der eine oder andere einen solchen Gedanken auf und pflegt ihn nicht nur für sich, um besser in den Tag zu finden, sondern denkt ihn für alle Menschen mit, um mitzuhelfen, dass ihnen die Gedankensphäre der Erde leichter zugänglich wird. Man kann auf diese Weise die wundervolle Ätheraura der Erde kräftigen, in der der Christus und die Gottheit der Welt leben, in der die Engel anwesend sind, in die die höchsten Hierarchien hineinragen und an der die Elementarwesen mitschaffen. Der Wunsch, die Äthersphäre der Erde durch gute Gedanken zu kräftigen, trägt dazu bei, dass diese guten Gedanken anderen Menschen leichter „einfallen”.

Schwächung durch geistige Arbeit ausgleichen

Überall sterben Tier- und Pflanzenarten aus, stirbt der Wald, wird durch gentechnische Manipulationen die Erbsubstanz, die ätherische Kraft, geschwächt.

Das muss durch geistige Arbeit ausgeglichen werden. Diese geistige Arbeit kann wieder auf andere Menschen zurückstrahlen und ihnen Mut machen, sich den zerstörerischen Tendenzen zu widersetzen, z.B. kein Gentech-Food zu kaufen oder zu verkaufen. Gute Gedanken geben den stärksten Halt im persönlichen Leben und in der Liebe zwischen Menschen: Indem wir Gutes voneinander denken und fühlen, indem wir einem anderen Vertrauen entgegenbringen, erzeugen wir in uns eine unsichtbare geistig-menschliche Kraft. Indem wir uns in Gedanken, Gefühlen und Handlungen mit unseren Idealen verbinden und aneinander denken, an die Gesichter, die hier waren, und einander Gutes wünschen, tragen wir etwas von dem in die Welt, was ihr heute so sehr fehlt.

Selbstverständlich kann man so etwas nicht verordnen. Alle geistigen, seelischen und sichtbaren Handlungen in diesem Zusammenhang muss jeder einzelne Mensch in Freiheit aus sich heraus vollziehen. Nur dann entsteht Gutes daraus.

Vgl. „Die Würde des kleinen Kindes“, 3. Vortrag, Kongressband Nr. 2, gelbes Heft

VERNETZTE GEDANKEN

Inwiefern sind unsere Gedanken vernetzt?

Wie drückt sich das aus?

Der Ätheraura gute Gedanken einprägen

Ein Gesetz der geistigen Welt ist das Phänomen der „wundersamen Brotvermehrung“ durch geistige Arbeit: Was an einer Stelle auf unserem Globus ernsthaft gedacht und oft unter großen Widerständen umgesetzt und realisiert wird, kann an jedem anderen Orte  dadurch erscheinen, dass es jemandem „einfallen“ kann als gute Idee. Dadurch, dass es einmal gedacht wurde, ist es der Gedankensphäre der Erde real eingeprägt.

Im Denken sind wir nicht so abgegrenzt voneinander wie in unserem physischen Leib, denn unsere Gedanken sind miteinander vernetzt.

Deswegen hat keine große Erfindung oder Entdeckung in der Wissenschaft jemals nur an einem Ort stattgefunden. Immer hatten zwei oder drei Menschen an unterschiedlichen Orten die gleiche wissenschaftliche Erleuchtung, weil sie abrufbar „in der Luft lag“, wenn die Zeit dafür reif war bzw. wenn sie schon von jemandem vorausgedacht worden war.

Vgl. Festvortrag zum 40jährigen Jubiläum von Herdecke, gehalten am 10.11.2009

GEDANKENWIRKEN IN NATUR UND MENSCH

Wie offenbart sich das Gedankenwirken in der Natur?

Wie wirken Gedanken im Menschen?

Gedankenkräfte als freigewordene Wachstumskräfte

In der Natur wirken Gedankenkräfte, die sich in Naturerscheinungen, Pflanzen und Tiere verkörpert haben. Der Mensch ist das einzige Wesen, das diese Gedanken aus ihrer Verkörperung gelöst erkennen kann – weil er denken kann.

Im Menschen sind diese Kräfte auch verkörpert, er lebt ja auch als Teil der Natur. Aber er lebt nicht nur im Körper, sondern er ist auch Teil eines leibfreien Gedankenorganismus. Mit zunehmendem Alter kann er die Gedankenkräfte heraus lösen aus den Körperprozessen. Die an Wachstum und Regeneration beteiligten ätherischen Kräfte werden als Gedankenpotential zunehmend frei für geistiges Wachstum.

Wir Menschen sind unterschiedlich fortgeschrittene Inkarnationsstufen unseres unsichtbareren Gedankenorganismus, so wie der Gedanke oder das Wesen der Pflanze sich zunehmend inkarniert, wenn die Pflanze wächst, vom Keim bis zur Frucht.

  • Unser übersinnlicher Wesenskern inkarniert sich am Lebensanfang in diesem Leib und steht ihm in Form von Wachstumskräften zur Verfügung.
  • Ab der Lebensmitte exkarniert dieser Wesenskern wieder Schritt für Schritt und steht uns in Form von zusätzlichen Gedankenkräften zur Verfügung. Der Gedankenorganismus entwickelt sich dadurch weiter.
  • Im Todesaugenblick verlässt er diesen Leib. Wir sind dann ganz Geistleib, erfüllt von hellster Bewusstseinsklarheit.

Zum Gedanken seiner selbst werden – zweite Geburt

Während des ganzen Lebens arbeitet der Mensch schrittweise an seinem Gedankenorganismus und erwacht dabei als geistiges Wesen. In dem Maß, in dem er sich selbst denken kann, kann er sein Leitbild formen und sein Leben dazu verwenden, immer mehr zu diesem Gedanken seiner selbst zu werden.

Dieser Prozess wird in der Mystik und in der christlichen Religion „zweite Geburt“ genannt. Ich kann diese Geburt vollbewusst im Denken aus meiner spirituellen Kraft heraus herbeiführen, indem ich sage: „So will ich werden. Ich gebäre mich neu, indem ich dieses Ideal verwirkliche und mich dabei selbst verwirkliche.“

Wir alle kennen vielfältige Bemühungen der Selbstverwirklichung. Es ist jedoch schade, dass das Denken dabei in der Regel nicht mit reflektiert wird als die spirituelle Kraft, die Mensch und Natur, Mensch und Gott verbindet. Denn unser Denken durchdringt das All, ist überall wirksames Gesetz, ist die Wahrheit, um die es geht, die mich mit allem verbindet.

Ich kann mich mit einem Gedanken so sehr identifizieren, dass ich mir vornehme, mein ganzes Wesen in den Dienst dieses Ideals zu stellen. Ich kann mir vornehmen selbst wahrhaftig, liebevoll, frei werden zu wollen – und dann geschieht etwas sehr Erstaunliches: Ich kann zu diesem Ideal, diesem Gedanken, werden und umgekehrt wird der Gedanke ein Teil von mir. Wenn man sich dieser Tatsache in aller Konsequenz bewusstwird, beginnt man zu verstehen, welche spirituelle Kraft dem Denken innewohnt. Man erkennt dann, dass Gedanken nichts anderes sind als die geistige Tragekraft von Wesen: Indem ich eine Blume denke, trage ich alles, was eine Blume zur Blume macht in mir – alle Gesetze ihres Wachstums, ihrer Farbigkeit, ihres wunderschönen Erscheinungsbildes. Wenn ich über ihr Wesen meditiere, komme ich zu einem bewussten schamanischen Erlebnis. Ich kann die Pflanze, so wie Goethe das praktizierte, im eigenen Denken nachbilden. Ich kann mir in meinem Denken all die Gesetze vergegenwärtigen, mit denen die Natur arbeitet.

Denkender Vorstoß zum Wesen

Im Denken endet das dualistische Weltbild. Dort gibt es nur noch ein Erwachen im Geist und unendliche Möglichkeiten, sich geistig in Beziehung zu setzen. Damit stehe ich an der Schwelle, an der ich erkennen muss: Im philosophischen Kontext kann Idealismus noch als „Ideen-Wissenschaft“ betrieben werden. Will ich diese tief empfundenen Ideen verwirklichen, stoße ich vom Denken zum Wesen vor, das ich denke und welches sich in diesen Gesetzmäßigkeiten offenbart: Erst dann bin ich im Zentrum aller Spiritualität angelangt.

Wenn ich zum Wesen des Ideals – „Ich bin die Wahrheit“ – vorgestoßen bin, von diesem Ideal, das in allem lebt, in allem wirkt und in jeder noch so kleinen Gesetzmäßigkeit seines Wesens offenbart, dann erst verstehe ich das Logos-Prinzip auf dreifache Weise:

  • Ich verstehe es geistig-gedanklich,
  • empfinde es in all meinen tiefen Gefühlsbeziehungen
  • und erlebe es in meinem Tun.

Jetzt erkenne ich vollumfänglich, dass es von mir abhängt, wie ich das Schöpferwort in mir und in meinem Leben in die Tat umsetze, dass es auch des Namens des Herrn würdig und damit menschenwürdig ist.

Vgl. Vortrag über „Spiritualität und Lebensfreude als Schlüssel zu tiefen Beziehungen“ am 06.11.2000

NÄCHTLICHES FORTWIRKEN VON GEDANKEN

Inwiefern wirken unsere Gedanken nachts fort?

Welches Wesensglied ist maßgeblich dafür verantwortlich?

Was können wir tagsüber tun, um unsere nächtliche Regeneration zu fördern?

Offene Lemniskate als Bild der menschlichen Konstitution

Nun noch ein paar Gedanken zu Bedeutung der Wesensglieder für den Schlaf und wie man „richtig schlafen“ lernen kann. Zur Verdeutlichung möchte ich den Menschen mit einer offenen Lemniskate vergleichen.

  • Der physische Leib kann als unterer Teil der Lemniskate begriffen werden, in den die Wesensglieder inkarniert sind und wo sie auch körperzentriert an der Erhaltung unseres Lebens und unserer Gesundheit arbeiten.
  • Unsere Gedanken-, Gefühls- und Willensimpulse (Handlungsimpulse) verdanken wir unseren leibfreien Wesensgliederanteilen. Sie sind im besten Fall der Welt zugewandt und können als oberer Teil dieser Lemniskate begriffen werden.

Bei Tage sind unsere Wesensglieder leibfrei, herausgehoben aus dem physischen Leib, als unser Denken, Fühlen und Wollen.

In der Nacht begibt sich der Ätherleib vollständig in den physischen Leib hinein, um ihn zu erfrischen und zu regenerieren. Astralleib und Ich, die ewig, also ohne Raum und Zeit, sind, bleiben draußen. Sie können jetzt nicht mehr mit dem Ätherleib zusammenwirken, weil er sich beim Einschlafen vom Astralleib gelöst hat, und weiten sich in den Kosmos hinein aus.

Viele Menschen erleben dieses Weiten, wenn sie sehr müde sind und schnell einschlafen und plötzlich zusammenzucken. Warum? Weil des schnelle Sich-Weiten Angst macht –man kommt also kurz wieder zurück und freut sich, dass man doch keinen epileptischen Anfall hatte, sondern es sich nur um ein „Einschlaf-Zucken“ handelte. D.h., man verliert beim Einschlafen das Bewusstsein: Kein Mensch kann sich deshalb an den letzten Moment vorm Einschlafen erinnern. Aber jeder Mensch kann sich an den Aufwach-Moment erinnern, weil wir an der physisch-ätherischen Konstitution erwachen und das Denken und Fühlen sofort wieder zusammenfinden, sodass man merkt, dass man wieder „da“ ist.

Gedanken und nächtliche Regeneration

Das macht verständlich, warum sich alles, was wir bei Tage gedacht haben, bei Nacht auf das Regenerationsgeschehen auswirkt auf mehr oder weniger hilfreiche Art und Weise.

In der Nacht schädigend wirken:

  • falsche, kalte, gefühllose Gedanken
  • Gedanken ohne Konsequenz
  • Reden, ohne es umzusetzen
  • oder noch schlimmer noch: das eine zu sagen, das andere zu tun (wie bei schlechter Politik)
  • dissoziierte Bewusstseinszustände
  • Unehrlichkeit
  • Hinterhältigkeit in jeder Form

Denn wir sind gesund, wenn im Körper alles (überein)stimmt, und wir gehen zum Arzt, wenn irgendetwas nicht stimmt. Gesundheit ist physiologische Stimmigkeit, Wahrhaftigkeit. Liebe ist so gesund, weil man, wenn man liebt, in Harmonie ist mit allem. Und es ist ein Zeichen von Gesundheit, wenn jede Funktion gut abgestimmt mit den anderen harmonisch verläuft.

Insofern kann man verstehen, warum wahre Gedanken, liebevolle Gefühle und natürlich guter Wille Nacht für Nacht stärkend wirken: All das vibriert im Denken fort, denn das Denken nimmt ja alles auf, was über die Sinne herangetragen wird, was man gehört, empfunden, gedacht hat. Daran wird auch noch einmal appelliert: Alles ins Denken aufzunehmen, was das Kind hier erlebt, empfunden und gedacht hat. Das Denken ist wie ein Gefäß, in dem weiterwirkt, was im Gefühl und in den Sinnen lebte. Das wird dann je nachdem in der Nacht zu einem Gesundungsimpuls oder auch zu einem Kränkungsimpuls.

Rudolf Steiner wird humorvoll im Pastoralmedizinischen Kurs[1], wo er diese Tag-Nacht-Situation schildert: „Wenn die Menschen wüssten, dass sie sich nachts auch krankschlafen können, würden sie nicht so viel schlafen.“

Vortrag „Die salutogenetische Wirkung von Kinderhandlung, Jugendfeier und Opferfeier“, für Religionslehrer 2012


[1] Rudolf Steiner, Pastoralmedizinischen Kurs, Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. GA 318.

DAS WESEN EINES GEDANKENS ERGRÜNDEN

Was ist mit dem Wesen eines Gedankens gemeint?

Wie dringt man dazu vor?

Die spirituelle Kraft des Denkens

Ich kann mich mit einem Gedanken so sehr identifizieren, dass ich mir vornehme, mein ganzes Wesen und Tun in den Dienst eines Ideals zu stellen. Ich kann mir vornehmen selbst wahrhaftig, liebevoll, frei werden zu wollen – und dann geschieht etwas sehr Erstaunliches: Ich kann zu diesem Ideal, diesem Gedanken, werden und umgekehrt wird der Gedanke ein Teil von mir. Wenn man sich dieser Tatsache in aller Konsequenz bewusstwird, beginnt man zu verstehen, welche spirituelle Kraft dem Denken innewohnt.

Man erkennt, dass Gedanken nichts anderes sind als die geistige Tragekraft von Wesen: Indem ich eine Blume denke, trage ich alles, was eine Blume zur Blume macht in mir – alle Gesetze ihres Wachstums, ihrer Farbigkeit, ihres wunderschönen Erscheinungsbildes. Wenn ich über ihr Wesen meditiere, komme ich zu einem bewussten schamanischen Erlebnis. Ich kann die Pflanze, so wie Goethe das praktizierte, im eigenen Denken nachbilden. Ich kann mir in meinem Denken all die Gesetze vergegenwärtigen, mit denen die Natur arbeitet.

In der Natur wirken Gedankenkräfte, die sich in Naturerscheinungen, Pflanzen und Tieren verkörpert haben. Der Mensch ist das einzige Wesen, das diese Gedanken aus ihrer Verkörperung gelöst erkennen kann – weil er denken kann.

Gedankenkräfte als freigewordene Wachstumskräfte

Im Menschen sind diese Kräfte auch verkörpert, er lebt ja auch als Teil der Natur. Aber er lebt nicht nur im Körper, sondern er ist auch Teil eines leibfreien Gedankenorganismus. Mit zunehmendem Alter kann er die Gedankenkräfte heraus lösen aus den Körperprozessen. Die an Wachstum und Regeneration beteiligten ätherischen Kräfte werden als Gedankenpotential zunehmend frei für geistiges Wachstum.

Wir Menschen sind unterschiedlich fortgeschrittene Inkarnationen unseres unsichtbareren Gedankenorganismus, so wie der Gedanke oder das Wesen der Pflanze sich zunehmend inkarniert, wenn die Pflanze wächst, vom Keim bis zur Frucht. Unser übersinnlicher Wesenskern inkarniert sich am Lebensanfang in diesem Leib und steht ihm in Form von Wachstumskräften zur Verfügung.

Ab der Lebensmitte exkarniert er wieder Schritt für Schritt und steht dem Menschen in Form von Gedankenkräften zur Verfügung. Der Gedankenorganismus entwickelt sich dabei und verlässt im Todesaugenblick diesen Leib. Wir sind dann ganz Geistleib, erfüllt von hellster Bewusstseinsklarheit.

Die zweite Geburt

Während des ganzen Lebens arbeitet der Mensch schrittweise an seinem Gedankenorganismus und erwacht dabei als geistiges Wesen. In dem Maß, in dem er sich selbst denken kann, kann er sein Leitbild formen und sein Leben dazu verwenden, immer mehr zu diesem Gedanken seiner selbst zu werden.

Dieser Prozess wird in der Mystik und in der christlichen Religion „zweite Geburt“ genannt. Ich kann diese Geburt vollbewusst im Denken aus meiner spirituellen Kraft heraus herbeiführen, indem ich sage: „So will ich werden. Ich gebäre mich neu, indem ich dieses Ideal verwirkliche und mich dabei selbst verwirkliche.“

Wir alle kennen vielfältige Bemühungen der Selbstverwirklichung. Es ist jedoch schade, dass das Denken dabei in der Regel nicht mit reflektiert wird als die spirituelle Kraft, die Mensch und Natur, Mensch und Gott verbindet. Denn unser Denken durchdringt das All, ist überall wirksames Gesetz, ist die Wahrheit, um die es geht, die uns mit allem verbindet.

Dreifacher Vorstoß zum Wesen eines Gedankens

Im Denken endet das dualistische Weltbild. Dort gibt es nur noch ein Erwachen im Geist und unendliche Möglichkeiten, sich geistig mit dem Gedankenkosmos in Beziehung zu setzen. Damit steht man an der Schwelle, an der man erkennen muss: Im philosophischen Kontext kann Idealismus noch als „Ideen-Wissenschaft“ betrieben werden. Will man diese tief empfundenen Ideen nicht nur denken, sondern auch verwirklichen, stößt man vom Denken zum Wesen vor, das sich in diesen Gesetzmäßigkeiten offenbart: Erst dann bin ich im Zentrum aller Spiritualität angelangt.

Wenn ich zum Wesen des Ideals – „Ich bin die Wahrheit“ – vorgestoßen bin, von diesem Ideal, das in allem lebt, in allem wirkt und in jeder noch so kleinen Gesetzmäßigkeit seines Wesens offenbart, dann erst verstehe ich das Logos-Prinzip auf dreifache Weise:

  • Ich verstehe es geistig-gedanklich,
  • Ich empfinde es in all meinen tiefen Gefühlsbeziehungen
  • und erlebe es in meinem Tun.

Ich erkenne, dass es von mir abhängt, wie ich dieses Schöpferwort in mir und in meinem Leben in die Tat umsetze, dass es auch des Namens des Herrn würdig und damit menschenwürdig ist.

Vgl. Vortrag über „Spiritualität und Lebensfreude als Schlüssel zu tiefen Beziehungen“ am 06.11.2000