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Nachtodliches und vorgeburtliches Leben: Unterschied zwischen den Versionen
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Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/ | Auszüge aus Büchern und Vorträgen von [[Michaela Glöckler]]; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/ | ||
== NACHTODLICHE BEGLEITUNG DURCH DIE DRITTE HIERARCHIE == | |||
''Welche Beziehung haben wir nachtodlich zu den geistigen Wesen der dritten Hierarchie?'' | |||
''Was bewirkt die bewusste Zusammenarbeit mit ihnen?'' | |||
=== ''Qualitäten auf Erden, die uns im Nachtodlichen wachhalten'' === | |||
Ich möchte an dieser Stelle aufzeigen, welche Qualitäten uns helfen, im Nachtodlichen wach und in Kontakt mit den geistigen Wesen der dritten Hierarchie zu bleiben, die uns in den verschiedenen Phasen der Rückschau auf das vergangene Leben und bei der Vorschau auf das kommende begleiten. | |||
==== '''•''' Begleitung des Engels durch das Kamaloka und die Planetensphären ==== | |||
Rudolf Steiner sagt, wenn der Entwicklungsgedanke einen Menschen durchs Leben begleitet, so verfügt dieser nachtodlich über ein waches Selbstbewusstsein, mit dem der Engel nach dem Tode direkt kommunizieren kann. Unser Engel trägt alles im Gedächtnis, was wir im Lichte der Engel getan haben, auch jeden Begegnungsmoment. Mit diesem „Schatz“ gerüstet kann er uns durch das Kamaloka und die Planetensphären begleiten, kann mit uns gemeinsam auf das nächste Erdenleben schauen und es vorgeburtlich vorbereiten. | |||
Die wache Kommunikation mit dem Engel im Nachtodlichen bewirkt, dass man im nächsten Leben gut mit der eigenen Biographie zurechtkommt, dass man das eigene Leben bejahen kann. | |||
Menschen jedoch, die ohne Idealismus und mit einem Selbstbewusstsein, das sich nur auf materielle Werte abstützt, durchs Leben gehen, verschlafen das nachtodliche Leben in den Armen ihres Engels. Ihre größte Sehnsucht ist es, möglichst schnell wieder auf der Erde zu erwachen, um ihr irdisches Selbstbewusstsein rasch wiederzuerlangen – was laut Rudolf Steiner dazu führt, dass allzu viele Menschen allzu früh wiedergeboren werden. Darin sieht er eine der Hauptursachen für das rapide Bevölkerungswachstum. Am Ende der Planetensphären übergibt uns der Engel dem mit uns verbundenen Erzengel. | |||
==== '''•''' Begleitung des Erzengels durch die Fixsternregion ==== | |||
Des Weiteren führt Rudolf Steiner aus: Wenn man zu Lebzeiten den Entwicklungsgedanken bzw. das Ziel der Menschheitsentwicklung als Ideal zu fühlen imstande sei und dieses Gefühl mit anderen teile, sodass dadurch Gemeinschaften entstehen, könne man im Nachtodlichen auch mit dem Erzengel bewusst kommunizieren. Der mit uns verbundene Erzengel durchquert mit uns die Fixsternregion. Er bewahrt alle heilenden, friedenstiftenden, harmonieverbreitenden Momente sowie alle wohlwollenden Gefühle der Toleranz anderen Menschen und Völkern gegenüber auf. Über diese Kostbarkeiten kann er mit uns kommunizieren und uns die geistige Welt zeigen, sodass wir nachtodlich viele bewusste Erfahrungen machen. Die Erzengel arbeiten mit uns insbesondere am Astralleib, aber auch am Ätherleib. | |||
Wenn wir wach genug waren, um bewusst mit ihnen zusammenzuarbeiten, fällt es uns leicht, zu dem Volkstum, der Sprache, der Kultur und der Religion, in die wir hineingeboren wurden, in ein ganz bewusstes Verhältnis zu treten. Wir sind dann nicht abhängig davon, sind nicht fixiert darauf, es liegt nicht „in unserem Blut“, ist kein Zwang, sondern eine Option, ein Werkzeug. | |||
Die spirituelle Ursache für Chauvinismus dagegen sieht Rudolf Steiner in unserer materialistischen Zeit, die bewirkt, dass so viele Menschen in der geistigen Welt schlafen und als Folge abhängig werden von ihrem Körper, ihrem Blut, ihrer Volkszugehörigkeit, ihrer Religion und deshalb leicht in die Fesseln von fanatischen, chauvinistischen, unfrei machenden Gemeinschaften geraten. | |||
==== '''•''' Begleitung der Archai bis zur Mitternachtssonne ==== | |||
Am Ende der Fixsternregion übergibt uns der Erzengel den Archai, die uns bis zur Mitternachtssonne geleiten und uns dort der heiligen Trinität übergeben. Die Archai können mit uns kommunizieren, wenn wir als wache Zeitgenossen lebten und bewusst die Verbindung zu ihnen suchten, damit sie uns im Lichte des Christus gemäß seinen Idealen leiten mögen, wenn wir sterben. Denn die christlichen Archai können uns nur leiten, wenn wir in Christus gestorben sind. Wenn wir diese Ideale nicht nur gedacht und gefühlt haben, sondern auch aus ihnen heraus gehandelt und das eigene Leben danach ausgerichtet haben, hat man die guten Geister der Zeit unterstützt und einen Beitrag zur Weltentwicklung geleistet. | |||
Auf diese Weise könne man jede Nacht mit den Archai im Gespräch sein und habe so nachtodlich die Möglichkeit, sich mit ihnen gemeinsam den Sinn der Zeitepoche, in der man lebte, zu erarbeiten und schließlich im Hinblick auf eine erneute Inkarnation zu überlegen, wann es wieder an der Zeit wäre, einen nächsten Entwicklungsschritt auf Erden zu tun. | |||
Die Archai beraten sich mit uns zudem über den Geistkeim für unsere nächste Verkörperung und sorgen dafür, dass wir gemäß unserem Schicksal die bestmögliche Erbsubstanz erhalten. Wer wach an dieser Beratung teilhatte, kann in seinem neuen Leben gut mit seinem physischen Leib umgehen, hat ein ganz selbstverständliches Verhältnis dazu – was daran liegt, dass wir mit den Archai bewusst daran gearbeitet haben: Je bewusster wir in der geistigen Welt waren, desto freier fühlen wir uns auf Erden. Rudolf Steiner nennt diesen Leib auch einem „guten Patron“, der unserer Biographie dienen und sie nicht behindern soll. | |||
=== ''Wachheit in der geistigen Welt macht frei auf Erden'' === | |||
Wer also im Nachtodlichen wach bleiben kann, ist in der Lage | |||
* mit den '''Archai''' zusammen bewusst ''die Zeitepoche'' für die nächste Inkarnation zu wählen, | |||
* mit dem '''Erzengel''' zusammen bewusst ''das Volk und die Gemeinschaften'' zu wählen, in die man hineingeboren werden möchte | |||
* und mit dem '''Engel''' zusammen bewusst ''das Leben'' vorausplanen, das man seinem Schicksal gemäß führen will. | |||
Das zeigt sich in dem betreffenden Erdenleben daran, dass man ein freies Verhältnis zu seiner Biographie, zu den Gemeinschaften, mit denen man zu tun hat, zum eigenen Volkstum, zur eigenen Religion, und zur eigenen Zeit entwickelt. | |||
Kinder erleben heute jedoch sehr oft unfreie, unzufriedene Erwachsene, die mit ihren Lebensumständen hadern, die darunter leiden und voller Frust sind. Chauvinismus, Fanatismus, auch religiöser Fanatismus werden sogar noch zunehmen als Folge des Materialismus. Hass auf die Zeit, Unbehagen, vor allem aber die tiefe Angst vor der Zukunft und das Gefühl, dass alles nur noch schlimmer werden kann, ''müssen'' zunehmen, wenn Menschen nicht beginnen, das Höhere Ich in Wärme und Liebe aufzunehmen und dadurch ein atmendes freies Verhältnis zur eigenen Konstitution, zu den Menschen im Umkreis, zu den Andersdenkenden, aber auch ein positives Verhältnis zu der Zeit, in die Kinder hereingeboren werden, erringen. | |||
=== ''Aus der Tiefe bitten'' === | |||
Bezugnehmend auf die Worte aus dem Grundsteinspruch[1], ''„Lasset aus den Tiefen erbitten, was in den Höhen erhöret wird“'', bedeutet das: Wir Menschen müssen lernen, „aus der Tiefe“ um die richtigen Gedanken, Gefühle und eine dienstbereite Haltung zu bitten, sodass die dritte Hierarchie „in den Höhen“ uns hören kann | |||
* und unsere persönliche Reise durchs Leben gut begleiten, | |||
* unsere Konflikte und Kämpfe im Sozialen Heilung erfahren | |||
* und wir auch heilsam auf den Zeitgeist einwirken können. | |||
Wir sind dann auf allen Ebenen in Kontakt mit den Wesen der dritten Hierarchie. Wenn man sich | |||
* '''morgens''' beim Aufwachen das ''„Ex Deo nascimur“'' (aus Gott sind wir geboren) vergegenwärtigt, | |||
* '''abends''' das ''„In Christo morimur“'' (in Christus sterben wir) | |||
* und '''tagsüber''' das ''„Per spiritum sanctum reviviscimus“'' (durch den Heiligen Geist werden wir auferstehen), | |||
so erinnert man sich laufend daran, dass man Träger eines höheren Wesens ist, eines heiligen, heilsamen Prinzips, das einen tief mit allen Menschen verbindet. | |||
''Vgl. „Die Inkarnationsschritte der Ich-Organisation und das Freiwerden des Willens“, Vortrag vor Förderlehrern am 28. Oktober 2013'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, ''Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Der Wiederaufbau des Goetheanum'', GA 260a, Dornach 1987. | |||
== ZWISCHEN TOD UND NEUER GEBURT == | |||
Was ist unter Weltenmitternacht zu verstehen? | |||
Wie lässt sich die Weltenmitternachtsstimmung charakterisieren? | |||
=== ''Weltenmitternacht als Wendepunkt'' === | |||
Mithilfe einer kleinen Skizze aus der Anthroposophie lässt sich darstellen, dass wir zwischen Tod und neuer Geburt die Planetensphären sowie die Fixsternregion durchqueren. Und so, wie wir auf der Erde von einer Mitte des Lebens sprechen, erreichen wir auch eine „Mitte“ zwischen Tod und einer neuen Geburt – von den Eingeweihten „Weltenmitternacht“ genannt. An diesem Punkt endet die Aufarbeitung des letzten Erdenlebens. Eine tiefe Ruhe tritt ein – in den esoterischen Traditionen spricht man auch vom „Ruhen in Gott“ oder vom „Ruhen in Abrahams Schoß“ oder vom „Schauen der Sonne um Mitternacht“. Das sind alles Bilder für die tiefste Gottes- und Sinnbegegnung, die der Mensch überhaupt erleben kann, wo er sich ganz und gar gerechtfertigt fühlt als sich entwickelndes Wesen. Die Weltenmitternacht ist die erhabenste Stimmung, die dem Grunde der Seele eines jeden Menschen eingeschrieben ist. | |||
Im normalen Leben können wir immer dann etwas von dieser Weltenmitternachtsstimmung erspüren, wenn der „Augenblick zur Ewigkeit wird“, wie Goethe es formuliert, wenn man im Augenblick ganz und gar geistesgegenwärtig ist, d.h. wenn die folgende zen-buddhistische Meisterübung Praxis geworden ist: „Wenn ich liege, liege ich, wenn ich sitze, sitze ich, wenn ich stehe, stehe ich und wenn ich gehe, gehe ich“. Durch diese absolute Präsenz finden wir Anschluss an unsere vorgeburtlichen Entschlüsse. | |||
==== '''•''' Vom Willen (Tun) bestimmtes Leben bis zur Weltenmitternacht ==== | |||
Wir tragen in das nachtodliche Leben alles herein, was wir mit unserem Willen durchdrungen haben, alle Ergebnisse unserer Taten, alle Willensimpulse, alle Wünsche und Sehnsüchte, alles, was wir eigentlich wollten, aber auch, was wir falsch gemacht haben. Die Willensqualität eines ganzen Erdenlebens tragen wir quasi in das nachtodliche Leben hinein, das bis zur Weltenmitternacht vom Willen bestimmt wird. | |||
==== '''•''' Vom Denken bestimmtes Leben nach der Weltenmitternacht ==== | |||
Das Herabsteigen dagegen, die Vorbereitung des nächsten Erdenlebens, wird vom Denken bestimmt. Unser Denken ist das Erbe unserer Begegnung mit den göttlichen Hierarchien. Die Hierarchien wurden früher in der christlichen Tradition die Intelligenzen genannt. Die Beziehung der Hierarchien untereinander, ja sogar die ganze Schöpfung in ihrer Bezogenheit auf Gott, ist intelligent. Denn wenn man jedes Teil zum Ganzen stimmig zuordnen kann, ist man intelligent. Die Fähigkeit, das Teil seinem Ursprung zuzuordnen, es quasi in ein Verhältnis zum Ganzen zu setzen, nennen wir auch Urteilsfähigkeit. Denken ist sich auf einen Kontext beziehendes, stimmiges, intelligentes Verhalten. Diese Fähigkeit zu denken bringen wir der Veranlagung nach als vorgeburtliches Erbe aus der geistigen Welt mit und sie prägt unser Haupt, das ja als das Denk- und Reflexionsorgan im nächsten Erdenleben dient. | |||
==== '''•''' Rhythmisches System und Weltenmitternacht ==== | |||
Das rhythmische System, die Mitte, die keinen Stillstand kennt, wo wir reiner Prozess sind, wo es nur winzig kleine Momente der Ruhe gibt zwischen zwei Atemzügen, zwischen zwei Herzschlägen, wo wir ständig zwischen Tod und Geburt als Ur-Polarität hin- und herpendeln, zwischen jeder Art von Polarität – dieses rhythmische System bildet die Weltenmitternacht ab. Denn dort wird das, was wir getan haben im letzten Erdenleben und das, was wir planen fürs nächste Erdenleben, aufeinander bezogen. Wollen und Denken werden miteinander und auch mit dem Gefühl verbunden, insofern, als der Mensch dort ein tiefes stimmiges Vorgefühl des Kommenden bekommt und das künftige Erdenleben nach Kopf- und Gliedmaßen-Veranlagung, nach Denken und Wollen, nach intelligentem und willentlichem Vermögen differenziert und geordnet wird. Wir können auch sagen, in der Weltenmitternacht sind wir ganz zur Mitte geworden. Die Polarität zwischen Erinnerung an den Kosmos – Denken, Nerven, Sinne – und der Sehnsucht nach der Erde – Wille, Gliedmaßen, Stoffwechsel – gestaltet sich erst wieder aus, wenn wir unseren Leib bilden für das nächste Erdenleben. | |||
''Vgl. „Vorgeburtliche Disposition zu Angststörungen“, Vortrag auf der Schulärztetagung 2013'' | |||
== VERBINDUNG MIT DEN HIERARCHIEN AUF ERDEN UND IM NACHTODLICHEN == | |||
''Welche geistigen Wesen begleiten die Verstorbenen in welchen Bereichen?'' | |||
''Welche unterschiedlichen Bereiche durchquert die Seele im Nachtodlichen?'' | |||
''Wovon hängt ab, ob die Seele in den jeweiligen Bereichen wach und bewusst dabei ist?'' | |||
=== ''Gebet an die Engelshierarchien'' === | |||
''Es empfangen Angeloi, Archangeloi, Archai (3. Hierarchie)'' | |||
''im Ätherweben'' | |||
''das Schicksalsnetz des Menschen.'' | |||
''Es verwesen in Exusiai, Dynamis, Kyriotetes (2. Hierarchie)'' | |||
''im Astralempfinden des Kosmos'' | |||
''die gerechten Folgen des Erdenlebens des Menschen.'' | |||
''Es auferstehen in Thronen, Cherubim, Seraphim (1. Hierarchie)'' | |||
''als deren Tatenwesen'' | |||
''die gerechten Ausgestaltungen des Erdenlebens des Menschen.[1]'' | |||
In der ''Geheimwissenschaft[2]'' ist von all den oben genannten Wesen die Rede, welche auch die verstorbenen Menschenseelen in Empfang nehmen und uns auf vielfältige Weise in der Rückschau auf das vergangene Leben und bei der Vorschau auf das kommende begleiten. | |||
==== 1. Wirken der Engel, Erzengel und Archai (3. Hierarchie) ==== | |||
Die dritte Hierarchie ist eng mit unserem Nervensinnessystem verbunden. Mit den ''Engeln, Erzengeln und Archai'' arbeiten wir im Nachtodlichen unseren Lebensrückblick aus und bereiten mit ihnen beim Wiederherabstieg zum nächsten Erbenleben unsere neue Biografie vor. Diese Zusammenarbeit mit den höheren Hierarchien verläuft für die meisten Menschen noch unbewusst. Um in dieser Sphäre auch nach dem Tod bewusst und wach bleiben zu können, sind bestimmte Vorbereitungen nötig, über die Rudolf Steiner auch spricht: Sehr tröstlich ist, dass alle Menschen, die sich auf der Erde in irgendeiner Form ernsthaft mit Spiritualität beschäftigen, dort wach bleiben können. Denn die sogenannten ''Seelengeister'', die Engel (geistige Führung des einzelnen Menschen), die Erzengel (Volks-, Gruppen- und Familiengeister) und die Archai (Zeitgeister) sind mit unserem Denken, Fühlen und Wollen verbunden: | |||
* die '''Engel''' mit unserem ''Denken,'' | |||
* die '''Erzengel''' mit unserem ''Fühlen'' | |||
* und die '''Archai''' mit unserem ''Wollen'' bzw. unseren ''Handlungen''. | |||
Alle Gedanken, Gefühle und Handlungsimpulse, mit denen wir uns tief verbunden und identifiziert haben, nehmen wir in das nachtodliche Leben mit. So kann die dritte Hierarchie aus dem Ertrag eines Erdenlebens heraus mit uns gemeinsam die Konzeption des nächsten Erdenlebens vorbereiten. | |||
==== 2. Wirken der Exusiai, Dynamis und Kyriotetes (2. Hierarchie) ==== | |||
Die zweite Hierarchie ist eng mit unserem rhythmischen System verbunden. In der ''Geheimwissenschaft'' heißt es zudem, dass wir unseren Ätherleib, unseren Astralleib und unsere Ich-Organisation der zweiten Hierarchie verdanken: | |||
* die Ich-Organisation den '''Geistern der Form, den Exusiai,''' | |||
* den Astralleib den '''Geistern der Bewegung, den Dynamis,''' | |||
* den Ätherleib den '''Geistern der Weisheit, den Kyriotetes.''' | |||
==== 3. Wirken der Throne, Cherubim und Seraphim (1. Hierarchie) ==== | |||
Die erste Hierarchie schließlich hängt mit unserem Stoffwechsel-Gliedmaßen-System zusammen. | |||
* Den physischen Leib verdanken wir den '''Thronen''', der untersten Instanz der ersten Hierarchie. | |||
===== ''Cherubim und Gewissensstimme'' ===== | |||
Die Frage, was wir den Cherubim und den Serafim verdanken, hat Rudolf Steiner im Zusammenhang der ersten Klasse der Hochschule beantwortet und dort das wunderbare Geheimnis enthüllt, dass ein Mensch den Cherubim seine Gewissensstimme verdankt. | |||
Wenn wir unser Gewissen befragen, sagt es uns immer ganz genau, wie und was wir aus unseren Fehlern lernen können – vorausgesetzt, wir wollen es wirklich wissen. Dann erfahren wir, wie wir etwas, das wir gerne besser machen würden, oder lieber anders getan hätten, in Zukunft anders machen können. Denn die Cherubim sind die Geister der Harmonie, die immer bemüht sind, Schicksal auszugleichen und zu harmonisieren. Ein Mensch, der sein Schicksal harmonisieren will und immer besser lernen möchte, mit sich selbst und der Welt in Einklang zu leben, kann eine Kultur des Gewissens pflegen oder, wie Rudolf Steiner sagt, „Wort-Gewissenhaftigkeit“ entwickeln: Das bedeutet, dass man sich für jedes Wort, das man denkt und sagt, verantwortlich zu fühlen beginnt. Denn alles, was man tut, hat eine Wirkung. Und wie in der Medizin auch gibt es erwünschte und unerwünschte Wirkungen. Manchmal sind es schlicht unerwünschte Wirkungen. Das in rechter Weise bemerken zu können, sprich: gewissensfähig zu sein, ist wie ein Geschenk des Himmels, ist eine unmittelbare Botschaft aus dem Reich der Cherubim. | |||
===== ''Seraphim und Schicksal als „Mantel aus Liebe“'' ===== | |||
Von den Seraphim sagt Rudolf Steiner, sie schenken etwas, was man heute neu begreifen lernen muss, um überhaupt mit dem Leben zurechtzukommen: dass jedes Schicksal letztlich ein Weg ist, mit den Geistern der Liebe, mit den Seraphim, in Beziehung zu kommen. Er sagte einmal zu jungen Leuten, dass sie mit den Seraphim in Beziehung kommen können, wenn sie üben, ihr Schicksal so zu betrachten, als wäre es ein Mantel, gewoben aus Liebe. | |||
In dem Zyklus ''„Die Offenbarungen des Karma“''[3] führt Rudolf Steiner das in Einzelheiten aus. Wen interessiert, inwiefern Wiederverkörperung und Schicksal die Ur-Grundlegung der Medizin bilden, findet hier reiche Anregung. In diesem Zyklus wird aber auch in einer Weise an die Ursachen von Krankheit und Gesundheit gerührt, wie man das nur selten in solch dichter Form von Rudolf Steiner beschrieben findet. Er sagt dort, jede noch so kleine Seelenregung, von der einfachsten Beziehungsgestaltung bis hin zu tiefsten, innigsten Menschenverhältnissen, aber auch bis hin zu abgrundtiefem Hass, jede Seelenregung, sei ein Keim, der sich weiter ausgestaltet und ein Verhältnis bildet, von dem man rückblickend einmal erkennen könne: Die Saat der Liebe ist aufgegangen. | |||
===== ''Saaten künftiger Liebe erkennen'' ===== | |||
Das erklingt auch in den ''Mysteriendramen[4]'' Rudolf Steiners, wo der Jude Simon in seiner mittelalterlichen Inkarnation unendlich viel Hass und Rassendiskriminierung ausgesetzt ist und sich schwer verletzt in die Burg der Ritter flüchtet, die ihm Schutz und Hilfe gewähren. Dort empfängt er die Botschaft der eingeweihten Ritter: ''„Ich kann in allem Hass, der dich verfolgt, die Saaten künftiger Liebe nur erkennen.“'' Das ist natürlich nicht einfach zu verstehen. Es verstehen zu lernen ist aber nötig, wenn man mit dem Übermaß an Hass und Grausamkeit heute zurechtkommen will. Diese Auswüchse lassen sich nur in einer menschlichen Weise verarbeiten, wenn man ein Konzept von Entwicklung hat, das die große Perspektive aufzeigt und das alles, was sich im Schicksals gestaltet, von den Seraphim, den Geistern der Liebe, beschützt und getragen weiß. Sie können nicht verhindern, dass sich auf der Erde erst einmal Hass und Antipathie entfalten, aber sie können sich mit all denen verbinden, die aus diesen Ausgeburten des Hasses lernen wollen, die richtigen Konsequenzen zu ziehen und die dadurch dem Geschick der Menschheit eine konstruktive Wendung geben. | |||
''Vgl. Vortrag „Vom Zusammenwirken der Erzengel Michael und Raphael“ an der JK 2016'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, ''Gebet an die Engelshierarchien''. Aus: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge'', GA 237, 4. Juli 1924. | |||
[2] Rudolf Steiner, ''Geheimwissenschaft im Umriss'', GA 13. | |||
[3] Rudolf Steiner, ''Die Offenbarungen des Karma'', GA 120, Dornach 1992. | |||
[4] Rudolf Steiner, ''Vier Mysteriendramen'', 1910-13, GA 14. | |||
== WAS WIR DURCH DIE TODESPFORTE MITNEHMEN == | |||
''Was ist konkret mit dem Tod als Geistgeburt gemeint?'' | |||
''Welche seelisch-geistigen Inhalte und Einsichten kann der Mensch durch die Todespforte mitnehmen?'' | |||
''Welche Rolle spielt dabei unser Gefühl? '' | |||
=== ''Leben als „geistige Embryonalentwicklung“'' === | |||
Das Leben kann als eine „geistige Embryonalentwicklung“ gesehen werden, die mit dem Tode als „Geistgeburt“ endet. Wir gebären ja im Zuge der Entwicklung fortlaufend unser Seelisch-Geistiges aus dem Körper heraus: | |||
* Dem leibfreien '''Ätherleib''' verdanken wir dabei unser ''Denkvermögen'', | |||
* dem '''Astralleib''' das ''Bewusstsein von unserem Denken'' | |||
* und der '''Ich-Organisation''' unsere ''Gedankeninhalte''. | |||
Mit unserem Denken, das wir unseren leibfrei gewordenen Ätherkräften verdanken, verlassen wir tagsüber den Leib. Wenn diese Ätherkräfte nachts in den Leib zurückgehen, verlischt das ans Denken gebundene Bewusstsein – dann schlafen wir. Alles, was wir über unser Ich an Willensimpulsen und Taten und über unseren Astralleib als Gefühle erlebten, wird vom Denken begleitet und prägt sich so auch dem Ätherleib ein: Und jede Nacht beeinflussen diese Eindrücke den Körper in seinem Wachstum, seiner Entwicklung, seiner Regenerationsfähigkeit und wirken sich damit positiv oder negativ auf unseren Gesundheitszustand aus. | |||
Astralleib und Ich bleiben beim Erwachsenen, nachdem sie bis etwa zum 14. Lebensjahr als das Wachstum differenzierende (Astralleib) und bis ca. zum 21. Lebensjahr als integrierende (Ich-Organisation) Kräfte ihren Dienst getan und aus dem Leib „herausgeboren“ wurden, für immer leibfrei. Sie dehnen sich Nacht für Nacht während des Schlafens aus in die Weiten des Makrokosmos, in die Sternenwelt („Aster“ in Astralleib kommt aus dem Lateinischen und heißt Stern). | |||
=== ''Was wir über die Todesschwelle nehmen'' === | |||
Wir nehmen all das aber auch über die Todesschwelle mit. Nach dem Tode verlässt uns der Ätherleib bereits nach drei Tagen. In der geistigen Welt leben wir nur in Astralleib und Ich. Jedoch die Gedanken, die uns begeistert haben, gehen mit, denn sie sind durch das Gefühl der Begeisterung dem Astralleib eingeprägt – so wie unsere Taten mit unserem Ich verbunden bleiben. Wir können unser Denken als Werkstatt auf Erden begreifen, in der wir neue Nahrung beschaffen und neue Bewusstheit entwickeln – um sie mitnehmen zu können, wenn wir in die geistige Welt hineingeboren werden nach dem Erdenlauf. | |||
Nun gibt es einen weiteren Aspekt, der mir im Hinblick auf die Zukunft immer wichtiger wird. Er findet sich in GA 209,[1] im 3. Vortrag. Auch da schildert Rudolf Steiner die Bedeutung von Gefühl und Wille: ''„Allein dasjenige, was wir durch Gefühl und Wille ausbilden, allerdings dann unbewusst, sich wiederum mit neuen Gedanken durchsetzt, nur das nehmen wir durch die Pforte des Todes mit.“'' Er führt in der Folge aus, wie wir im Tode in einem gewaltigen Panorama unser Denken ablegen. Es bleibt nur ein Extrakt zurück: genau dasjenige aus unseren Gedankeninhalten, was Anschluss an Gefühl und Wille bekommen hat – nicht mehr und nicht weniger: | |||
* Denn nur durch das Gefühl bekommt der Gedanke Bedeutung für das Individuum. Nur Einsichten, die wir tief ''gefühlt'' haben, können wir über die Todesschwelle mitnehmen. | |||
* Und wir können auch nur mitnehmen, was wir ''umgesetzt'' haben von unseren guten Gedanken. | |||
Das meditative Üben stellt diesbezüglich einen wunderbaren Lernweg dar. Und wenn Menschen später im Leben eine meditative Begabung haben, verdanken sie das den religiösen Übungen – der Weihestimmung, der Verehrung, der Andacht – in ihrer Kindheit. | |||
Wer so etwas als Kind nicht erlebt, kann das später nur sehr mühsam erlernen. Ein primärer Zugang zum religiösen Leben führt also über die religiöse Übung, weil sie immer wieder dasselbe ist und sich doch in jedem Augenblick etwas anders erlebt wird, weil das Kind in seiner Gesamtentwicklung von Mal zu Mal anders geworden ist. Und genau das ist das Wesen der Meditation: Sich dasselbe immer anders, tiefer, neu, noch energischer zum Erleben zu bringen. | |||
''Vortrag „Die salutogenetische Wirkung von Kinderhandlung, Jugendfeier und Opferfeier“, für Religionslehrer 2012'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, ''Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. Das Fest der Erscheinung Christi.'' Elf Vorträge aus dem Jahre 1921, gehalten in Kristiania (Oslo), Berlin, Dornach und Basel. GA 209. | |||
== GESUNDHEIT FÜR DAS NÄCHSTE LEBEN VERANLAGEN == | |||
''Wie entstehen gute Veranlagungen für das nächste Leben?'' | |||
''Wie können wir Gesundheit für die Menschheit veranlagen?'' | |||
''Wie können wir uns Nahestehenden im Nachtodlichen helfen?'' | |||
=== ''Die Bedeutung des Religiösen'' === | |||
In dem Zyklus „''Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. Das Fest der Erscheinung Christi.''“[1] bringt Rudolf Steiner die Bedeutung des Religiösen auf den Punkt und führt etwas aus, das nicht nur die Gesundheit in dieser Inkarnation betrifft, sondern sich vor allem auf die Gesundheit im nächsten Erdenleben auswirkt. Sehr oft kann man für dieses Leben nicht mehr so viel tun – umso mehr lohnt es, etwas in dieser Richtung für das nächste Leben zu veranlagen. | |||
Wir inkarnieren mit unserem seelisch-geistiges Wesen (Leben/ätherische Organisation, Seele/astralische Organisation, Geist/Ich-Organisation) zwischen Geburt und Tod in unseren Leib. Haben diese Lebens-, Seelen- und Geisteskräfte den Körper durchgestaltet und ausgereift, so verlassen sie ihn wieder, indem sie uns in einer leibfreien, körperunabhängigen Form als bewusste Gedanken-, Gefühls- und Willenstätigkeit zur Verfügung stehen. | |||
Im Verlauf des Älter-Werdens verlieren die Organe und Organsysteme graduell an Vitalität, wir „devitalisieren“, je älter wir werden. Was so körperlich als Prozess des Alterns erscheint, wirkt auf seelisch-geistiger Ebene als Zugewinn neuer Gedanken-, Gefühls- und Willenskräfte. Im Sterben lassen wir nur den physischen Leib auf Erden zurück. Astralleib, Ätherleib und Ich-Organisation „gehen auf die große Reise“ und verwandeln ihre Wirkensweise im Sinne des Lebens in einer rein geistigen Welt. In dem genannten Vortragszyklus spricht Rudolf Steiner nun von dem Menschen, der ''„durch die Erziehung das Glück hatte, in seinem Ich zu erwachen…“''[2] | |||
==== '''•''' Begegnung mit dem Engel auf Erden durch selbst gefasste Ideale ==== | |||
Das Ich lebt ja in der Seele, in der Schale des Denkens, Fühlens und Wollens: Dort werden wir uns seiner bewusst und lernen auch, die Ich-Kräfte zu handhaben. Wenn nun dieses Ich die Chance hat, sich mit bestimmten Gedanken innig zu verbinden, werden sie zu Idealen. Man könnte auch sagen, wenn das Ich im Denken lebt und wir für ein Ideal „brennen“, so stärkt dies auch unsere Lebenskräfte, weil wir ja unser Denken den aus den Wachstumsprozessen frei gewordenen ätherischen Kräften verdanken. Das vergängliche Körperleben und unser geistiges Leben in den „ewigen“ Gedanken haben dasselbe Wesensglied zum Träger: unseren ätherischen Organismus. Die Gedankenwelt aber ist die Welt, in der wir mit unserem (Schutz) Engel zusammenleben. Er entspricht unserem Entwicklungsideal bzw. wir sind ihm umso näher, je näher wir unserem Lebens- und Entwicklungsideal gekommen sind. So ist im Grunde genommen jedes Ideal eine Engelbotschaft. Daher werden Engel auch gemalt, wie Gedanken beschaffen sind: flügelleicht, schwebend, ohne Gewicht, in wunderschönen Farben. | |||
==== '''•''' Begegnung mit dem Erzengel auf Erden durch gefühlte Ideale ==== | |||
Wenn man sich für ein oder mehrere Ideale begeistert und sich gemeinsam mit anderen für deren Realisierung einsetzt, kommt man mit den Erzengeln in Verbindung, die immer dann anwesend sind, wenn wir über das Gefühl mit anderen verbunden sind und mit ihnen das Gespräch suchen. Das betrifft auch Familien-, Religions-, und Schulgemeinschaften etc. Jede Gemeinschaft wird letztlich über das Gefühl und das Gespräch zusammengehalten: Man fühlt sich zugehörig und tauscht sich aus – das prägt, auch wenn die Meinungen auseinandergehen. | |||
==== '''•''' Begegnung mit den Archai auf Erden durch Ideale, die man umzusetzen versucht ==== | |||
Wenn man nun aus den durchwärmten Gefühlen heraus zu dieser oder jener Handlung im Menschheitszusammenhang veranlasst wird, indem man sich für Menschheitsziele begeistert und daran arbeitet, dient man dem Zeitgeist, dem Archai, weil man dann positiv an den Entwicklungen der eigenen Zeit beteiligt ist und etwas beiträgt zur Weiterentwicklung der Menschheit. | |||
=== ''Gesundheitlicher Aspekt'' === | |||
''Warum ist es für die Gesundheit wichtig, dass wir nach dem Tode nicht selig schlafen, wie manche sich das wünschen und sogar auf den Grabstein schreiben – „Ruhe sanft!“?'' | |||
''Warum ist vielmehr das dreifache Erwachen gut und weiterführend für uns Menschen?'' | |||
Das beschreibt Rudolf Steiner folgendermaßen: | |||
==== '''•''' Folgen der Engelbegegnung im Nachtodlichen ==== | |||
Wenn wir während unserer Lebenszeit in Verbindung getreten sind mit unserem Engel, können wir ihm auch nach dem Tode bewusst begegnen, weil wir dann nicht einschlafen, sondern wach bleiben: Wir können den Engel wahrnehmen und er kann uns belehren und führen. Wer nun mit dem Engel gemeinsam im Nachtodlichen die nächste Biographie vorbereiten konnte, fühlt sich ''im nächsten Leben'' seiner eigenen biografischen Situation gegenüber frei und im Reinen. | |||
Ein Großteil der Krankheiten heute rührt jedoch daher, dass Menschen mit ihren Lebensumständen nicht zurechtkommen und tief unzufrieden sind mit ihren Mitmenschen, mit ihren Beziehungen, mit dem Geld, ihrem Job – ja, oft wird auch die eigene Biografie gehasst, abgelehnt, man beneidet andere, die es besser haben. Man fühlt sich unfrei bzw. allen möglichen Lebensnotwendigkeiten und Sachzwängen unterworfen. | |||
Wenn man aber die eigene Biografie bewusst mit dem Engel vorbereiten konnte, weiß man genau, warum alles so ist, wie es ist, und man fühlt sich frei, weil man versteht und es sinnhaft findet und dann kann man es auch handhaben. Ist dies nicht der Fall, so können wir das bis zu einem gewissen Grad auf therapeutischen Wegen nachholen. In der Biografiearbeit und in der Psychotherapie versucht der Therapeut, den Menschen den Weg zur Handhabe ihrer Biografie aufzuzeigen und an deren Akzeptanz aus freiem Entscheid zu arbeiten, auch wenn das nicht leicht ist. | |||
==== '''•''' Folgen der Erzengelbegegnung im Nachtodlichen ==== | |||
Ein zweiter Freiheitsraum eröffnet sich, wenn man jenseits der Todesschwelle wach genug blieb, um die eigene Biografie auch mit dem Erzengel vorausplanen zu können: Man erlebt dann im nächsten Leben Freiheit gegenüber allen Gruppen, in die man integriert ist: Familie, Nation, Hautfarbe, Glaubens-, Gesinnungs-, sonstige Gemeinschaften. Rudolf Steiner sagt ganz lapidar: Wenn man Chauvinismus auf der Erde vermeiden will, muss man seine Gruppenzugehörigkeit mit dem Erzengel bewusst vorbereiten. Sonst läuft man immer Gefahr, gruppenegoistisch, sektiererisch, fanatisch und chauvinistisch zu werden. | |||
==== '''•''' Folgen der Begegnung mit den Archai im Nachtodlichen ==== | |||
Der dritte Freiheitsraum betrifft die Zeitsituation und eröffnet sich, wenn wir den Archai zu Lebzeiten bewusst begegnen konnten und unsere Biografie auch gemeinsam mit ihnen vorbereiten konnten. Dann fühlt man sich der Zeit gegenüber frei, in die man hineingeboren wurde. Man ist froh, dass man hier und heute lebt. Man ist dann quasi disponiert zum Waldorflehrer, von dem ja gefordert ist, dass er sich als Zeitgenosse zeigt. Er sollte morgens in der Stimmung unterrichten, dass wir in einer großartigen Zeit leben und dass es ein Glück ist daran teilzuhaben. Die aus der Zeitgenossenschaft geborene Stimmung prägt dann den Unterricht auf positive und lebensnahe Weise. | |||
Wenn man im Nachtodlichen allerdings nicht mit den Archai auf das kommende Leben schauen konnte, kommt es oft zu einem Erleben von Sinnlosigkeit und Fremdheit gegenüber der Zeit und ihren Erscheinungen, es kommt zu ihrer Ablehnung bis hin zu suizidalen Absichten. | |||
=== ''Gesundheit im Nachtodlichen'' === | |||
Rudolf Steiner sagte damals – und heute trifft es noch viel mehr zu! – die Hauptursache für das immer weiter zunehmende Bevölkerungswachstum wäre das nachtodliche Schlafen so vieler materialistisch gesinnter Menschen, die unbewusst durch das nachtodliche Leben gehen und deshalb immer schneller wiederkommen, da sie nur auf Erden wieder wach werden können. Sie können die Sinnhaftigkeit der geistigen Welt gar nicht erleben und verstehen auch nicht, worum es geht. Im Hinblick auf ein gesundes nachtodliches Leben lassen sich die drei Salutogenese-Prinzipien | |||
* der ''Verstehbarkeit'' auf die '''Engelbegegnung''''','' | |||
* der ''Sinnhaftigkeit'' auf die '''Erzengelbegegnung,''' | |||
* der ''Handhabbarkeit'' auf die '''Begegnung mit den Archai''' anwenden. | |||
Gesundheit bedeutet nachtodlich Bewusstheit, Wachheit. | |||
Für Menschen, die möglichst schnell zurückkommen wollen, ist es wunderbar, wenn sie zu irgendeiner Zeit in ihrer Kindheit oder Jugend wenigstens vorübergehend empfinden können, was es heißt, ein Ideal zu haben. Manchmal verschüttet das Leben vieles, was in der Jugend bereits keimte. Das kann später wieder aufblühen und sich doch noch positiv auswirken. Dieser letzte Aspekt gehört zu diesem zentralen Thema dazu: dass die gesundheitsfördernde Wirkung reiner, idealistischer Gedanken, Worte und Handlungsformen, sich nicht nur auf die individuelle und soziale Gesundheit erstreckt, sondern dass dadurch auch im Menschheitszusammenhang Gesundheit für die nächste Inkarnation veranlagt wird. | |||
=== ''Wundersame Brotvermehrung im Nachtodlichen'' === | |||
Hinzu kommt die großartige Tatsache, dass wer im Nachtodlichen wach bleibt, auch in seinem eigenen Schicksalsumkreis schlafende Seelen wecken und sie teilnehmen lassen kann an dem, was er selbst erfahren hat. Denn mit wem man durch Gemeinsamkeiten im Erdenleben verbunden ist, mit dem kann man auch nach dem Tod kommunizieren. So wie wir von den 7 Milliarden Menschen, mit denen wir zur selben Zeit auf der Erde leben, vergleichsweise nur wenige Menschen persönlich kennen lernen können, so ist dies auch nach dem Tode: Wir können mit denen im Austausch sein, zu denen wir auf der Erde in einem so oder so gearteten Kontakt waren. Es handelt sich um eine Art wundersame Brotvermehrung, wenn man sich so im nachtodlichen Leben gegenseitig bereichern kann. | |||
Dichter wie ''Goethe'' oder ''Morgenstern'' oder andere Autoren, insofern sie spirituell Ernährendes geschrieben haben, können zudem nach dem Tod mit ihren Lesern in Kontakt stehen. So bemerkt Rudolf Steiner auch einmal humorvoll: Es sei besser für die Entwicklung, ein gutes Buch zu lesen als ein weniger gutes zu schreiben… | |||
=== ''Salutogenese und Pädagogik'' === | |||
Ich möchte mit den Worten abschließen, die Rudolf Steiner im Rahmen des Religionsunterrichtes an der Waldorfschule formuliert hat: | |||
„''Wir lernen, um die Welt zu verstehen.'' | |||
''Wir lernen, um in der Welt zu arbeiten.'' | |||
''Die Liebe der Menschen zueinander belebt alle Menschenarbeit.'' | |||
''Ohne die Liebe wird das Menschensein öde und leer.'' | |||
''Christus ist der Lehrer der Menschenliebe.“'''[3]''''' | |||
Die moderne Salutogenese-Forschung hat bestätigt, dass Kinder und Jugendliche sich am gesündesten entwickeln, wenn sie aus dem Unterricht das Gefühl mitnehmen, dass sie etwas verstanden haben, dass das Gelernte Sinn macht und dass sie es können oder einmal können werden. Dieses dreifache Kohärenzgefühl, das ''Aaron Antonovsky'' als Gefühl von Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit und Handhabbarkeit bezeichnet, ist zugleich der Kernauftrag jeder guten pädagogischen Praxis. | |||
''Vortrag „Die salutogenetische Wirkung von Kinderhandlung, Jugendfeier und Opferfeier“, für Religionslehrer 2012'' | |||
----[1] Rudolf Steiner, ''Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. Das Fest der Erscheinung Christi.'' Elf Vorträge aus dem Jahre 1921, gehalten in Kristiania (Oslo), Berlin, Dornach und Basel. GA 209. | |||
[2] Ebenda. | |||
[3] Rudolf Steiner, Ritualtexte für die Feiern des freien christlichen Religionsunterrichtes. GA 369, S. 43, 1997. |
Aktuelle Version vom 7. April 2025, 15:54 Uhr
Nachtodliches und vorgeburtliches Leben – von Michaela Glöckler
Auszüge aus Büchern und Vorträgen von Michaela Glöckler; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/
NACHTODLICHE BEGLEITUNG DURCH DIE DRITTE HIERARCHIE
Welche Beziehung haben wir nachtodlich zu den geistigen Wesen der dritten Hierarchie?
Was bewirkt die bewusste Zusammenarbeit mit ihnen?
Qualitäten auf Erden, die uns im Nachtodlichen wachhalten
Ich möchte an dieser Stelle aufzeigen, welche Qualitäten uns helfen, im Nachtodlichen wach und in Kontakt mit den geistigen Wesen der dritten Hierarchie zu bleiben, die uns in den verschiedenen Phasen der Rückschau auf das vergangene Leben und bei der Vorschau auf das kommende begleiten.
• Begleitung des Engels durch das Kamaloka und die Planetensphären
Rudolf Steiner sagt, wenn der Entwicklungsgedanke einen Menschen durchs Leben begleitet, so verfügt dieser nachtodlich über ein waches Selbstbewusstsein, mit dem der Engel nach dem Tode direkt kommunizieren kann. Unser Engel trägt alles im Gedächtnis, was wir im Lichte der Engel getan haben, auch jeden Begegnungsmoment. Mit diesem „Schatz“ gerüstet kann er uns durch das Kamaloka und die Planetensphären begleiten, kann mit uns gemeinsam auf das nächste Erdenleben schauen und es vorgeburtlich vorbereiten.
Die wache Kommunikation mit dem Engel im Nachtodlichen bewirkt, dass man im nächsten Leben gut mit der eigenen Biographie zurechtkommt, dass man das eigene Leben bejahen kann.
Menschen jedoch, die ohne Idealismus und mit einem Selbstbewusstsein, das sich nur auf materielle Werte abstützt, durchs Leben gehen, verschlafen das nachtodliche Leben in den Armen ihres Engels. Ihre größte Sehnsucht ist es, möglichst schnell wieder auf der Erde zu erwachen, um ihr irdisches Selbstbewusstsein rasch wiederzuerlangen – was laut Rudolf Steiner dazu führt, dass allzu viele Menschen allzu früh wiedergeboren werden. Darin sieht er eine der Hauptursachen für das rapide Bevölkerungswachstum. Am Ende der Planetensphären übergibt uns der Engel dem mit uns verbundenen Erzengel.
• Begleitung des Erzengels durch die Fixsternregion
Des Weiteren führt Rudolf Steiner aus: Wenn man zu Lebzeiten den Entwicklungsgedanken bzw. das Ziel der Menschheitsentwicklung als Ideal zu fühlen imstande sei und dieses Gefühl mit anderen teile, sodass dadurch Gemeinschaften entstehen, könne man im Nachtodlichen auch mit dem Erzengel bewusst kommunizieren. Der mit uns verbundene Erzengel durchquert mit uns die Fixsternregion. Er bewahrt alle heilenden, friedenstiftenden, harmonieverbreitenden Momente sowie alle wohlwollenden Gefühle der Toleranz anderen Menschen und Völkern gegenüber auf. Über diese Kostbarkeiten kann er mit uns kommunizieren und uns die geistige Welt zeigen, sodass wir nachtodlich viele bewusste Erfahrungen machen. Die Erzengel arbeiten mit uns insbesondere am Astralleib, aber auch am Ätherleib.
Wenn wir wach genug waren, um bewusst mit ihnen zusammenzuarbeiten, fällt es uns leicht, zu dem Volkstum, der Sprache, der Kultur und der Religion, in die wir hineingeboren wurden, in ein ganz bewusstes Verhältnis zu treten. Wir sind dann nicht abhängig davon, sind nicht fixiert darauf, es liegt nicht „in unserem Blut“, ist kein Zwang, sondern eine Option, ein Werkzeug.
Die spirituelle Ursache für Chauvinismus dagegen sieht Rudolf Steiner in unserer materialistischen Zeit, die bewirkt, dass so viele Menschen in der geistigen Welt schlafen und als Folge abhängig werden von ihrem Körper, ihrem Blut, ihrer Volkszugehörigkeit, ihrer Religion und deshalb leicht in die Fesseln von fanatischen, chauvinistischen, unfrei machenden Gemeinschaften geraten.
• Begleitung der Archai bis zur Mitternachtssonne
Am Ende der Fixsternregion übergibt uns der Erzengel den Archai, die uns bis zur Mitternachtssonne geleiten und uns dort der heiligen Trinität übergeben. Die Archai können mit uns kommunizieren, wenn wir als wache Zeitgenossen lebten und bewusst die Verbindung zu ihnen suchten, damit sie uns im Lichte des Christus gemäß seinen Idealen leiten mögen, wenn wir sterben. Denn die christlichen Archai können uns nur leiten, wenn wir in Christus gestorben sind. Wenn wir diese Ideale nicht nur gedacht und gefühlt haben, sondern auch aus ihnen heraus gehandelt und das eigene Leben danach ausgerichtet haben, hat man die guten Geister der Zeit unterstützt und einen Beitrag zur Weltentwicklung geleistet.
Auf diese Weise könne man jede Nacht mit den Archai im Gespräch sein und habe so nachtodlich die Möglichkeit, sich mit ihnen gemeinsam den Sinn der Zeitepoche, in der man lebte, zu erarbeiten und schließlich im Hinblick auf eine erneute Inkarnation zu überlegen, wann es wieder an der Zeit wäre, einen nächsten Entwicklungsschritt auf Erden zu tun.
Die Archai beraten sich mit uns zudem über den Geistkeim für unsere nächste Verkörperung und sorgen dafür, dass wir gemäß unserem Schicksal die bestmögliche Erbsubstanz erhalten. Wer wach an dieser Beratung teilhatte, kann in seinem neuen Leben gut mit seinem physischen Leib umgehen, hat ein ganz selbstverständliches Verhältnis dazu – was daran liegt, dass wir mit den Archai bewusst daran gearbeitet haben: Je bewusster wir in der geistigen Welt waren, desto freier fühlen wir uns auf Erden. Rudolf Steiner nennt diesen Leib auch einem „guten Patron“, der unserer Biographie dienen und sie nicht behindern soll.
Wachheit in der geistigen Welt macht frei auf Erden
Wer also im Nachtodlichen wach bleiben kann, ist in der Lage
- mit den Archai zusammen bewusst die Zeitepoche für die nächste Inkarnation zu wählen,
- mit dem Erzengel zusammen bewusst das Volk und die Gemeinschaften zu wählen, in die man hineingeboren werden möchte
- und mit dem Engel zusammen bewusst das Leben vorausplanen, das man seinem Schicksal gemäß führen will.
Das zeigt sich in dem betreffenden Erdenleben daran, dass man ein freies Verhältnis zu seiner Biographie, zu den Gemeinschaften, mit denen man zu tun hat, zum eigenen Volkstum, zur eigenen Religion, und zur eigenen Zeit entwickelt.
Kinder erleben heute jedoch sehr oft unfreie, unzufriedene Erwachsene, die mit ihren Lebensumständen hadern, die darunter leiden und voller Frust sind. Chauvinismus, Fanatismus, auch religiöser Fanatismus werden sogar noch zunehmen als Folge des Materialismus. Hass auf die Zeit, Unbehagen, vor allem aber die tiefe Angst vor der Zukunft und das Gefühl, dass alles nur noch schlimmer werden kann, müssen zunehmen, wenn Menschen nicht beginnen, das Höhere Ich in Wärme und Liebe aufzunehmen und dadurch ein atmendes freies Verhältnis zur eigenen Konstitution, zu den Menschen im Umkreis, zu den Andersdenkenden, aber auch ein positives Verhältnis zu der Zeit, in die Kinder hereingeboren werden, erringen.
Aus der Tiefe bitten
Bezugnehmend auf die Worte aus dem Grundsteinspruch[1], „Lasset aus den Tiefen erbitten, was in den Höhen erhöret wird“, bedeutet das: Wir Menschen müssen lernen, „aus der Tiefe“ um die richtigen Gedanken, Gefühle und eine dienstbereite Haltung zu bitten, sodass die dritte Hierarchie „in den Höhen“ uns hören kann
- und unsere persönliche Reise durchs Leben gut begleiten,
- unsere Konflikte und Kämpfe im Sozialen Heilung erfahren
- und wir auch heilsam auf den Zeitgeist einwirken können.
Wir sind dann auf allen Ebenen in Kontakt mit den Wesen der dritten Hierarchie. Wenn man sich
- morgens beim Aufwachen das „Ex Deo nascimur“ (aus Gott sind wir geboren) vergegenwärtigt,
- abends das „In Christo morimur“ (in Christus sterben wir)
- und tagsüber das „Per spiritum sanctum reviviscimus“ (durch den Heiligen Geist werden wir auferstehen),
so erinnert man sich laufend daran, dass man Träger eines höheren Wesens ist, eines heiligen, heilsamen Prinzips, das einen tief mit allen Menschen verbindet.
Vgl. „Die Inkarnationsschritte der Ich-Organisation und das Freiwerden des Willens“, Vortrag vor Förderlehrern am 28. Oktober 2013
[1] Rudolf Steiner, Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Der Wiederaufbau des Goetheanum, GA 260a, Dornach 1987.
ZWISCHEN TOD UND NEUER GEBURT
Was ist unter Weltenmitternacht zu verstehen?
Wie lässt sich die Weltenmitternachtsstimmung charakterisieren?
Weltenmitternacht als Wendepunkt
Mithilfe einer kleinen Skizze aus der Anthroposophie lässt sich darstellen, dass wir zwischen Tod und neuer Geburt die Planetensphären sowie die Fixsternregion durchqueren. Und so, wie wir auf der Erde von einer Mitte des Lebens sprechen, erreichen wir auch eine „Mitte“ zwischen Tod und einer neuen Geburt – von den Eingeweihten „Weltenmitternacht“ genannt. An diesem Punkt endet die Aufarbeitung des letzten Erdenlebens. Eine tiefe Ruhe tritt ein – in den esoterischen Traditionen spricht man auch vom „Ruhen in Gott“ oder vom „Ruhen in Abrahams Schoß“ oder vom „Schauen der Sonne um Mitternacht“. Das sind alles Bilder für die tiefste Gottes- und Sinnbegegnung, die der Mensch überhaupt erleben kann, wo er sich ganz und gar gerechtfertigt fühlt als sich entwickelndes Wesen. Die Weltenmitternacht ist die erhabenste Stimmung, die dem Grunde der Seele eines jeden Menschen eingeschrieben ist.
Im normalen Leben können wir immer dann etwas von dieser Weltenmitternachtsstimmung erspüren, wenn der „Augenblick zur Ewigkeit wird“, wie Goethe es formuliert, wenn man im Augenblick ganz und gar geistesgegenwärtig ist, d.h. wenn die folgende zen-buddhistische Meisterübung Praxis geworden ist: „Wenn ich liege, liege ich, wenn ich sitze, sitze ich, wenn ich stehe, stehe ich und wenn ich gehe, gehe ich“. Durch diese absolute Präsenz finden wir Anschluss an unsere vorgeburtlichen Entschlüsse.
• Vom Willen (Tun) bestimmtes Leben bis zur Weltenmitternacht
Wir tragen in das nachtodliche Leben alles herein, was wir mit unserem Willen durchdrungen haben, alle Ergebnisse unserer Taten, alle Willensimpulse, alle Wünsche und Sehnsüchte, alles, was wir eigentlich wollten, aber auch, was wir falsch gemacht haben. Die Willensqualität eines ganzen Erdenlebens tragen wir quasi in das nachtodliche Leben hinein, das bis zur Weltenmitternacht vom Willen bestimmt wird.
• Vom Denken bestimmtes Leben nach der Weltenmitternacht
Das Herabsteigen dagegen, die Vorbereitung des nächsten Erdenlebens, wird vom Denken bestimmt. Unser Denken ist das Erbe unserer Begegnung mit den göttlichen Hierarchien. Die Hierarchien wurden früher in der christlichen Tradition die Intelligenzen genannt. Die Beziehung der Hierarchien untereinander, ja sogar die ganze Schöpfung in ihrer Bezogenheit auf Gott, ist intelligent. Denn wenn man jedes Teil zum Ganzen stimmig zuordnen kann, ist man intelligent. Die Fähigkeit, das Teil seinem Ursprung zuzuordnen, es quasi in ein Verhältnis zum Ganzen zu setzen, nennen wir auch Urteilsfähigkeit. Denken ist sich auf einen Kontext beziehendes, stimmiges, intelligentes Verhalten. Diese Fähigkeit zu denken bringen wir der Veranlagung nach als vorgeburtliches Erbe aus der geistigen Welt mit und sie prägt unser Haupt, das ja als das Denk- und Reflexionsorgan im nächsten Erdenleben dient.
• Rhythmisches System und Weltenmitternacht
Das rhythmische System, die Mitte, die keinen Stillstand kennt, wo wir reiner Prozess sind, wo es nur winzig kleine Momente der Ruhe gibt zwischen zwei Atemzügen, zwischen zwei Herzschlägen, wo wir ständig zwischen Tod und Geburt als Ur-Polarität hin- und herpendeln, zwischen jeder Art von Polarität – dieses rhythmische System bildet die Weltenmitternacht ab. Denn dort wird das, was wir getan haben im letzten Erdenleben und das, was wir planen fürs nächste Erdenleben, aufeinander bezogen. Wollen und Denken werden miteinander und auch mit dem Gefühl verbunden, insofern, als der Mensch dort ein tiefes stimmiges Vorgefühl des Kommenden bekommt und das künftige Erdenleben nach Kopf- und Gliedmaßen-Veranlagung, nach Denken und Wollen, nach intelligentem und willentlichem Vermögen differenziert und geordnet wird. Wir können auch sagen, in der Weltenmitternacht sind wir ganz zur Mitte geworden. Die Polarität zwischen Erinnerung an den Kosmos – Denken, Nerven, Sinne – und der Sehnsucht nach der Erde – Wille, Gliedmaßen, Stoffwechsel – gestaltet sich erst wieder aus, wenn wir unseren Leib bilden für das nächste Erdenleben.
Vgl. „Vorgeburtliche Disposition zu Angststörungen“, Vortrag auf der Schulärztetagung 2013
VERBINDUNG MIT DEN HIERARCHIEN AUF ERDEN UND IM NACHTODLICHEN
Welche geistigen Wesen begleiten die Verstorbenen in welchen Bereichen?
Welche unterschiedlichen Bereiche durchquert die Seele im Nachtodlichen?
Wovon hängt ab, ob die Seele in den jeweiligen Bereichen wach und bewusst dabei ist?
Gebet an die Engelshierarchien
Es empfangen Angeloi, Archangeloi, Archai (3. Hierarchie)
im Ätherweben
das Schicksalsnetz des Menschen.
Es verwesen in Exusiai, Dynamis, Kyriotetes (2. Hierarchie)
im Astralempfinden des Kosmos
die gerechten Folgen des Erdenlebens des Menschen.
Es auferstehen in Thronen, Cherubim, Seraphim (1. Hierarchie)
als deren Tatenwesen
die gerechten Ausgestaltungen des Erdenlebens des Menschen.[1]
In der Geheimwissenschaft[2] ist von all den oben genannten Wesen die Rede, welche auch die verstorbenen Menschenseelen in Empfang nehmen und uns auf vielfältige Weise in der Rückschau auf das vergangene Leben und bei der Vorschau auf das kommende begleiten.
1. Wirken der Engel, Erzengel und Archai (3. Hierarchie)
Die dritte Hierarchie ist eng mit unserem Nervensinnessystem verbunden. Mit den Engeln, Erzengeln und Archai arbeiten wir im Nachtodlichen unseren Lebensrückblick aus und bereiten mit ihnen beim Wiederherabstieg zum nächsten Erbenleben unsere neue Biografie vor. Diese Zusammenarbeit mit den höheren Hierarchien verläuft für die meisten Menschen noch unbewusst. Um in dieser Sphäre auch nach dem Tod bewusst und wach bleiben zu können, sind bestimmte Vorbereitungen nötig, über die Rudolf Steiner auch spricht: Sehr tröstlich ist, dass alle Menschen, die sich auf der Erde in irgendeiner Form ernsthaft mit Spiritualität beschäftigen, dort wach bleiben können. Denn die sogenannten Seelengeister, die Engel (geistige Führung des einzelnen Menschen), die Erzengel (Volks-, Gruppen- und Familiengeister) und die Archai (Zeitgeister) sind mit unserem Denken, Fühlen und Wollen verbunden:
- die Engel mit unserem Denken,
- die Erzengel mit unserem Fühlen
- und die Archai mit unserem Wollen bzw. unseren Handlungen.
Alle Gedanken, Gefühle und Handlungsimpulse, mit denen wir uns tief verbunden und identifiziert haben, nehmen wir in das nachtodliche Leben mit. So kann die dritte Hierarchie aus dem Ertrag eines Erdenlebens heraus mit uns gemeinsam die Konzeption des nächsten Erdenlebens vorbereiten.
2. Wirken der Exusiai, Dynamis und Kyriotetes (2. Hierarchie)
Die zweite Hierarchie ist eng mit unserem rhythmischen System verbunden. In der Geheimwissenschaft heißt es zudem, dass wir unseren Ätherleib, unseren Astralleib und unsere Ich-Organisation der zweiten Hierarchie verdanken:
- die Ich-Organisation den Geistern der Form, den Exusiai,
- den Astralleib den Geistern der Bewegung, den Dynamis,
- den Ätherleib den Geistern der Weisheit, den Kyriotetes.
3. Wirken der Throne, Cherubim und Seraphim (1. Hierarchie)
Die erste Hierarchie schließlich hängt mit unserem Stoffwechsel-Gliedmaßen-System zusammen.
- Den physischen Leib verdanken wir den Thronen, der untersten Instanz der ersten Hierarchie.
Cherubim und Gewissensstimme
Die Frage, was wir den Cherubim und den Serafim verdanken, hat Rudolf Steiner im Zusammenhang der ersten Klasse der Hochschule beantwortet und dort das wunderbare Geheimnis enthüllt, dass ein Mensch den Cherubim seine Gewissensstimme verdankt.
Wenn wir unser Gewissen befragen, sagt es uns immer ganz genau, wie und was wir aus unseren Fehlern lernen können – vorausgesetzt, wir wollen es wirklich wissen. Dann erfahren wir, wie wir etwas, das wir gerne besser machen würden, oder lieber anders getan hätten, in Zukunft anders machen können. Denn die Cherubim sind die Geister der Harmonie, die immer bemüht sind, Schicksal auszugleichen und zu harmonisieren. Ein Mensch, der sein Schicksal harmonisieren will und immer besser lernen möchte, mit sich selbst und der Welt in Einklang zu leben, kann eine Kultur des Gewissens pflegen oder, wie Rudolf Steiner sagt, „Wort-Gewissenhaftigkeit“ entwickeln: Das bedeutet, dass man sich für jedes Wort, das man denkt und sagt, verantwortlich zu fühlen beginnt. Denn alles, was man tut, hat eine Wirkung. Und wie in der Medizin auch gibt es erwünschte und unerwünschte Wirkungen. Manchmal sind es schlicht unerwünschte Wirkungen. Das in rechter Weise bemerken zu können, sprich: gewissensfähig zu sein, ist wie ein Geschenk des Himmels, ist eine unmittelbare Botschaft aus dem Reich der Cherubim.
Seraphim und Schicksal als „Mantel aus Liebe“
Von den Seraphim sagt Rudolf Steiner, sie schenken etwas, was man heute neu begreifen lernen muss, um überhaupt mit dem Leben zurechtzukommen: dass jedes Schicksal letztlich ein Weg ist, mit den Geistern der Liebe, mit den Seraphim, in Beziehung zu kommen. Er sagte einmal zu jungen Leuten, dass sie mit den Seraphim in Beziehung kommen können, wenn sie üben, ihr Schicksal so zu betrachten, als wäre es ein Mantel, gewoben aus Liebe.
In dem Zyklus „Die Offenbarungen des Karma“[3] führt Rudolf Steiner das in Einzelheiten aus. Wen interessiert, inwiefern Wiederverkörperung und Schicksal die Ur-Grundlegung der Medizin bilden, findet hier reiche Anregung. In diesem Zyklus wird aber auch in einer Weise an die Ursachen von Krankheit und Gesundheit gerührt, wie man das nur selten in solch dichter Form von Rudolf Steiner beschrieben findet. Er sagt dort, jede noch so kleine Seelenregung, von der einfachsten Beziehungsgestaltung bis hin zu tiefsten, innigsten Menschenverhältnissen, aber auch bis hin zu abgrundtiefem Hass, jede Seelenregung, sei ein Keim, der sich weiter ausgestaltet und ein Verhältnis bildet, von dem man rückblickend einmal erkennen könne: Die Saat der Liebe ist aufgegangen.
Saaten künftiger Liebe erkennen
Das erklingt auch in den Mysteriendramen[4] Rudolf Steiners, wo der Jude Simon in seiner mittelalterlichen Inkarnation unendlich viel Hass und Rassendiskriminierung ausgesetzt ist und sich schwer verletzt in die Burg der Ritter flüchtet, die ihm Schutz und Hilfe gewähren. Dort empfängt er die Botschaft der eingeweihten Ritter: „Ich kann in allem Hass, der dich verfolgt, die Saaten künftiger Liebe nur erkennen.“ Das ist natürlich nicht einfach zu verstehen. Es verstehen zu lernen ist aber nötig, wenn man mit dem Übermaß an Hass und Grausamkeit heute zurechtkommen will. Diese Auswüchse lassen sich nur in einer menschlichen Weise verarbeiten, wenn man ein Konzept von Entwicklung hat, das die große Perspektive aufzeigt und das alles, was sich im Schicksals gestaltet, von den Seraphim, den Geistern der Liebe, beschützt und getragen weiß. Sie können nicht verhindern, dass sich auf der Erde erst einmal Hass und Antipathie entfalten, aber sie können sich mit all denen verbinden, die aus diesen Ausgeburten des Hasses lernen wollen, die richtigen Konsequenzen zu ziehen und die dadurch dem Geschick der Menschheit eine konstruktive Wendung geben.
Vgl. Vortrag „Vom Zusammenwirken der Erzengel Michael und Raphael“ an der JK 2016
[1] Rudolf Steiner, Gebet an die Engelshierarchien. Aus: Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge, GA 237, 4. Juli 1924.
[2] Rudolf Steiner, Geheimwissenschaft im Umriss, GA 13.
[3] Rudolf Steiner, Die Offenbarungen des Karma, GA 120, Dornach 1992.
[4] Rudolf Steiner, Vier Mysteriendramen, 1910-13, GA 14.
WAS WIR DURCH DIE TODESPFORTE MITNEHMEN
Was ist konkret mit dem Tod als Geistgeburt gemeint?
Welche seelisch-geistigen Inhalte und Einsichten kann der Mensch durch die Todespforte mitnehmen?
Welche Rolle spielt dabei unser Gefühl?
Leben als „geistige Embryonalentwicklung“
Das Leben kann als eine „geistige Embryonalentwicklung“ gesehen werden, die mit dem Tode als „Geistgeburt“ endet. Wir gebären ja im Zuge der Entwicklung fortlaufend unser Seelisch-Geistiges aus dem Körper heraus:
- Dem leibfreien Ätherleib verdanken wir dabei unser Denkvermögen,
- dem Astralleib das Bewusstsein von unserem Denken
- und der Ich-Organisation unsere Gedankeninhalte.
Mit unserem Denken, das wir unseren leibfrei gewordenen Ätherkräften verdanken, verlassen wir tagsüber den Leib. Wenn diese Ätherkräfte nachts in den Leib zurückgehen, verlischt das ans Denken gebundene Bewusstsein – dann schlafen wir. Alles, was wir über unser Ich an Willensimpulsen und Taten und über unseren Astralleib als Gefühle erlebten, wird vom Denken begleitet und prägt sich so auch dem Ätherleib ein: Und jede Nacht beeinflussen diese Eindrücke den Körper in seinem Wachstum, seiner Entwicklung, seiner Regenerationsfähigkeit und wirken sich damit positiv oder negativ auf unseren Gesundheitszustand aus.
Astralleib und Ich bleiben beim Erwachsenen, nachdem sie bis etwa zum 14. Lebensjahr als das Wachstum differenzierende (Astralleib) und bis ca. zum 21. Lebensjahr als integrierende (Ich-Organisation) Kräfte ihren Dienst getan und aus dem Leib „herausgeboren“ wurden, für immer leibfrei. Sie dehnen sich Nacht für Nacht während des Schlafens aus in die Weiten des Makrokosmos, in die Sternenwelt („Aster“ in Astralleib kommt aus dem Lateinischen und heißt Stern).
Was wir über die Todesschwelle nehmen
Wir nehmen all das aber auch über die Todesschwelle mit. Nach dem Tode verlässt uns der Ätherleib bereits nach drei Tagen. In der geistigen Welt leben wir nur in Astralleib und Ich. Jedoch die Gedanken, die uns begeistert haben, gehen mit, denn sie sind durch das Gefühl der Begeisterung dem Astralleib eingeprägt – so wie unsere Taten mit unserem Ich verbunden bleiben. Wir können unser Denken als Werkstatt auf Erden begreifen, in der wir neue Nahrung beschaffen und neue Bewusstheit entwickeln – um sie mitnehmen zu können, wenn wir in die geistige Welt hineingeboren werden nach dem Erdenlauf.
Nun gibt es einen weiteren Aspekt, der mir im Hinblick auf die Zukunft immer wichtiger wird. Er findet sich in GA 209,[1] im 3. Vortrag. Auch da schildert Rudolf Steiner die Bedeutung von Gefühl und Wille: „Allein dasjenige, was wir durch Gefühl und Wille ausbilden, allerdings dann unbewusst, sich wiederum mit neuen Gedanken durchsetzt, nur das nehmen wir durch die Pforte des Todes mit.“ Er führt in der Folge aus, wie wir im Tode in einem gewaltigen Panorama unser Denken ablegen. Es bleibt nur ein Extrakt zurück: genau dasjenige aus unseren Gedankeninhalten, was Anschluss an Gefühl und Wille bekommen hat – nicht mehr und nicht weniger:
- Denn nur durch das Gefühl bekommt der Gedanke Bedeutung für das Individuum. Nur Einsichten, die wir tief gefühlt haben, können wir über die Todesschwelle mitnehmen.
- Und wir können auch nur mitnehmen, was wir umgesetzt haben von unseren guten Gedanken.
Das meditative Üben stellt diesbezüglich einen wunderbaren Lernweg dar. Und wenn Menschen später im Leben eine meditative Begabung haben, verdanken sie das den religiösen Übungen – der Weihestimmung, der Verehrung, der Andacht – in ihrer Kindheit.
Wer so etwas als Kind nicht erlebt, kann das später nur sehr mühsam erlernen. Ein primärer Zugang zum religiösen Leben führt also über die religiöse Übung, weil sie immer wieder dasselbe ist und sich doch in jedem Augenblick etwas anders erlebt wird, weil das Kind in seiner Gesamtentwicklung von Mal zu Mal anders geworden ist. Und genau das ist das Wesen der Meditation: Sich dasselbe immer anders, tiefer, neu, noch energischer zum Erleben zu bringen.
Vortrag „Die salutogenetische Wirkung von Kinderhandlung, Jugendfeier und Opferfeier“, für Religionslehrer 2012
[1] Rudolf Steiner, Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. Das Fest der Erscheinung Christi. Elf Vorträge aus dem Jahre 1921, gehalten in Kristiania (Oslo), Berlin, Dornach und Basel. GA 209.
GESUNDHEIT FÜR DAS NÄCHSTE LEBEN VERANLAGEN
Wie entstehen gute Veranlagungen für das nächste Leben?
Wie können wir Gesundheit für die Menschheit veranlagen?
Wie können wir uns Nahestehenden im Nachtodlichen helfen?
Die Bedeutung des Religiösen
In dem Zyklus „Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. Das Fest der Erscheinung Christi.“[1] bringt Rudolf Steiner die Bedeutung des Religiösen auf den Punkt und führt etwas aus, das nicht nur die Gesundheit in dieser Inkarnation betrifft, sondern sich vor allem auf die Gesundheit im nächsten Erdenleben auswirkt. Sehr oft kann man für dieses Leben nicht mehr so viel tun – umso mehr lohnt es, etwas in dieser Richtung für das nächste Leben zu veranlagen.
Wir inkarnieren mit unserem seelisch-geistiges Wesen (Leben/ätherische Organisation, Seele/astralische Organisation, Geist/Ich-Organisation) zwischen Geburt und Tod in unseren Leib. Haben diese Lebens-, Seelen- und Geisteskräfte den Körper durchgestaltet und ausgereift, so verlassen sie ihn wieder, indem sie uns in einer leibfreien, körperunabhängigen Form als bewusste Gedanken-, Gefühls- und Willenstätigkeit zur Verfügung stehen.
Im Verlauf des Älter-Werdens verlieren die Organe und Organsysteme graduell an Vitalität, wir „devitalisieren“, je älter wir werden. Was so körperlich als Prozess des Alterns erscheint, wirkt auf seelisch-geistiger Ebene als Zugewinn neuer Gedanken-, Gefühls- und Willenskräfte. Im Sterben lassen wir nur den physischen Leib auf Erden zurück. Astralleib, Ätherleib und Ich-Organisation „gehen auf die große Reise“ und verwandeln ihre Wirkensweise im Sinne des Lebens in einer rein geistigen Welt. In dem genannten Vortragszyklus spricht Rudolf Steiner nun von dem Menschen, der „durch die Erziehung das Glück hatte, in seinem Ich zu erwachen…“[2]
• Begegnung mit dem Engel auf Erden durch selbst gefasste Ideale
Das Ich lebt ja in der Seele, in der Schale des Denkens, Fühlens und Wollens: Dort werden wir uns seiner bewusst und lernen auch, die Ich-Kräfte zu handhaben. Wenn nun dieses Ich die Chance hat, sich mit bestimmten Gedanken innig zu verbinden, werden sie zu Idealen. Man könnte auch sagen, wenn das Ich im Denken lebt und wir für ein Ideal „brennen“, so stärkt dies auch unsere Lebenskräfte, weil wir ja unser Denken den aus den Wachstumsprozessen frei gewordenen ätherischen Kräften verdanken. Das vergängliche Körperleben und unser geistiges Leben in den „ewigen“ Gedanken haben dasselbe Wesensglied zum Träger: unseren ätherischen Organismus. Die Gedankenwelt aber ist die Welt, in der wir mit unserem (Schutz) Engel zusammenleben. Er entspricht unserem Entwicklungsideal bzw. wir sind ihm umso näher, je näher wir unserem Lebens- und Entwicklungsideal gekommen sind. So ist im Grunde genommen jedes Ideal eine Engelbotschaft. Daher werden Engel auch gemalt, wie Gedanken beschaffen sind: flügelleicht, schwebend, ohne Gewicht, in wunderschönen Farben.
• Begegnung mit dem Erzengel auf Erden durch gefühlte Ideale
Wenn man sich für ein oder mehrere Ideale begeistert und sich gemeinsam mit anderen für deren Realisierung einsetzt, kommt man mit den Erzengeln in Verbindung, die immer dann anwesend sind, wenn wir über das Gefühl mit anderen verbunden sind und mit ihnen das Gespräch suchen. Das betrifft auch Familien-, Religions-, und Schulgemeinschaften etc. Jede Gemeinschaft wird letztlich über das Gefühl und das Gespräch zusammengehalten: Man fühlt sich zugehörig und tauscht sich aus – das prägt, auch wenn die Meinungen auseinandergehen.
• Begegnung mit den Archai auf Erden durch Ideale, die man umzusetzen versucht
Wenn man nun aus den durchwärmten Gefühlen heraus zu dieser oder jener Handlung im Menschheitszusammenhang veranlasst wird, indem man sich für Menschheitsziele begeistert und daran arbeitet, dient man dem Zeitgeist, dem Archai, weil man dann positiv an den Entwicklungen der eigenen Zeit beteiligt ist und etwas beiträgt zur Weiterentwicklung der Menschheit.
Gesundheitlicher Aspekt
Warum ist es für die Gesundheit wichtig, dass wir nach dem Tode nicht selig schlafen, wie manche sich das wünschen und sogar auf den Grabstein schreiben – „Ruhe sanft!“?
Warum ist vielmehr das dreifache Erwachen gut und weiterführend für uns Menschen?
Das beschreibt Rudolf Steiner folgendermaßen:
• Folgen der Engelbegegnung im Nachtodlichen
Wenn wir während unserer Lebenszeit in Verbindung getreten sind mit unserem Engel, können wir ihm auch nach dem Tode bewusst begegnen, weil wir dann nicht einschlafen, sondern wach bleiben: Wir können den Engel wahrnehmen und er kann uns belehren und führen. Wer nun mit dem Engel gemeinsam im Nachtodlichen die nächste Biographie vorbereiten konnte, fühlt sich im nächsten Leben seiner eigenen biografischen Situation gegenüber frei und im Reinen.
Ein Großteil der Krankheiten heute rührt jedoch daher, dass Menschen mit ihren Lebensumständen nicht zurechtkommen und tief unzufrieden sind mit ihren Mitmenschen, mit ihren Beziehungen, mit dem Geld, ihrem Job – ja, oft wird auch die eigene Biografie gehasst, abgelehnt, man beneidet andere, die es besser haben. Man fühlt sich unfrei bzw. allen möglichen Lebensnotwendigkeiten und Sachzwängen unterworfen.
Wenn man aber die eigene Biografie bewusst mit dem Engel vorbereiten konnte, weiß man genau, warum alles so ist, wie es ist, und man fühlt sich frei, weil man versteht und es sinnhaft findet und dann kann man es auch handhaben. Ist dies nicht der Fall, so können wir das bis zu einem gewissen Grad auf therapeutischen Wegen nachholen. In der Biografiearbeit und in der Psychotherapie versucht der Therapeut, den Menschen den Weg zur Handhabe ihrer Biografie aufzuzeigen und an deren Akzeptanz aus freiem Entscheid zu arbeiten, auch wenn das nicht leicht ist.
• Folgen der Erzengelbegegnung im Nachtodlichen
Ein zweiter Freiheitsraum eröffnet sich, wenn man jenseits der Todesschwelle wach genug blieb, um die eigene Biografie auch mit dem Erzengel vorausplanen zu können: Man erlebt dann im nächsten Leben Freiheit gegenüber allen Gruppen, in die man integriert ist: Familie, Nation, Hautfarbe, Glaubens-, Gesinnungs-, sonstige Gemeinschaften. Rudolf Steiner sagt ganz lapidar: Wenn man Chauvinismus auf der Erde vermeiden will, muss man seine Gruppenzugehörigkeit mit dem Erzengel bewusst vorbereiten. Sonst läuft man immer Gefahr, gruppenegoistisch, sektiererisch, fanatisch und chauvinistisch zu werden.
• Folgen der Begegnung mit den Archai im Nachtodlichen
Der dritte Freiheitsraum betrifft die Zeitsituation und eröffnet sich, wenn wir den Archai zu Lebzeiten bewusst begegnen konnten und unsere Biografie auch gemeinsam mit ihnen vorbereiten konnten. Dann fühlt man sich der Zeit gegenüber frei, in die man hineingeboren wurde. Man ist froh, dass man hier und heute lebt. Man ist dann quasi disponiert zum Waldorflehrer, von dem ja gefordert ist, dass er sich als Zeitgenosse zeigt. Er sollte morgens in der Stimmung unterrichten, dass wir in einer großartigen Zeit leben und dass es ein Glück ist daran teilzuhaben. Die aus der Zeitgenossenschaft geborene Stimmung prägt dann den Unterricht auf positive und lebensnahe Weise.
Wenn man im Nachtodlichen allerdings nicht mit den Archai auf das kommende Leben schauen konnte, kommt es oft zu einem Erleben von Sinnlosigkeit und Fremdheit gegenüber der Zeit und ihren Erscheinungen, es kommt zu ihrer Ablehnung bis hin zu suizidalen Absichten.
Gesundheit im Nachtodlichen
Rudolf Steiner sagte damals – und heute trifft es noch viel mehr zu! – die Hauptursache für das immer weiter zunehmende Bevölkerungswachstum wäre das nachtodliche Schlafen so vieler materialistisch gesinnter Menschen, die unbewusst durch das nachtodliche Leben gehen und deshalb immer schneller wiederkommen, da sie nur auf Erden wieder wach werden können. Sie können die Sinnhaftigkeit der geistigen Welt gar nicht erleben und verstehen auch nicht, worum es geht. Im Hinblick auf ein gesundes nachtodliches Leben lassen sich die drei Salutogenese-Prinzipien
- der Verstehbarkeit auf die Engelbegegnung,
- der Sinnhaftigkeit auf die Erzengelbegegnung,
- der Handhabbarkeit auf die Begegnung mit den Archai anwenden.
Gesundheit bedeutet nachtodlich Bewusstheit, Wachheit.
Für Menschen, die möglichst schnell zurückkommen wollen, ist es wunderbar, wenn sie zu irgendeiner Zeit in ihrer Kindheit oder Jugend wenigstens vorübergehend empfinden können, was es heißt, ein Ideal zu haben. Manchmal verschüttet das Leben vieles, was in der Jugend bereits keimte. Das kann später wieder aufblühen und sich doch noch positiv auswirken. Dieser letzte Aspekt gehört zu diesem zentralen Thema dazu: dass die gesundheitsfördernde Wirkung reiner, idealistischer Gedanken, Worte und Handlungsformen, sich nicht nur auf die individuelle und soziale Gesundheit erstreckt, sondern dass dadurch auch im Menschheitszusammenhang Gesundheit für die nächste Inkarnation veranlagt wird.
Wundersame Brotvermehrung im Nachtodlichen
Hinzu kommt die großartige Tatsache, dass wer im Nachtodlichen wach bleibt, auch in seinem eigenen Schicksalsumkreis schlafende Seelen wecken und sie teilnehmen lassen kann an dem, was er selbst erfahren hat. Denn mit wem man durch Gemeinsamkeiten im Erdenleben verbunden ist, mit dem kann man auch nach dem Tod kommunizieren. So wie wir von den 7 Milliarden Menschen, mit denen wir zur selben Zeit auf der Erde leben, vergleichsweise nur wenige Menschen persönlich kennen lernen können, so ist dies auch nach dem Tode: Wir können mit denen im Austausch sein, zu denen wir auf der Erde in einem so oder so gearteten Kontakt waren. Es handelt sich um eine Art wundersame Brotvermehrung, wenn man sich so im nachtodlichen Leben gegenseitig bereichern kann.
Dichter wie Goethe oder Morgenstern oder andere Autoren, insofern sie spirituell Ernährendes geschrieben haben, können zudem nach dem Tod mit ihren Lesern in Kontakt stehen. So bemerkt Rudolf Steiner auch einmal humorvoll: Es sei besser für die Entwicklung, ein gutes Buch zu lesen als ein weniger gutes zu schreiben…
Salutogenese und Pädagogik
Ich möchte mit den Worten abschließen, die Rudolf Steiner im Rahmen des Religionsunterrichtes an der Waldorfschule formuliert hat:
„Wir lernen, um die Welt zu verstehen.
Wir lernen, um in der Welt zu arbeiten.
Die Liebe der Menschen zueinander belebt alle Menschenarbeit.
Ohne die Liebe wird das Menschensein öde und leer.
Christus ist der Lehrer der Menschenliebe.“[3]
Die moderne Salutogenese-Forschung hat bestätigt, dass Kinder und Jugendliche sich am gesündesten entwickeln, wenn sie aus dem Unterricht das Gefühl mitnehmen, dass sie etwas verstanden haben, dass das Gelernte Sinn macht und dass sie es können oder einmal können werden. Dieses dreifache Kohärenzgefühl, das Aaron Antonovsky als Gefühl von Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit und Handhabbarkeit bezeichnet, ist zugleich der Kernauftrag jeder guten pädagogischen Praxis.
Vortrag „Die salutogenetische Wirkung von Kinderhandlung, Jugendfeier und Opferfeier“, für Religionslehrer 2012
[1] Rudolf Steiner, Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. Das Fest der Erscheinung Christi. Elf Vorträge aus dem Jahre 1921, gehalten in Kristiania (Oslo), Berlin, Dornach und Basel. GA 209.
[2] Ebenda.
[3] Rudolf Steiner, Ritualtexte für die Feiern des freien christlichen Religionsunterrichtes. GA 369, S. 43, 1997.