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Sterben und Tod
Sterben und Tod – von Michaela Glöckler
Auszüge aus Büchern und Vorträgen von Michaela Glöckler; Erstveröffentlichung auf https://www.anthroposophie-lebensnah.de/home/
ERKENNTNIS ALS REISEFÜHRER
Was kann als Orientierungshilfe für die jenseitige geistige Welt dienen?
Zusammenhänge zu verstehen versuchen
Ein bedeutsamer Zugang zum Thema „Tod und Sterben“ ist das Bemühen, die tieferen Zusammenhänge zu verstehen aus Interesse für das Sterben und das nachtodliche Leben. Man eignet sich Erkenntnisse über die Bilder, Gedanken, Erlebnisformen und Bewusstseinszustände rund um das große kosmische Geistbewusstsein an und versucht mehr zu erfahren über die elementarische, ätherische und astralische Welt und die rein spirituelle Gedankenwelt. Man erwirbt ein möglichst umfassendes Wissen in Bezug auf alles, was es gibt, noch bevor man es erlebt.
Das ist ein wenig so, als würde man auf Reisen gehen wollen in ein Land, das man noch nicht kennt, von dem man sich aber einen Reiseführer besorgt hat, den man ausführlich studiert. Auf Reisen merkt man vielleicht, dass alles ganz anders ist und trotzdem hat man etwas davon, dass man vorher diesen Reiseführer gelesen hat. Man kann sich insgesamt besser orientieren. Man kann natürlich auch zuerst in das Land fahren und sich dort einen Reiseführer kaufen oder man kann in das Land fahren, viel erleben und erst, wenn man wieder zuhause ist, sich einen Reiseführer kaufen.
Bereichernder Austausch
Es gibt also ganz unterschiedliche Möglichkeiten, mit diesem Thema umzugehen. So unterschiedlich, wie Nah-Tod-Erfahrungen verlaufen, so individuell, wie der Zugang eines jeden Menschen zu seiner eigenen Spiritualität ist, so einzigartig ist auch die Art, wie und mit welchen Fragen man auf das Thema Tod und Todesnähe zugeht und wie man damit umgeht. Dafür gibt es keine allgemein gültigen Regeln.
Deshalb ist es außerordentlich hilfreich und bereichernd, wenn sich wie hier eine große Menschengemeinschaft zusammenfindet und so Vertrauliches miteinander teilt und bespricht, wie es sonst nur gute Freunde tun. Das ist etwas ganz Besonderes und hängt mit dieser Thematik zusammen. Sie bringt uns einander in unserem menschlichen Wesenskern für Momente so nahe, wie das sonst kaum möglich wäre – schon gar nicht im Alltag. Das sind die sehr erwünschten Nebenwirkungen.
Vgl. Vortrag „Die spirituelle Dimension der Todesnähe“, 14.09.2007
DREIFACHER TOD – AUFLÖSUNG VON KÖRPER, ÄTHERLEIB UND ASTRALLEIB
Was geschieht im Todesaugenblick?
Warum spricht man in der Anthroposophie von einem dreifachen Tod?
Tod und Auflösung der Wesensglieder
- Physischer Tod
Mit Eintreten des physischen Todes werden die astralisch-ätherischen Reifungskräfte vollkommen leibfrei – sie werden zu rein geistigen Kräften.
- Ätherischer Tod
Nun folgt der ätherische Tod, auch Gedankentod genannt: Drei Tage lang zieht alles Erlebte noch einmal in Gedanken- und Erinnerungsbildern als wundervolles Lebenspanorama an uns vorbei, bevor es sich langsam auflöst. Wir behalten nur das als ätherische Kompetenz, womit wir uns während des Erdenlebens ganz und gar identifiziert haben, was wir mit Willens- und Gefühlskräften durchdrungen und uns so erarbeitet und uns zu eigen gemacht haben. Alles andere löst sich auf: So wie die Stoffe des Körpers sich wieder mit der Erde verbinden, so verbinden sich die Ätherkräfte, die wir uns nicht angeeignet haben, wieder mit dem Weltenäther.
- Tod des Astralleibes
Dem folgt eine nachtodliche Phase, die etwa ein Drittel der Lebenszeit andauert, in der wir mit unserem Astralleib und unserer Ich-Organisation alle unsere Erfahrungen bewusst noch einmal erleben, diesmal aber aus der Perspektive der anderen. Diese Phase der „Wahrheit des anderen“ erlebt unsere Seele als eine Läuterungszeit, in der wir für das nächste Erdenleben Impulse bekommen, wie wir einen Ausgleich schaffen können für die Vergehen an unseren Mitmenschen. Aber auch das Umgekehrte hat Auswirkungen – wenn wir jemanden beglückt haben: Beides greifen wir auf. Nach dieser Läuterungsphase stirbt auch der Astralleib.
Wir behalten nur das als ewige Seele und Astralität zurück, womit wir uns ganz und gar haben verbinden können, wozu wir ganz und gar stehen: Menschen, Dinge, Prozesse, Inhalte, Wesenhaftes, Wesentliches. Alles andere geht.
Eintritt in die Welt der Hierarchien
Erst nach diesem Lebensdrittel kommt der Eintritt in die geistige Welt der Hierarchien zur weiteren Planung: Da stehen sich dann wieder Gottvater und Mensch gegenüber und beraten, wie es jetzt weitergehen soll.
Rudolf Steiner sprach mit Menschen immer wieder über ein besonderes nachtodliches Erlebnismoment: Wenn ein Mensch stirbt, hat er neben dem Eintreten in die Lichtwelt auch das Erlebnis, dass sein abgelebter und zerfallender Leib ein Ort der Leere ist. Ein Ort im Weltall, den der Betreffende selbst ausgefüllt hatte, als er auf der Erde weilte und der jetzt leer ist.
Dieses Gefühl, dass in dieser Welt ein Raum ist, ein Ort, den man wieder füllen muss, an den man berufen ist, um weiterzuarbeiten und mitzuhelfen in der großen Kultur- und Menschheitsentwicklung, dieses Bewusstsein ist eine starke Kraft, die den Menschen im nachtodlichen Leben begleitet. Sie trägt mit dazu bei, dass die Seele in der Mitte zwischen dem nachtodlichen und vorgeburtlichen Leben das Bedürfnis entwickelt, diesen Platz wieder einzunehmen, der ohne sie leer bliebe. Das hilft ihr, sich zu einer neuen Inkarnation zu entschließen.
Eigenes Schicksal als Ausgleich für frühere Leben begreifen
Von dieser Warte aus können wir uns auch fragen:
Was ist eigentlich mein Schicksal als Arzt, als Pflegender?
Wie muss ich wohl in einem früheren Leben gelebt haben, dass ich jetzt ein ganzes Leben lang anderen helfen will?
Ich beantwortet mir diese Fragen damit, dass meine Berufswahl sicherlich nicht nur Belohnung für gutes Benehmen ist, sondern ein Impuls, einmal die andere Seite, die soziale Seite, gründlich zu studieren als Ausgleich für eine mehr auf die Entwicklung von Individualkompetenzen ausgerichtete Inkarnation. Um diese Entwicklungs- und Sterbezusammenhänge zu wissen, kann uns helfen, Demenzkranke würdig zu begleiten, gleichsam ihre geistige Würde wieder herzustellen – einfach dadurch, dass wir wissen, was geschieht.
Vgl. Vortrag „Schicksalswürde und spirituelles Begreifen der Demenz“, Dornach, 09.05.2008
DREIFACHER TOD – AUFLÖSUNG VON KÖRPER, ÄTHERLEIB UND ASTRALLEIB
Was geschieht im Todesaugenblick?
Warum spricht man in der Anthroposophie von einem dreifachen Tod?
Tod und Auflösung der Wesensglieder
1. Physischer Tod
Mit Eintreten des physischen Todes werden die astralisch-ätherischen Reifungskräfte vollkommen leibfrei – sie werden zu rein geistigen Kräften.
2. Ätherischer Tod
Nun folgt der ätherische Tod, auch Gedankentod genannt: Drei Tage lang zieht alles Erlebte noch einmal in Gedanken- und Erinnerungsbildern als wundervolles Lebenspanorama an uns vorbei, bevor es sich langsam auflöst. Wir behalten nur das als ätherische Kompetenz, womit wir uns während des Erdenlebens ganz und gar identifiziert haben, was wir mit Willens- und Gefühlskräften durchdrungen und uns so erarbeitet und uns zu eigen gemacht haben. Alles andere löst sich auf: So wie die Stoffe des Körpers sich wieder mit der Erde verbinden, so verbinden sich die Ätherkräfte, die wir uns nicht angeeignet haben, wieder mit dem Weltenäther.
3. Tod des Astralleibes
Dem folgt eine nachtodliche Phase, die etwa ein Drittel der Lebenszeit andauert, in der wir mit unserem Astralleib und unserer Ich-Organisation alle unsere Erfahrungen bewusst noch einmal erleben, diesmal aber aus der Perspektive der anderen. Diese Phase der „Wahrheit des anderen“ erlebt unsere Seele als eine Läuterungszeit, in der wir für das nächste Erdenleben Impulse bekommen, wie wir einen Ausgleich schaffen können für die Vergehen an unseren Mitmenschen. Aber auch das Umgekehrte hat Auswirkungen – wenn wir jemanden beglückt haben: Beides greifen wir auf. Nach dieser Läuterungsphase stirbt auch der Astralleib.
Wir behalten nur das als ewige Seele und Astralität zurück, womit wir uns ganz und gar haben verbinden können, wozu wir ganz und gar stehen: Menschen, Dinge, Prozesse, Inhalte, Wesenhaftes, Wesentliches. Alles andere geht.
Eintritt in die Welt der Hierarchien
Erst nach diesem Lebensdrittel kommt der Eintritt in die geistige Welt der Hierarchien zur weiteren Planung: Da stehen sich dann wieder Gottvater und Mensch gegenüber und beraten, wie es jetzt weitergehen soll.
Rudolf Steiner sprach mit Menschen immer wieder über ein besonderes nachtodliches Erlebnismoment: Wenn ein Mensch stirbt, hat er neben dem Eintreten in die Lichtwelt auch das Erlebnis, dass sein abgelebter und zerfallender Leib ein Ort der Leere ist. Ein Ort im Weltall, den der Betreffende selbst ausgefüllt hatte, als er auf der Erde weilte und der jetzt leer ist.
Dieses Gefühl, dass in dieser Welt ein Raum ist, ein Ort, den man wieder füllen muss, an den man berufen ist, um weiterzuarbeiten und mitzuhelfen in der großen Kultur- und Menschheitsentwicklung, dieses Bewusstsein ist eine starke Kraft, die den Menschen im nachtodlichen Leben begleitet. Sie trägt mit dazu bei, dass die Seele in der Mitte zwischen dem nachtodlichen und vorgeburtlichen Leben das Bedürfnis entwickelt, diesen Platz wieder einzunehmen, der ohne sie leer bliebe. Das hilft ihr, sich zu einer neuen Inkarnation zu entschließen.
Eigenes Schicksal als Ausgleich für frühere Leben begreifen
Von dieser Warte aus können wir uns auch fragen:
Was ist eigentlich mein Schicksal als Arzt, als Pflegender?
Wie muss ich wohl in einem früheren Leben gelebt haben, dass ich jetzt ein ganzes Leben lang anderen helfen will?
Ich beantwortet mir diese Fragen damit, dass meine Berufswahl sicherlich nicht nur Belohnung für gutes Benehmen ist, sondern ein Impuls, einmal die andere Seite, die soziale Seite, gründlich zu studieren als Ausgleich für eine mehr auf die Entwicklung von Individualkompetenzen ausgerichtete Inkarnation. Um diese Entwicklungs- und Sterbezusammenhänge zu wissen, kann uns helfen, Demenzkranke würdig zu begleiten, gleichsam ihre geistige Würde wieder herzustellen – einfach dadurch, dass wir wissen, was geschieht.
Vgl. Vortrag „Schicksalswürde und spirituelles Begreifen der Demenz“, Dornach, 09.05.2008
AUFLÖSUNG DES ÄTHERISCHEN ORGANISMUS
Was erlebt die Seele nach dem Sterben?
Wie wirkt sich der Tod auf den Ätherleib aus?
Was beim Auflösen des Ätherleibes geschieht
Rudolf Steiner spricht darüber, dass der physische Tod, den wir das eigentliche Sterben nennen, nur der erste Tod ist, bei dem wir den physischen Leib ablegen. Das wunderbare Erlebnis des Eintretens in die Lichtwelt zeigt an, dass auch der Gedanken- und Lebenskräfteorganismus, der ätherische Organismus, sich langsam aufzulösen beginnt und stirbt.
Dieses Sich-Auflösen erlebt die Seele sehr stark mit: Zunächst als Panorama des eigenen Lebens, das rückwärts an ihr vorbeizieht. Sie erlebt, wie die Lebenschiffren und Bilder des vergangenen Erdenlebens sich immer weiter entfernen und von der Äthersphäre aufgenommen werden, von der Gedankenwelt und der Intelligenz dieses Kosmos, und dort mit einverwoben werden und nicht verloren gehen.
Die Seele selbst behält nur die Gedanken zurück, mit denen sie sich im Leben durch die Art, wie sie dieses Leben lebte, ganz und gar verbunden hat, bei denen sie ganz authentisch war, mit denen sie sich wirklich identifizieren und mit ihrem tiefsten Wesen verbinden konnte. Alles, was nicht nur Gedanke und Vorstellung blieb, sondern tief gefühlter Teil des eigenen Wesens wurde, kann mitgenommen werden. Von dem Übrigen muss man sich trennen, das löst sich auf, wie auch der physische Leib bei der Erde bleibt und sich auflöst.
Nach etwa drei Tagen ist der zweite Tod, die Auflösung des ätherischen Organismus, vollzogen. In dieser Zeit ist es außerordentlich hilfreich, wenn Menschen, die den Verstorbenen gekannt haben, in die Lebensrückschau mit einsteigen und ihn begleiten, indem sie liebevoll auf sein Leben hinblicken.
Vgl. Vortrag „Die Spirituelle Dimension der Todesnähe“ vom 14.09.2007
AUFLÖSUNG DES ASTRALISCHEN ORGANISMUS
Wie vollzieht sich die Auflösung des astralischen Organismus?
Was erlebt der Verstorbene dabei?
Auswirkungen der eigenen Taten erleben
Nach der Auflösung des ätherischen Organismus kommt die bereits erwähnte Zeitspanne, die etwa ein Drittel der Lebenszeit, bei den meisten Menschen also zwanzig bis dreißig Jahre nach dem Tod andauert, die so genannte Kamaloka-Zeit. Sie ist in der katholischen Kirche auch als „Fegefeuer“ bekannt.
Bei dieser Erfahrung geht es darum, dass man alles, was man im Erdenleben erlebte, noch einmal von der anderen Seite aus erlebt. Man soll es nicht erneut erleben, sondern Einblick in die Auswirkungen der eigenen Taten bekommen: Wenn man z.B. einen Menschen angelogen hat, erlebt man nun, wie der andere sich gefühlt hat, als er es bemerkte. Und das in Bezug auf alle Taten, im Guten wie im Schlechten. Man erlebt diesmal, welche Gefühle und Gedanken man im anderen hervorgerufen hat.
Daraus entstehen starke Impulse, an diesen menschlichen Beziehungen weiterzuarbeiten und diesen Menschen, mit denen man diese oder jene Verbindung hatte, wieder zu begegnen und ihnen gegenüber beim nächsten Mal mehr Menschlichkeit, mehr Ehrlichkeit, usw. zu entwickeln.
Wärme und Kälte als Entbehrungszustände
Eine andere Erfahrung, die die Seele in dieser Phase macht, ist ein intensives Wärme- und Kälteerleben, das dadurch zustande kommt, dass die Seele die Gefühle beim nochmaligen Erleben alles Vergangenen sehr stark empfindet. In den Überlieferungen wird vom „Seelenbewusstsein“ oder vom „Seelentod“ gesprochen. Durch das Durcharbeiten all der Gefühle und Empfindungen, die man selbst gefühlt hat und besonders derjenigen, die man anderen zugemutet hat, lernt man dieses Erdenleben auf seelischer Ebene zu verarbeiten und loszulassen. Diese ganze Zeit über hat man noch Sehnsucht nach dem vergangenen Leben und empfindet Reue in Bezug auf das eine oder andere, das man nicht so gut hinbekommen hat.
- Die Seele erlebt Wärme, brennende Entbehrung, weil ihr das körperliche Werkzeug fehlt, eine böse Tat auszugleichen. Es quält sie, dass sie jetzt nichts mehr ändern kann, weil ihr der Leib fehlt.
- Als Kälte äußert sich die Erfahrung, dass man seinen Willen nicht mehr in einem Erdenkörper entfalten kann.
Die reine Liebe der Zurückgebliebenen teilt sich dem Verstorbenen mit Hilfe von Worten wie den oben genannten außerkörperlich und gedankengetragen mit, wenn seine Seele nach Wiedergutmachung und nach dem Leib als Instrument für Erdenarbeit lechzt. Sie lindert seine brennende Sehnsucht und die „erkältende“ Ohnmacht, indem sie von der Erde aufsteigt und ihn in seinem Vertrauen bestärkt, dass er wiederkommen wird, wenn es an der Zeit ist, dass er aber zuerst loslassen muss. Diese reine Liebe vermittelt ihm: Ich helfe dir. Lebe Liebe getragen und Licht geführt nach oben. Lasse die Erdensehnsucht und damit das brennende Gefühl der Entbehrung los. Lass es los. Verarbeite es.
Die Auflösung des astralischen Organismus als eigentlicher Tod
Erst wenn das vollbracht ist, ist der Mensch richtig gestorben, so merkwürdig das für den einen oder anderen auch klingen mag: Erst dann hat die Seele den ganzen Ertrag, alles, was sie gelernt hat, die Essenz aus ihrer Biografie gewonnen. Sie hat in wunderbarer Gemeinschaft mit den höheren spirituellen Wesen, den Engelwesen, ihr Erdenleben angeschaut, hat es durchgearbeitet und wird erst jetzt ein Geist unter Geistern. Jetzt erst trägt die Seele in ihrem Ich, ihrem Wesenskern, die Früchte aus den ganzen Erdenerfahrungen, die sie im und am eigenen Körper gemacht hat und die ihr die Möglichkeit eröffnet haben, sich als individuelles Ich zu fühlen. In der geistigen Welt können wir uns nicht als individuelles Ich fühlen, dafür brauchen wir die Erdenleben.
Vgl. Vortrag „Die Spirituelle Dimension der Todesnähe“ vom 14.09.2007
TOD ALS GEISTGEBURT BEGRIFFEN
Wie geht man als Angehöriger mit der eigenen Bedürftigkeit um?
Wie schafft man es, bei all der Trauer, die man erlebt, noch schöne Worte zu sprechen, die den Verstorbenen begleiten?
Wie soll man so etwas Übermenschliches in dieser Situation hinbekommen?
Handeln im Umkreis des Todes
Fragen wie diese sind der eigentliche Grund, warum wir uns die Mühe gemacht haben, das Buch „Handeln im Umkreis des Todes“[1] zusammenzustellen, in dem praktische Erfahrungen weitergegeben werden, aber auch Spiritualität im medizinischen Alltag behandelt wird. Wenn wir uns mit diesen Fragen nicht beschäftigen, bevor wir es mit einem Todesfall zu tun haben, bereitet uns diese Art der Begleitung große Mühe, wenn jemand stirbt. Aus diesem Grunde sollten wir uns mit dem Tod ebenso intensiv befassen und uns darauf vorbereiten wie auf eine Geburt.
Wenn ich die vielen Bücher sehe, die man heute rund um die Geburt und die ersten Jahre schreibt, wünsche ich mir nur einen Bruchteil davon über die Geistgeburt und das Reifen des geistigen Wesens auf den Tod hin.
Der Mensch als Gedankenwesen
Denn die Weisheit, die wir in unserem Denken tragen und reflektieren, ist in der ganzen Welt zu finden. Wir sind mit unserem individuellen Denken verwoben mit dem großen Weisheitskosmos. Er ist in uns, wir sind in ihm. Wir haben teil an den Gesetzen dieser Schöpfung. Wir sind ein Teil des Ganzen.
Diese Zusammenhänge werden uns denkend bewusst. So wenig, wie der Begriff der Wahrheit, das Ideal der Vertrauenswürdigkeit, eine Zahl oder ein Naturgesetz zerstört werden kann, genau so wenig kann unsere ewige Existenz zerstört werden. Wir sind Gedankenwesen und wachsen und reifen im Laufe unseres Lebens geistig durch unsere Gedankenarbeit. Das Grandiose ist, dass jeder Tag unseres Lebens ein Stückchen Embryonalentwicklung des Geistes bedeutet, der sich in uns verkörpert und an unserem Leib und unserem seelisch-geistigen Wesen arbeitet. Im Todesaugenblick, in dem der Körper abfällt, wird dieser Geist in den Lichtleib des Gedankenorganismus, in das ewige Sein der Gedankenwelt, hineingeboren. Wir nehmen auch unsere Gefühle und unsere guten und bösen Handlungen über die Schwelle mit, um sie im nachtodlichen Leben im Lichte der Gedanken und der höheren Weisheit anzuschauen, und werden uns dabei der Schicksalsgegebenheiten unserer Erdenentwicklung bewusst. Aus der Überschau und Perspektive eines höheren Bewusstseins heraus planen wir dann ein neues Erdenleben.
Gedankenarbeit als Vorbereitung auf das Sterben
Wir kommen also nicht daran vorbei, durch echte Gedankenarbeit am Verständnis unserer Prä- und Postexistenz zu arbeiten und uns größere Perspektiven, die nur das lebendige Denken eröffnen kann, zu erringen, wenn wir zu echter Lebensfreude und Sinngebung im Alltag, aber auch zu einer nachhaltigen Möglichkeit der Prävention und Gesundheitsvorsorge finden wollen. Denn jeder gute Gedanke bereitet uns darauf vor, uns in der Todesstunde von unserem Körper zu lösen und uns in die Lichtwelt hineinzubegeben. Alles Destruktive dagegen, das wir während des Lebens vollbringen, auch wenn es für noch so kurze Zeit geschieht, wird zu etwas, das uns als dunkle Mitgift begleitet, damit wir wieder daran arbeiten.
Indem wir versuchen, unser höheres Wesen beim Handeln im Umkreis des Todes ernster zu nehmen, meißeln wir es gleichsam heraus aus unserer niederen egozentrischen Gestimmtheit. Wir können das Sterben auf diese Weise schon im Leben üben. Dann passiert es ganz von selbst, dass ganz andere Gedanken und Gefühle in uns aufkommen, wenn wir Sterbende begleiten oder zu einem Toten gerufen werden.
Berührend ist aber auch, wenn man in diesem Zusammenhang Schilderungen von Nahtoderlebnissen zur Kenntnis nimmt. Denn hier wird übereinstimmend dargestellt, wie der sich in Todesnähe befindende Mensch – sei es durch Schock, Trauma oder Operation – mit einem Male wie von oben sieht und außerkörperlich bewegen kann. Als hätte sich der größte Teil des vergänglichen Körperlebens in das helle, dauerhafte Gedanken-, Gefühls- und Willensleben umgewandelt.[2] Der Betreffende erlebt sich außerkörperlich und unabhängig von räumlichen Begrenzungen.
Sterben als Neugeburt des Geistes begreifen
Was vom Aspekt des Körpers als Sterbevorgang anmutet, wird geistig als Neugeburt für ein Leben im Geist erlebt. Pim von Lommel, der als Kardiologe viel Erfahrung mit der außerkörperlichen Erfahrung seiner Patienten hat, prägte dafür den Begriff des „endlosen Bewusstseins“.[3]
Wer sich mit dem sogenannten außerkörperlichen seelischen Erleben, dem ewigen Bewusstsein oder ewigen Leben nach dem Tode bereits während seiner Lebenszeit auf der Erde auseinandersetzt, kann gelassen diesem Schritt über die Grenze des sinnlich Gegebenen entgegensehen. Geschieht dies nicht, so läuft man Gefahr, Angst vor dem Tod zu haben oder aber sich mit der Vorstellung zu beruhigen, „dass dann sowieso alles aus sei“. Chronische Krankheiten provozieren diese innere Auseinandersetzung. Wer sie jedoch vermeidet, greift auch eher zu alkoholischen Getränken oder gewöhnt sich an die dauerhaft möglichen Ablenkungen aus der Unterhaltungsindustrie. Was dann aber unterbleibt, ist, das eigene geistige Entwicklungspotenzial zu seinem Lebensbegleiter zu machen. Wenn wir uns jedoch auf dieses Potenzial besinnen, das jeder Mensch besitzt, auch wenn er sich bisher nicht dafür interessierte, dann lernen wir, uns geistig zu immunisieren. Dann wird das Zugehen auf den Tod zu einem geistigen Reifungsprozess, der mit der sogenannten Geistgeburt im Sterben seinen – vorläufigen – Abschluss findet.
Vgl. Vorträge „Die spirituelle Dimension der Todesnähe“, 14.09.2007, und „Gesundheit und Lebensfreude im Alltag“, Basel, 25.11.2007
[1] Michaela Glöckler, Rolf Heine, Handeln im Umkreis des Todes, Dornach 2003.
[2] Siehe z. B. Alexander Eben, Blick in die Ewigkeit: Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen, Ansata Verlag, München 2013.
[3] Pim van Lommel, Endloses Bewusstsein - Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung, Patmos Verlag, Ostfildern 2014.
DEM TOD ENTGEGENREIFEN
Was lässt uns in besonderem Maße dem Tod entgegenreifen?
Warum ist diese Entwicklung so wichtig?
Geistige Immunisierung
Die chronischen Erkrankungen des Alters stoßen einen geistigen Lernprozess an, der nicht so leicht zu beschreiben ist. Wer daran leidet, hat das Gefühl, nie mehr ganz gesund zu werden. Ein bisschen humorvoll ausgedrückt sind chronische Krankheiten die allerbesten Freunde, weil sie einem bis zum letzten Atemzug treu bleiben. Davon handelt das Märchen der Brüder Grimm „Die Boten des Todes“. Am Ende stellt sich heraus, dass die chronischen Krankheiten die Boten waren, die den Tod ankündigten, die helfen wollten, dass man sich rechtzeitig auf das Lebensende vorbereitet. Ich spreche dabei auch gerne von „geistiger Immunisierung“.
Wenn ich bewusst auf den Tod zugehe, ist mir klar, dass ich meinen Leib und auch meine Seele, so wie sie sich am Leib erlebte, mit dem Tod verlieren werde. Meine Seele wird sich nach dem Tod verwandeln, weil sie keinen Leib mehr hat. Wir müssen lernen, unser Denken, Fühlen und Wollen – unsere seelischen Kompetenzen – rein geistig zu erleben, müssen uns abgewöhnen, sie am bzw. durch den vertrauten Leib zu erleben. Das erfordert eine Anpassung an ein körperloses Leben, an ein Leben als Geist unter Geistern, als Seele unter Seelen. Das ist eine ähnlich dramatische Metamorphose wie die langsame Inkarnation durch Empfängnis, Geburt und Kindheit hindurch bis zur Mündigkeit.
Die Frucht, um die sich alles dreht
Wer sich nicht schon während seiner Lebenszeit mit dem sogenannten ewigen Leben nach dem Tode auseinandersetzt, läuft Gefahr, Angst vor dem Tod zu haben und zu Alkohol und anderen Drogen zu greifen, die die negativen Symptome jedoch nur weiter verstärken. Chronische Krankheiten werden dann zu Peinigern. Wer hingegen lernt, sich geistig zu immunisieren, sich schon zu Lebzeiten auf seinen ewigen Wesenskern zu besinnen, wird das Zugehen auf den Tod als einen Reifungsprozess sehen zur Befreiung des Geistes aus dem Leib. Der Dichter Rainer Maria Rilke (1875-1927) hat hierzu ein Gebet geschrieben:[1]
O Herr, gib jedem seinen eignen Tod.
Das Sterben, das aus jenem Leben geht,
darin er Liebe hatte, Sinn und Not.
Denn wir sind nur die Schale und das Blatt.
Der große Tod, den jeder in sich hat,
das ist die Frucht, um die sich alles dreht.
Diese „Frucht“, um die sich alles dreht, ist der seinem Wesen nach rein geistige, leibfreie Ich-Kern des Menschen. Dieser Wesenskern nimmt alles, was im Laufe der Erdenbiografie bewusst erlebt, gefühlt, gedacht wurde, in sich auf.
Um sich das besser vorstellen zu können, ein Beispiel dazu: Jeder Mensch bekommt im Laufe seines Lebens unglaublich viel von lieben Menschen geschenkt: Briefe, E-Mails und SMS, Blumen, Geschenke, kostbare Begegnungen, einmalige Momente. Man stelle sich nun vor, man hätte ein großes Museum, das jede noch so kleinste Kleinigkeit aufbewahrt. Wir müssen wissen, dass wir über die Todesschwelle nur das mitnehmen können, was wir in den „ewigen Boden“ unseres Denkens, Fühlens und Wollens aufgenommen haben. Nur auf diesem Wege können wir all das, was uns von außen zugekommen ist, der Vergänglichkeit entreißen und mit uns verbunden halten.
Unser Körperleben verläuft nur in der Zeit zwischen Geburt und Tod. Unser Gedankenleben jedoch, das in der Kindheit aufleuchtet und uns mit der ersten Erinnerung bewusst zu werden beginnt, ist über viele Leben hinweg in einem kontinuierlichen Wachstumsprozess begriffen, bei dem unser geistiges Wesen heranreift und sich das „Bewusstsein von sich und der Welt“ weiterentwickelt.
Sich zu Lebzeiten des ewigen Wesens bewusst werden
Deswegen haben die mittelalterlichen Mystiker wie Jakob Böhme so rätselhafte Worte geprägt wie: „Wer nicht stirbt, bevor er stirbt, der verdirbt, wenn er stirbt“.[2] Das heißt, wer sich nicht bei Lebzeiten der unvergänglichen Natur seines Denkens, seines ewigen Lebens im Geiste, bewusst wird, der erkennt es auch nicht, wenn er stirbt. Sein Bewusstsein wird nach dem Tode erlöschen und er wird den Durchgang durch das nachtodliche und vorgeburtliche Dasein nur unbewusst erleben.
Laut Rudolf Steiners Geistesforschung sei das eine der Hauptursachen für die heutige Überbevölkerung:[3] Der Materialismus lasse die Menschen blind werden für das geistige Leben, wodurch eine unbewusste Sehnsucht erzeugt werde, sich wieder zu spüren und deshalb so schnell wie möglich wieder eine Verkörperung auf der Erde anzustreben.
Eine spirituelle Erziehung, die das Erwachen des autonomen Ich-Wesens nicht behindert, sondern unterstützt, ist so gesehen in individueller und sozialer Hinsicht gesundheitsfördernd. Dann werden sich auch wieder weniger Menschen gleichzeitig auf der Erde inkarnieren und sie werden sich respektvoller begegnen und mehr Lernbereitschaft zeigen.
Vgl. Vom Sinn der … Krankheiten, in: Meditation in der Anthroposophischen Medizin, 1. Kap., Berlin 2016
[1] Rainer-Maria Rilke, Das Stunden-Buch, Insel Verlag, Berlin 1972.
[2] Siehe auch Rudolf Steiner, Goethes geheime Offenbarung. Zu seinem hundertfünfzigsten Geburtstage, 28. August 1899, Magazin für Literatur 1899, 68. Jg., Nr. 34.
[3] Rudolf Steiner, Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse, GA 209, Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1982, S. 41-42.
SELBSTBEWUSSTSEIN UND WEGZEHRUNG IM NACHTODLICHEN
Was bedeutet es, Selbstbewusstsein über den Tod hinaus zu entwickeln?
Wie kann uns das gelingen?
Spirituelles Selbstbewusstsein entwickeln
Der einzige Sinn eines Erdenlebens ist, einem spirituellen Wesen die Möglichkeit zu geben, ein individuelles autonomes Bewusstsein zu bilden. Aus diesem Persönlichkeitsbewusstsein heraus, das wir am und im Leib entwickeln, können wir ein individuelles, persönliches Weltbewusstsein entwickeln, so dass unser Selbstbewusstsein nach dem Tod immer kraftvoller wird. Im Gegensatz dazu wissen wir aus vielen Berichten, dass die Seele die Sehnsucht haben kann, zu verschwimmen, zu verschweben, sich aufzugeben. Es gibt spirituelle Schulungswege, die nur das Aufgehen im kosmischen Bewusstsein lehren und gar nicht auf den oben genannten Sinn der Verkörperung hinarbeiten – ein spirituelles Selbstbewusstsein zu entwickeln – weil sie diesen Sinn gar nicht anerkennen.
Als Medizinstudentin las ich auf einem Friedhof in Tübingen auf Hölderlins Grabstein folgendes Gedicht, das der Dichter als 21-Jähriger geschrieben hatte. So stellte er sich den Tod vor:
„Im heiligsten der Stürme falle
Zusammen meine Kerkerwand,
Und herrlicher und freier walle
Mein Geist ins unbekannte Land.
Hier blutet oft der Adler Schwinge.
Auch drüben wartet Kampf und Schmerz.
Bis an der Sonnen letzte ringe,
Genährt vom Siege dieses Herz.“
Ruhe ist eine Qualität, die wir uns hier auf Erden erarbeiten müssen und dürfen, um Tüchtigkeit zu erlangen: Wir brauchen Ruhe, um zu uns zu kommen, um herauszufinden, wer wir sind, um anderen Menschen souverän gegenüber treten zu können. Wir brauchen Ruhe, um arbeitsfähig zu sein, um charakterlich standfest zu werden. Ruhe sollten wir uns jedoch nicht als Endstation der Entwicklung vorstellen, als Ziel, das es zu erreichen gilt. Im Gegenteil – auch im Nachtodlichen wartet Arbeit auf uns.
Die Kraft geisterfüllter Worte und Gedanken
Nun noch eine Krankenmeditation, die Sterbenden, gerade wenn sie unruhig oder von Schuldgefühlen geplagt und sehr ängstlich sind, trösten kann. Rudolf Steiner schrieb diese Worte ursprünglich für Klara Smits:
„Ich bin jetzt von Gottes weiser Wesenheit umgeben und eingetaucht in den Heiligen Geist des Lebens, der Liebe und der Wahrheit. Ich erkenne deine Macht und Wesenheit an, segnender Geist, lösche jetzt in deiner göttlichen Weisheit meine sterbenden Irrtümer aus und bringe aus der Macht der Wahrheit meine Welt ins Dasein gemäß deinem vollkommenen Gesetz.“
Gedanken, die sich mit der Wahrheit des Sterbens und des nachtodlichen Lebens auseinandersetzen, tragen eine Kraft in sich, die man, wenn man sich in einer solchen Situation befindet, auch ganz deutlich erleben kann. Die Kraft solcher Worte kann eine Art Wegzehrung sein, weil Gedanken spirituelle Kräfte sind, die sich dem Menschen mitteilen und die er als Geistberührung erleben kann.
Vgl. Vortrag „Die Spirituelle Dimension der Todesnähe“ vom 14.09.2007
DEN EIGENEN TOD STERBEN
Wie kann man sich aufs Sterben vorbereiten?
Jedes Sterben ist anders
Rückblickend auf die vielen Sterbebegleitungen von Kindern und Erwachsenen, muss ich sagen, dass Menschen auf sehr unterschiedliche Arten sterben. Das geht von einem Extrem, von der dunklen, kämpfenden, schmerzvollen, verzweifelten Erfahrung bis hin zu dem andern Extrem, dem selbstbestimmten, durch euphorisierende Medikamente oder Drogen erleichterten Sterben, das auf eine andere Art angstbestimmt und lebensfeindlich ist. Zwischen diesen Polen vollzieht sich das Sterben der Menschen.
Es hat aber auch immer wieder einzelne Menschen gegeben, die so gestorben sind, wie man das in den Grimmschen Märchen lesen kann:
„Und als er merkte, dass er sterben würde, rief er seine Familie zu sich, sagte noch einige Worte zu ihnen, verabschiedete sich, schloss die Augen, faltete die Hände und verschied."
Aus meiner Erfahrung und der Beobachtung von Angehörigen heraus möchte ich behaupten: Wenn man einen solchen Tod miterleben darf, hat das auch die Wirkung eines Nah-Tod-Erlebnisses: Zu erleben, dass Sterben nicht nur Kampf und Enge ist, nimmt dem, der es miterlebt, die Angst vor dem Sterben.
Vertrauen ins eigene Sterben haben
Ein solch hingegebenes Sterben kann gelernt werden, im Sinne von Rilkes wunderbarem Gedicht:
„Oh Herr, gib jedem seinen eigenen Tod.
Das Sterben, das aus jenem Leben geht,
worin er Liebe hatte, Sinn und Not,
denn wir sind nur die Schale und das Blatt.
Der große Tod, den jeder in sich hat,
das ist die Frucht, um die sich alles dreht."
Es ist wichtig für uns Menschen zu vertrauen, uns selbst zu sagen: Ich werde meinen eigenen Tod sterben. Er wird zu mir gehören. Ich brauche mich nicht weiter darum zu sorgen. Den Zugang dazu finde ich, wenn es an der Zeit ist. Den trage ich jetzt schon in mir. Mein Tod gehört zu mir.
Wenn man in einem therapeutischen Beruf oder, wie manche von Ihnen das tun, freiwillig in einem Hospiz mitarbeitet, kann man aus den Sterbebegleitungen die ganzheitlichen Elemente der Nah-Tod-Erfahrungen miterleben und die Konsequenzen, die diese Erfahrungen für das Leben haben, mitnehmen in den Alltag, in das weitere Leben.
Wartende Geistfamilie
Zwei Monate nach dem Tod meines Vaters hatte ein Freund von ihm, ein Priester, einen Zusammenbruch bei einer Taufe. Er kam ins Krankenhaus und man stellte ein inoperables multimetastasiertes Leberkarzinom fest und gab ihm noch vierzehn Tage. Das war ein unglaublicher Schock für diesen Menschen. Er wollte niemanden mehr sehen, außer ein/zwei ganz gute Kollegen und Freunde. Er war überhaupt nicht bereit zu sterben, haderte mit seinem Schicksal und war in einer echten Krise. Nach einigen Tagen saß er morgens strahlend im Bett, als sein Priesterkollege hereinkam. Er begrüßte ihn mit den Worten: „Ich muss dir etwas erzählen. Heute Nacht ist mir der Helmut von Kügelgen (Michaela Glöcklers Vater) erschienen und hat gesagt: ,Wir warten auf dich. Wir brauchen dich hier.'" Er hätte ihn angestrahlt und die Geste des Empfangens gemacht.
Für jeden von uns gibt es eine Geistfamilie, die mit einem spirituellen Begrüßungsritual auf uns wartet. Das zu wissen ist hilfreich für alle Beteiligten und verändert möglicherweise die Art, wie wir Sterbende begleiten.
Vgl. Vortrag „Die Spirituelle Dimension der Todesnähe", 14.09.2007